Management

Prämiensysteme für Mitarbeiter

Mitarbeiter haben einen entscheidenden Anteil am Erfolg und Umsatz einer Apotheke. Um die Motivation der Mitarbeiter nachhaltig zu fördern, bietet sich auch eine leistungsorientierte Bezahlung an. Im Markt haben sich verschiedene Möglichkeiten für Prämiensysteme bewährt. Der nachfolgende Beitrag stellt die wichtigsten dieser Systeme vor. Solche Motivationsmodelle stellen auch Führungsinstrumente dar und sind somit ein Baustein im Gesamtkonzept der Apotheke zur systematischen Entwicklung des OTC-Bereiches.

Die Rahmenbedingungen der Arzneimittelversorgung und der Apotheken haben sich u. a. durch die Gesundheitsreformen der letzten Jahre grundlegend geändert. Erhöhter Arbeitsaufwand, zunehmender Wettbewerb, sinkende Spannen, rückläufige Roherträge und Ergebnisse erfordern die Erschließung von Umsatzpotenzialen und Leistungsreserven. Je nach Versorgungsprofil erwirtschaften Apotheken gegenwärtig durchschnittlich 60% ihres Rohertrages aus der Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Angesichts der rückläufigen Ertragskraft dieses Umsatzsegmentes erklärt sich die wachsende Bedeutung des OTC-Bereiches für den wirtschaftlichen Erfolg der Apotheke. Ziel ist die systematische Entwicklung des Barumsatzes.

Einen zentralen Stellenwert nimmt dabei, sowohl von der Bedeutung wie auch von den Kosten her, der Personalbereich ein. Mitarbeiter sind die Imageträger der Apotheke. Sie haben im Durchschnitt siebenmal häufiger Kundenkontakt als der Apothekeninhaber und damit entscheidenden Anteil an der Qualität der Abgabe und Beratung, an der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung und nicht zuletzt an dem aus dem Barumsatz realisierten Rohertrag. Nur kompetente und engagierte Mitarbeiter werden diesem hohen Anspruch gerecht. Deshalb kann der Mitarbeiterbereich auch nicht dem Selbstlauf überlassen werden. Es geht um Mitarbeitermotivation und Optimierung der Personalkosten. Diesen scheinbaren Widerspruch gilt es zu lösen, indem finanzielle Mittel als Anreiz im Interesse der Ertrags- und Unternehmenssicherung eingesetzt werden. Gleichzeitig partizipieren die Mitarbeiter auf diesem Wege an den wirtschaftlichen Erfolgen der Apotheke. Seit Jahren setzen sich deshalb Apotheken mit Fragen der leistungsorientierten Bezahlung auseinander.

Die Einführung von Leistungsmodellen ist kein formaler Akt. Der Erfolg von Leistungsmodellen hängt davon ab, wie sie auf die Bedingungen der jeweiligen Apotheke abgestimmt sind. Im Wesentlichen geht es darum:

  • Welchen Betrag kann die betreffende Apotheke für die Motivationsförderung und leistungsorientierte Bezahlung einsetzen?
  • An welche Kriterien sind das Modell und die Aufteilung des Betrages zu binden?
  • Sind diese für die Mitarbeiter nachvollziehbar?
  • Welche Mitarbeiter sind wie einzubeziehen?
  • Wie können die durchaus vorhandenen unterschiedlichen individuellen Einstellungen und das Engagement der Mitarbeiter (Softfacts) anerkannt werden?
  • Welche Abrechnungs- und Zahlungsmodalitäten sind zu empfehlen?

Am Anfang eines jeden Modells steht die Definition konkreter Ziele (Bezugsgrößen, Leistungsparameter) für die betreffenden Aufgabenbereiche bis hin zu Teilzielen für den einzelnen Mitarbeiter. Voraussetzung sind klare Zuständigkeiten der Mitarbeiter. Leistungen müssen zuordnungsfähig, messbar und abrechenbar sein. Ziele müssen konkret und erreichbar sein. Unrealistische Ziele verfehlen ihre Wirkung. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass es sich um Leistungsparameter handelt, auf die die Mitarbeiter Einfluss nehmen können. Das entwickelte System muss verständlich, leistungsgerecht und nachvollziehbar sein. Negative Auswirkungen auf die Kunden, auf das Betriebsklima, den Betriebsablauf usw. sind zu vermeiden. Motivationsmodelle erfüllen nur ihre Funktion, wenn die Mitarbeiter einen wirklichen Anreiz verspüren, wenn also eine entsprechende Größenordnung für die zusätzliche Zahlung in Aussicht steht.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der zusätzliche finanzielle Anreiz nicht allein Dreh- und Angelpunkt der Mitarbeitermotivation ist. Wichtig ist auch, das geht aus verschiedenen Studien hervor, der durch die Einführung klarer werdende Arbeitsinhalt, interessante Aufgaben, das Gefühl involviert zu sein und die Anerkennung für geleistete Arbeit. Ähnlich wie bei QMS verbirgt sich dahinter bei systematischer Einführung ein ganzheitlicher Ansatz, der viele Bereiche der Apotheke umfasst.

Verschiedene Prämiensysteme

Positive Erfahrungen der Motivationsförderung gibt es in Apotheken mit nachfolgenden Prämiensystemen:

1. Maßnahmebezogene Prämien (Vergütungen). Sie sind, auch vom Handling her, das einfachste Instrument der Motivationsförderung. Nach Abschluss einer besonderen Leistung (z. B. für die Vorbereitung und Durchführung eines Kundenseminars, für das Erstellen des QMS-Handbuches, für die erfolgreiche Durchführung einer Aktion, für die komplette Umgestaltung der Sichtwahl usw.) erhält der Mitarbeiter oder das Team zeitnah – quasi rückwirkend – eine Anerkennungsprämie. Leistungsfördernde Wirkung geht hiervon verständlicherweise nur begrenzt aus. Deshalb kann man für bestimmte Maßnahmen im Vorfeld Prämien als sog. Zielprämien ausloben (z. B. bei einer Neugründung das Ausgeben einer vorgegebenen Anzahl an Kundenkarten, die Sicherung einer Lieferfähigkeit von mindestens x%, die Reduzierung der Retourenquote auf x% u. ä.). Der Unterschied zur sporadisch eingesetzten Anerkennungsprämie liegt im zeitlichen Bezug zur jeweiligen Maßnahme. Zielprämien setzen die Planung von Aktivitäten sowie die Kommunikation und vorausschauende Einbeziehung der Mitarbeiter voraus. Apotheken nutzen für maßnahmebezogene Prämien häufig die Möglichkeit begünstigter Sachzuwendungen (z. B. ein gemeinsames Essen; ein kleines "Geschenk" – bis maximal 44 Euro im Monat –).

Maßnahmebezogene Prämien sichern dem Apothekeninhaber eine hohe Flexibilität. Es entstehen nicht der organisatorische Aufwand und die Zwänge, wie bei Leistungsprämienvereinbarungen.

2. Dynamische Leistungsprämien. Eine wirksamere Motivationsförderung wird durch dynamische Leistungsprämien erreicht. Die Höhe der Leistungsprämie ist direkt an das Erreichen und an das erreichte Niveau eines komplexen Systems vorgegebener Kriterien und Kennziffern dauerhaft gebunden. Welche Bezugsgrößen dafür verwendet werden, hängt zum einen davon ab, welches Ziel mit der Einführung des Prämiensystems verfolgt wird und zum anderen, welche dafür geeigneten Kennziffern aus dem EDV-System, aus der Bedieneranalyse und anderen Auswertungen generiert werden können. Das heißt, die Entwicklung eines Leistungsprämiensystems erfordert auch deshalb einen individuellen Zuschnitt auf die jeweilige Apotheke. Um ein solches System erfolgreich zu etablieren, sind Erfahrungen und Fingerspitzengefühl notwendig. Bewährt hat sich in jedem Fall die Einbeziehung eines branchenspezialisierten Beraters.

Am Anfang steht die Frage: Welches Ziel wird mit der Einführung von Leistungsprämien verfolgt? Danach richten sich die konkreten Bemessungsgrundlagen. In Abhängigkeit hiervon ist zu unterscheiden in:

a) Umsatzprämien

Bei reinen Umsatzprämien (bezogen auf den Gesamtumsatz der Apotheke) fehlt aufgrund des hohen Anteils des Rezeptumsatzes der Anreiz. Mitarbeiter können den Rezeptumsatz eigentlich kaum beeinflussen. Hinzu kommt, dass die Apotheken nach den letzten Gesundheitsreformen im Rx-Bereich (Preisbildung nach dem Kombimodell und packungsbezogener GKV-Rabatt) keinen Spielraum für zusätzlichen Rentabilitätsabfluss durch Prämienzahlungen haben. Deshalb ist der Gesamtumsatz als Bezugsgröße für Leistungsprämien nicht zu empfehlen. Viel wichtiger ist es, Zusatz- und Ergänzungsverkäufe, also den Barumsatz (ohne Zuzahlungen der Patienten, ohne PKV-Rezepte), den Umsatz bestimmter Sortimente oder auch den Abverkauf ausgewählter Produkte zu fördern. Umsatzprämien werden häufig mit anderen Kennziffern der Apotheke wie Mindestrendite, maximaler Personalkostenanteil usw. gekoppelt. Aber auch hier kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Systems an, um wirtschaftlich sinnvoll ein Optimum an Leistungsförderung zu erreichen.

b) Rohertragsbezogene Prämien

Eine weitere Möglichkeit für den Aufbau eines Leistungsprämiensystems liegt in der Verwendung des Rohertrags als Bemessungsgrundlage. Im Rohertrag wird der Mengeneffekt aus der hohen Anzahl der bedienten Kunden mit dem Preiseffekt im Hinblick auf die unterschiedlichen Kalkulationsaufschläge zusammengeführt. Auch hier ist auf den Rohertrag im Barumsatzbereich abzustellen.

c) Prämien für die "Verkaufsleistung" des Mitarbeiters

Soll das Prämiensystem für die Auswertung und Anerkennung der Verkaufsleistungen der einzelnen im HV tätigen Mitarbeiter genutzt werden, dann muss die Datenkasse so eingerichtet werden, dass in der Bedieneranalyse die Anzahl der HV-Kunden und der Packungen, der Umsatz je Kunde, der Rohertrag je Kunde aber auch der Rohertrag je Mitarbeiter im Monat ermittelt werden kann. Für die Zwecke der Apotheke reichen aber vielfach die zuvor genannten einfacheren Möglichkeiten, denn das Leistungsmodell muss von der Anwendung her praktikabel bleiben.

d) Prämien im Warenwirtschaftsbereich

Auch Kennziffern im Warenwirtschaftsbereich können für ein hier speziell entwickeltes Prämiensystem herangezogen werden. Sie eignen sich insgesamt als Leistungsindikator in diesem Bereich, die individuelle Zuordnung zur Arbeitsleistung einzelner Mitarbeiter ist aber kaum möglich. Die Lösung liegt hier in einer Teamprämie, denn die Mitarbeiter im Warenlager schaffen wesentliche Voraussetzungen für die Abgabe und die Verkaufsleistung der HV-Mitarbeiter.

e) Tantiemen

Tantiemen sind eine spezifische Form leistungsorientierter Bezahlung für Mitarbeiter mit besonderer Verantwortung (z. B. Filialleiter, in großen Apotheken der Vertreter des Apothekeninhabers). Bei der Vereinbarung von Tantiemen ist es wichtig, die Modalitäten klar im Arbeitsvertrag oder einer entsprechenden Anlage zu regeln. Dazu gehört beispielsweise die Festlegung von Kennziffern, an die die Zahlung der Tantieme gebunden ist. Eine Kopplung beispielsweise an den Rohertrag der Filiale hat sich bewährt. Üblich ist es auch, Tantiemen nach oben hin zu begrenzen.

Team- oder Einzelprämie

Der Erfolg der Apotheke ist bei allem Engagement der einzelnen Mitarbeiter in der Summe eine Teamleistung. Optimal ist demnach eine Kombination von Einzel- und Teamprämien. Jede Prämienart hat ihre Vor- und Nachteile. Teamprämien wirken positiv auf die Entwicklung des Teamgeistes und sichern die Erfüllung aller Aufgaben. Nicht ausgewogene Einzelprämien führen oft zu Klimastörungen im Team und können Egoismus fördern. Nachteilige Effekte können sich aber auch bei reinen Teamprämien herausbilden, insbesondere wenn erhebliche Unterschiede im Leistungsniveau und in der Motivation der einzelnen Teammitglieder bestehen. Insofern bietet sich die Kombination von Einzel- und Teamprämien an. Für die Aufteilung der Teamprämie auf die involvierten Mitarbeiter sind dann Einzelleistungskriterien heranzuziehen. Die Anerkennung der Leistung aller ist aber auch möglich, indem für das gesamte Team Events, die verbinden, geschaffen werden. Das heißt, Höhepunkte, die (fast) alle begeistern, können ein Teil des Prämiensystems sein.

Zusammenfassung

Die Auswahl, konkrete Ausgestaltung und Einführung eines Prämiensystems richten sich nach den individuellen Gegebenheiten der Apotheke und bedürfen eines Gesamtkonzeptes, das alle Aspekte berücksichtigt. Ziel ist die Einführung eines wirtschaftlich ausgewogenen Motivationsmodells zum Nutzen der Kunden, der Mitarbeiter und der Apotheke. Für alle oben genannten Modelle gilt: Gleich welche Form der Motivationsförderung/leistungsorientierten Bezahlung gewählt wird, wichtig ist die zeitnahe Abrechnung. Monatliche, zumindest aber quartalsweise Auswertung, Anerkennung und Zahlung führen dazu, dass die Ziele der Apotheke immer wieder zum Gesprächsthema werden und neue Motivationsimpulse auslösen. Die ein solches Modell bereits praktizierenden Apotheker berichten, dass darin bereits ein großer Nutzen des Modells liegt.

Motivationsmodelle sind kein Selbstläufer, sondern ein Führungsinstrument, ein Baustein im Gesamtkonzept der Apotheke zur systematischen Entwicklung des OTC-Bereiches. Motivationsmodelle stärken die wirtschaftliche Lage der Apotheke, helfen Hemmschwellen aktiver Verkaufsempfehlungen überwinden und entwickeln über den Erfolg Freude am selbst initiierten Verkaufen. Nicht selten wurde im Ergebnis der Einführung von Leistungsmodellen in Apotheken bereits im ersten Jahr ein Zuwachs des verkaufsaktiven Barumsatzes in Höhe von 20 bis 40 Tausend Euro erreicht. Den davon nach Abzug der Aufwendungen für das Motivationsmodell für die Apotheke verbleibenden Rohertrag benötigt die Apotheke dringend, um die durch das GKV-WSG entstehenden Verluste aufzufangen. Motivationsförderung mit Hilfe von Leistungsmodellen sollte für die Apotheke also nicht eine Frage des Ob, sondern des Wann und Wie sein.

Dipl.-Bw. Doris Zur Mühlen, vereidigte Buchprüferin, Steuerberaterin, c/o RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, Essen/Dresden/Dessau/Werdau

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