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Hamburger Apothekerhaus

Politik im Grünen In lockerer Atmosphäre wurden in Hamburg ernste Probleme des Apothekenalltags diskutiert. Thema Nr. 1: die Rabattverträge.
Foto: Thomas Müller-Bohn

Höhere Arzneimittelkosten durch Rabattverträge

HAMBURG (tmb). Im Mittelpunkt der Gespräche beim "Treffpunkt Apothekerhaus" am 27. August standen die Rabattverträge, die weiterhin den Alltag in den Apotheken stark belasten. Die Apothekerkammer und der Apothekerverein Hamburg hatten zum vierten Mal am Ende der politischen Sommerpause zu einem zwanglosen Treffen zwischen Politikern, Apothekern und Partnern im Gesundheitswesen eingeladen.

Nach Einschätzung von Rainer Töbing, Präsident der Hamburger Apothekerkammer, sind die Rabattverträge kaum umzusetzen. Bei der Interpretation von Details widersprächen sich die Beteiligten, doch betrachte jeder seine Auffassung als "der Weisheit letzter Schluss". Als Ergebnis könnten nicht mehr 60% der Verordnungen, wie vor den Rabattverträgen, sondern nur noch 15% sofort beliefert werden. Außerdem müssten die Kranken "Medikamentenhopping" machen, weil immer wieder andere Generika abgegeben werden müssten.

Doch würden die Rabattverträge dabei nicht etwa die Kosten der Krankenversicherungen senken, sondern sogar erhöhen, wie Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, erläuterte. Experten würden einen Anstieg der Krankenkassenbeiträge auf 15,5% prognostizieren. Dies beruhe insbesondere auf dem Anstieg der Arzneimittelkosten um 5,7%. Davon entfielen 3% auf die Mehrwertsteuererhöhung und der Rest auf die Strukturkomponente, die nun aber insbesondere die Generika betreffe. So sei die Zahl der verordneten Einzeldosen im ersten Halbjahr 2006 im Bundesdurchschnitt um 4% gestiegen. Die Ursache dürfte in einem psychologisch begründeten Effekt liegen. Bei Verordnung eines neuen Generikums werde der Vorrat des alten Produkts nicht mehr aufgebraucht, sondern lande auf dem Müll. Dieser Effekt werde künftig durch immer wieder neue Rabattverträge mit möglicherweise anderen Anbietern perpetuiert. Weitere Ineffizienzen seien durch den Erlass von Zuzahlungen und die Veränderung der Preisstruktur mit der relativen Verbilligung von Großpackungen entstanden. Außerdem dürften die bisherigen Prüfungen durch die Krankenversicherungen wegen der Rabattverträge nicht mehr zu leisten sein. "Außer Spesen nichts gewesen", sei daher das klägliche Ergebnis dieses Teils der Reform.

Zielpreise als Lösung

Allerdings sei die Zahl der Tagesdosen nicht überall gestiegen. In Hamburg sei dies nicht geschehen, weil dort die 2005 eingeführte Zielpreisvereinbarung nachwirke. Diese Regelung werde aber durch die Rabattverträge obsolet und könne daher künftig nicht mehr helfen. So zeige das Beispiel Hamburg, dass Zielpreisvereinbarungen gegenüber Rabattverträgen deutlich überlegen sind. Daher sehen Graue und Töbing Zielpreisvereinbarungen als wirksames Instrument, das zu einer besseren und effizienteren Arzneimittelversorgung beitragen könnte und zudem das Wohl der Patienten berücksichtige. Die Politik müsse sich fragen lassen, warum sie darauf nicht eingehe, meinte Töbing.

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