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Neue Runde im Rabattwettbewerb

AOK schreibt neue Rabattverträge aus

STUTTGART (hast). Obwohl es in der Praxis nach wie vor zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Versorgung der AOK-Versicherten kommt, haben die Allgemeinen Ortskrankenkassen am 6. August 2007 neue Rabattverträge für die Jahre 2008/2009 ausgeschrieben. Betroffen sind 82 Wirkstoffe, auf die nach AOK-Angaben ein Umsatzvolumen von rund 2,7 Milliarden Euro entfällt. Die Verträge sollen zwei Jahre gelten und gehen in den Details weit über die bisherigen Verträge hinaus.

Wie bei der ersten Ausschreibung im November vergangenen Jahres ist für alle AOKn in Deutschland wiederum die AOK Baden-Württemberg in dem Verfahren federführend. Die Ausschreibung wurde im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Gleichzeitig wurden alle pharmazeutischen Unternehmen, die Fertigarzneimittel mit den entsprechenden Wirkstoffen anbieten, angeschrieben. Gebote müssen bis zum 3. September bei der AOK Baden-Württemberg eingehen.

Betroffen sind 82 Wirkstoffe, die überwiegend bereits Gegenstand der Ausschreibung im vergangenen Jahr waren. Einige Veränderungen hat es allerdings schon gegeben. So sind nicht ganz unkritische Stoffe wie Valproinsäure oder Carbamazepin herausgefallen, dafür sind andere Stoffe wie Tramadol, Amiodaron oder Tilidin mit Naloxon nachgerückt (Übersicht siehe Tabelle).

Grundlage der Ausschreibung sind wiederum die Preise der günstigsten Anbieter. Die pharmazeutischen Unternehmer müssen angeben, welchen Rabatt sie noch auf diese Preise geben. Der Gesamtrabatt errechnet sich dann aus der Differenz zwischen dem jeweiligen Apothekenverkaufspreis und dem um den Rabatt geminderten Preis des günstigsten Anbieters.

Dass für alle Darreichungsformen, Wirkstärken und Packungsgrößen ein einheitlicher Rabattsatz angegeben werden muss, macht es für die Unternehmen nicht einfacher, ein wirtschaftlich noch vertretbares Gebot abzugeben. Außerdem werden alle von einem Unternehmen vertriebenen Packungseinheiten des jeweiligen Wirkstoffes automatisch in den Rabattvertrag einbezogen. Und bei Preissenkungen z. B. infolge von Festbetragsanpassungen wird die Berechnungsbasis für den jeweiligen Wirkstoff entsprechend abgesenkt, wenn die Preissenkung bezogen auf die zu Lasten der AOKn abgerechneten Fertigarzneimittel mehr als 5% beträgt.

Vertragsstrafen bei Lieferunfähigkeit

Drastische Konsequenzen ziehen die AOKn aus den Lieferunfähigkeiten bei rabattierten Produkten in den letzten Monaten: Ist eine Packung aufsummiert an mehr als 20 Tagen innerhalb von zwölf Monaten nicht lieferbar, wird eine Vertragsstrafe fällig, es sei denn, der pharmazeutische Unternehmer weist nach, dass ihn in Bezug auf den Lieferausfall oder dessen nicht rechtzeitige Behebung kein Verschulden trifft. Die Obergrenze für Vertragsstrafen wird auf 5% des Umsatzes zu Herstellerabgabepreisen festgelegt, die der pharmazeutische Unternehmer über die Vertragslaufzeit mit den AOKn tätigt. In ersten Reaktionen war zu hören, dass diese Regelung einige Anbieter wohl abschrecken könnte, da die Margen in den AOK-Verträgen ohnehin minimal seien.

Und noch ein Brocken vor allem für die großen Generika-Anbieter: Sie können sich nicht mehr parallel mehrfach beteiligen. Konzernverbundene Unternehmen dürfen nur ein Gebot pro Wirkstoff abgeben. Damit soll offensichtlich eine Vergabe an mehrere Unternehmen einer Unternehmensgruppe verhindert werden.

900 Mio. Euro Einsparpotenzial erwartet

Dr. Christopher Hermann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Verhandlungsführer der AOKn in Sachen Rabattverträge, sagte zu der neuen Ausschreibung, die AOK-Gemeinschaft biete ihren Versicherten mit der Ausschreibung auch weiterhin eine qualitativ hochwertige und günstige Arzneimittelversorgung an. "Wir erwarten durch die neuen Zwei-Jahresverträge ein Einsparpotenzial bei den Beitragsgeldern in Höhe von 900 Millionen Euro für das gesamte AOK-System" sagte Hermann. Zudem würden die Versicherten in den kommenden beiden Jahren weit über 100 Millionen Euro weniger an Zuzahlungen leisten müssen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg leitet als Verhandlungsführer die bundesweite AOK-Rabattofferte.

AOK erwartet große Beteiligung

Die AOK erwartet laut Hermann, dass es bei der neuen Ausschreibung eine ganz breite Beteiligung geben wird. Bei der ersten Offerte seien die bisherigen Generika-Marktführer in Deutschland nicht dabei gewesen. Die erste Runde habe aber gezeigt, welche ungeahnten Marktbewegungen zugunsten der Versicherten möglich sind. Hermann: "In der neuen Ausschreibung haben die pharmazeutischen Unternehmen die Möglichkeit, Angebote zu 82 Wirkstoffen abzugeben. Damit erreichen wir ein Umsatzvolumen, das AOK-weit im vergangenen Jahr bei 2,7 Milliarden Euro lag. Dieser Betrag macht bundesweit rund zwei Drittel der AOK-Ausgaben für Generika aus."

Zwei Jahre Laufzeit

Nach dem Willen der AOKn sollen die neuen Verträge nicht wie bisher ein, sondern zwei Jahre laufen. Außerdem wollen die AOKn die Verträge nicht wie bisher immer nur mit drei Rabattpartnern pro ausgeschriebenen Wirkstoff abschließen. Bei Wirkstoffen, die 2006 bundesweit mindestens 3,5 Millionen mal zu Lasten der AOKn verordnet wurden, sollen jeweils vier Anbieter den Zuschlag erhalten.

Die eingehenden Rabattangebote will die AOK zügig auswerten und die Zuschläge bis spätestens Ende September erteilen. Laut Hermann spielt die Sorgfalt bei der Auswahl der Angebote je Wirkstoff eine große Rolle: "Wir werden uns für alle Angebote die notwendige Zeit zur Prüfung nehmen. Unser Interesse ist aber auch, dies so schnell wie möglich zu erledigen, damit sich Rabattpartner und alle anderen Beteiligten, nicht zuletzt natürlich Apotheker und Ärzte, intensiv und frühzeitig auf die neue Situation im kommenden Jahr einstellen können."

Strafen bei Lieferunfähigkeit Die AOK Baden-Württemberg wird wieder die Verhandlungen über die neuen Rabattverträge führen.
Foto: Imago

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