DAZ aktuell

Keine Deregulierung

Pleite für Monopolkommission Praktisch alle Änderungen des Apothekenwesens, die die von Prof. Basedow geleitete Kommission fordert, wurden von der Bundesregierung klar abgelehnt.
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Bundesregierung folgt Monopolkommission nicht

STUTTGART (diz). Von einer Deregulierung des Apothekenmarktes, wie es im vergangenen Jahr die Monopolkommission gefordert hat, will die Bundesregierung nichts wissen. Wie aus einer Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Monopolkommission hervorgeht, will man weitgehend an den heutigen Regulierungen festhalten, gleichwohl verschließt man sich nicht Reformüberlegungen für mehr Wirtschaftlichkeit bei den Gesundheitsausgaben.

Das Gutachten der Monopolkommission löste im vergangenen Jahr Unverständnis und heftige Kritik von Seiten der Apotheker aus. Hatte die Kommission doch gefordert, den Apothekenmarkt weitgehend zu deregulieren, angefangen von der Ausbildung der Apotheker bis hin zur Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes.

Während die Monopolkommission beispielsweise davon ausgeht, dass es sich bei der Tätigkeit der öffentlichen Apotheken im Wesentlichen um eine Tätigkeit des Einzelhandels handelt und derzeitige Regulierungsmaßnahmen für zu restriktiv hält, teilt die Bundesregierung diese Auffassung nicht. Der Arzneimittel- und Apothekenmarkt müsse auch in Zukunft gewissen Regulierungen unterliegen, so die Bundesregierung. Außerdem könnten die von der Kommission dargestellten wettbewerblichen und ökonomischen Aspekte nicht gegen die Anforderungen der Arzneimittelsicherheit und der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung aufgewogen werden.

Der Kritik der Monopolkommission, dass in Deutschland die Zahl der apothekenpflichtigen Arzneimittel besonders umfangreich sei und der Beratungsbedarf sich nicht auf eine so große Zahl von Arzneimitteln erstrecken müsse, hielt die Bundesregierung entgegen, dass insbesondere durch die Apothekenpflicht die Voraussetzungen für eine qualifizierte Prüfung und Lagerung der Arzneimittel sowie eine angemessene Beratung bei ihrer Abgabe gewährleistet sei. Wirtschaftliche Erwägungen (niedrigere Preise, mehr Wettbewerb, wie es sich die Monopolkommission von einer Ausweitung des Sortiments verspricht) könnten nicht gegen die Anforderungen der Arzneimittelsicherheit aufgewogen werden. Die Bundesregierung dazu in ihrer Stellungnahme wörtlich: "Selbst wenn man unterstellt, dass bei der Abgabe von Arzneimitteln in den Apotheken nicht in allen Fällen eine angemessene Beratung stattfindet, wäre dies kein ausreichendes Argument dafür, mit Anwendungsrisiken verbundene Arzneimittel aus der Apothekenpflicht zu entlassen. Vielmehr müssen die Anstrengungen in einem solchen Fall darauf gerichtet werden, die Beratungstätigkeit der Apotheken zu verbessern."

Auch dem Vorschlag, den Beruf des Apothekers für Fachhochschulabsolventen zu öffnen, kann die Bundesregierung nicht folgen. Das derzeitige Pharmaziestudium ermögliche ein breites Berufsspektrum und enthalte bereits ein praktisches Jahr.

Kein Wettbewerb über die Zuzahlung

Eine Absage holte sich die Monopolkommission auch zu ihrem Vorschlag, die derzeitige Eigenbeteiligung der Versicherten im Arzneimittelbereich abzuschaffen und an deren Stelle eine "Vertriebspauschale mit gesetzlicher Ober- und Untergrenze" einzuführen, die der Versicherte direkt an den Apotheker zu zahlen hätte. Die Monopolkommission könnte sich über ein solches Instrument einen Preiswettbewerb bei Apothekern vorstellen, bei dem Versicherte nach der kostengünstigsten Apotheke suchen könnten. Ein solcher Vorschlag allerdings berücksichtigt nach Ansicht der Bundesregierung nicht den Kontext der Sozialgesetzgebung. Es fehlten zuverlässige Berechnungen möglicher finanzieller Auswirkungen auf die Gesetzliche Krankenversicherung sowie Einschätzungen der Effekte auf die Steuerungsfunktion der Zuzahlung, außerdem Einschätzungen, wie sich derartige Regelungen auf die Inanspruchnahme pharmazeutischer Beratungsdienstleistungen auswirkten. Die Regierung weist auch darauf hin, dass mit der letzten Gesundheitsreform (GKV-WSG) keine Umstellung von Fest- auf Höchstzuschläge eingeführt worden sei, sondern die von den Apothekern zu erbringenden Einsparbeiträge anderweitig geregelt worden seien.

Selbstbedienungsverbot bleibt

Weiterer Kritikpunkt der Monopolkommission: noch herrsche kein deutlicher Preiswettbewerb bei OTC-Arzneimitteln, was auch auf das Selbstbedienungsverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel zurückgeführt wird. Hierzu die Entgegnung der Bundesregierung kurz, aber deutlich: "Der Bundesregierung sind keine empirischen Analysen der Preisentwicklung und des Kaufverhaltens bekannt, die diese Feststellung belegen würden."

Fremd- und Mehrbesitz: EuGH-Spruch abwarten

Auf die Forderung der Monopolkommission, das Mehr- und Fremdbesitzverbot vollkommen aufzuheben, da sie in der Bildung von Apothekenketten Effizienzvorteile und eine Belebung des Wettbewerbs sieht, verweist die Bundesregierung auf die laufenden Rechtsstreitigkeiten (u. a. die Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Italien, Frankreich, Österreich und Spanien, Vorabentscheidungsersuche des Verwaltungsgerichts Saarlouis, die derzeit vor dem EuGH auf dem Prüfstand stehen). Nach dem Ausgang der anhängigen Rechtsstreitigkeiten wird die Bundesregierung entscheiden, ob sie weitere Schritte zur Liberalisierung des herkömmlichen Apothekenbetriebs und der zugelassenen Rechtsformen unternehmen wird, heißt es in der Stellungnahme der Bundesregierung. Und weiter: "Soweit die Tätigkeit der Apotheken im Übrigen betroffen ist, werden die Empfehlungen der Monopolkommission im Rahmen der für das Jahr 2007 anstehenden Novellierung der Apothekenbetriebsordnung geprüft und erforderlichenfalls umgesetzt."

Als wettbewerbspolitisch wenig bedenklich sieht die Monopolkommission die in den Berufsordnungen enthaltenen Werbebeschränkungen, da sie nicht über das hinausgehen, was auch nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verboten ist. Den Apothekerkammern sollte dennoch die Möglichkeit versperrt werden, in Zukunft wettbewerbsschädliche Werbebeschränkungen zu erlassen. Die Bundesregierung ist hier auch der Auffassung, dass sich die Werbung der Apotheker allein nach UWG und Heilmittelwerbegesetz richten sollte. Sie fügt aber hinzu, dass die Zuständigkeit für die Ermächtigung der Apothekerkammern zu berufsrechtlichen Regelungen bei den Ländern liege.

Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratungsgremium auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung. Ihre Stellung und Aufgaben sind in den §§ 44 bis 47 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt.
Danach erstellt die Monopolkommission alle zwei Jahre ein Hauptgutachten, in dem sie den Stand und die absehbare Entwicklung der Unternehmenskonzentration in der Bundesrepublik Deutschland beurteilt, die Anwendung der Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle würdigt sowie zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung nimmt.
Im Bereich der Apotheken empfahl die Monopolkommission in ihrem letzten Hauptgutachten von 2006 eine allgemeine Zulassung von Apothekenketten sowie die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes. Weiterhin sollten Apotheken räumlich in andere Einzelhandelsgeschäfte integriert werden können. Bei einigen Arzneimitteln sei zu überprüfen, ob sie weiterhin apothekenpflichtig sein müssen. Zudem machte die Monopolkommission Vorschläge, wie auch bei Apotheken mehr Preiswettbewerb ermöglicht werden könne.

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