Medizin

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Stich in den Rücken

Was ist eigentlich ...ein Hexenschuss?

Oftmals ist es eine ungeschickte oder ungewohnte Bewegung. Aber auch ganz plötzlich kann er zuschlagen – der Hexenschuss. Herrn Daume traf der Hexenschuss bei einer banalen Tätigkeit. Sein Sohn hatte wieder einmal das Spielzeug in der gesamten Wohnung verteilt und Herr Daume half beim Aufräumen. Plötzlich schoss der Schmerz in seinen Rücken, seinen Oberkörper konnte Herr Daume nicht mehr aufrichten. Fortan ging er nach vorne gebeugt wie ein alter Mann. Jede unbedachte Bewegung löste starke Schmerzen in der Lendenwirbelsäule aus.

Bei einem Hexenschuss handelt es sich um einen plötzlichen Rückenschmerz, medizinisch Lumbago oder akute Lumbalgie. Die beiden medizinischen Begriffe beschreiben die Lokalisation der plötzlichen Schmerzen besser, denn genau genommen darf der Begriff "Hexenschuss" nur bei Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule verwendet werden.

Ein Hexenschuss kann auf verschiedene Weise ausgelöst werden. Zu nennen sind Muskelzerrungen, segmentale artikuläre Dysfunktion ("Blockierung") eines Wirbelgelenkes, Kapselzerrung eines Wirbelgelenkes. Eher seltene Ursachen sind die Bandscheibenvorwölbung und der Bandscheibenvorfall. Oft kann die endgültige Ursache jedoch nicht geklärt werden.

Bei der Muskelzerrung wird die Rückenmuskulatur unvermittelt auseinander gezogen, was einen plötzlichen, starken Rückenschmerz auslöst.

Bei der segmentalen artikulären Dysfunktion ist das natürliche Gelenkspiel aufgehoben. Beispielsweise kann es durch eine ungünstige Körperbewegung zum Verhaken eines kleinen Wirbelgelenkes kommen. Eine Bewegung ist nicht mehr möglich. Durch die verhakte Gelenkstellung wird Druck auf die Gelenkkapsel ausgeübt, was als Schmerz empfunden wird.

Eine ähnliche Ursache hat die Kapselzerrung. Allerdings kommt es nicht zu einer Blockierung des Wirbels, sondern die Gelenkkapsel wird durch eine ungünstige Bewegung gezerrt.

Bei der Bandscheibenvorwölbung wird die Bandscheibe gegen das hintere Längsband (Begrenzungsband zum Wirbelkanal) gedrückt und gedehnt. Ursache der Vorwölbung ist ein erhöhter Druck im Inneren der Bandscheibe, beispielsweise beim Bücken. Das Längsband ist mit vielen Nerven durchsetzt, über die der Schmerz vermittelt wird.

Bei einem Bandscheibenvorfall wird der Druck in der Bandscheibe so groß, dass die Bandscheibe in den Wirbelkanal vorfällt und die im Wirbelkanal verlaufenden Nerven reizt. Neben den Rückenschmerzen können Schmerzen, Empfindungsstörungen und Lähmungen im Bein hinzu kommen, die sich bis zu den Füßen ausbreiten können.

Ursachen abklären

Meistens kann die Diagnose allein aus dem beschriebenen Beschwerdebild und der typischen Schonhaltung gestellt werden. Jede Bewegung führt zu stärksten Rückenschmerzen. Besteht der Verdacht auf eine ernste Ursache für den Hexenschuss (zum Beispiel Bandscheibenvorfall oder andere Schäden an der Bandscheibe), müssen weitergehende Untersuchungen wie Röntgenaufnahmen oder eine Computer- beziehungsweise Kernspintomografie durchgeführt werden. Der Verdacht auf den Bandscheibenvorfall kann geäußert werden, wenn der Hexenschuss von Lähmungen oder Gefühllosigkeit begleitet wird oder keine Kontrolle mehr über die Blase und den Mastdarm besteht (sogenanntes Cauda-Syndrom). In diesem Fall ist die Schwere der Schmerzen nicht ausschlaggebend.

Rat aus der Apotheke

Nicht immer gehen Betroffene gleich zum Arzt; oftmals ist die erste Anlaufstelle die Apotheke, da hier keine lange Wartezeit besteht. Was können Apotheker den Betroffenen raten?

Als erste Maßnahme empfiehlt sich die sogenannte Stufenlagerung. Hierbei wird die Wirbelsäule durch flaches Liegen und Lagern der Beine mit rechtwinklig gebeugten Knien entlastet. Zur Beinerhöhung kann ein Stuhl dienen, aber auch Kissen, Eimer oder andere Gegenstände.

Wärme oder Kälte verschaffen Linderung

Prinzipiell kann die schmerzende Stelle mit Wärme oder Kälte behandelt werden. Eine Wärmflasche oder heiße Tücher auf die schmerzende Stelle gelegt kann Erleichterung bringen. Hilfreich kann auch ein über Wasserdampf erhitzter Heublumensack sein oder der Hilfesuchende nimmt ein warmes Vollbad mit einem Heublumenzusatz. Menschen mit wenig Zeit stellen sich unter die Dusche und richten den warmen Wasserstrahl auf die schmerzende Stelle.

Pflaster und Salben fördern Durchblutung

Viel einfacher ist die Behandlung mit Wärme-Pflastern, beispielsweise Hansaplast med ABC Wärme-Pflaster. Der Wirkstoff im Pflaster (Cayennepfefferdickextrakt) aktiviert die Durchblutung genau da, wo der Schmerz sitzt und es kommt zur Schmerzlinderung. Das Pflaster passt sich zudem den Körperbewegungen gut an. Mit diesem Pflaster versorgt wird der Patient nicht an das Bett gefesselt (wie mit einer Wärmflasche), sondern kann sich frei bewegen. Alternativ zu den Capsicum-Pflastern gibt es auch entsprechend hyperämisierend wirkende Salben. Zur Durchblutungsförderung kommen hier weitere Wirkstoffe zum Einsatz, so beispielsweise Nonivamid, Nicoboxil und Nicotinsäureester wie Benzylnicotinat. Darüber hinaus können auch Antiphlogistika enthaltene Lokaltherapeutika helfen, die Schmerzen zu lindern.

Bei der Behandlung mit Salben sind interindividuelle Unterschiede bezüglich der Hautpenetration zu berücksichtigen. Es kann durchaus sein, dass der in den Salben enthaltene Wirkstoff nicht ausreichend tief eindringen kann und die schmerzenden Muskeln gar nicht erreicht werden. Bei der Abgabe hyperämisierender Salben darf der Hinweis nicht fehlen, dass diese nicht auf Schleimhäute, entzündete Hautstellen und offene Wunden aufgebracht werden dürfen. Nach dem Gebrauch müssen die Hände gründlich gewaschen werden, um einen versehentlichen Schleimhautkontakt zu vermeiden.

Bei schlechter Wirkung der Lokaltherapie oder alternativ ist die orale Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika in ausreichend hoher Dosierung zu empfehlen.

Sollten die Beschwerden länger als 48 Stunden anhalten, muss ärztlicher Rat eingeholt werden.

Vorbeugende Maßnahmen

Die richtige Vorbeugung hilft mit, die Zahl der Hexenschüsse zu verringern. Übergewicht belastet unter anderem Wirbelsäule und Gelenke. Mit einer Gewichtsreduktion wird damit auch die Gefahr für einen Hexenschuss verringert. Langes Sitzen ist zu vermeiden, zwischendurch immer wieder aufstehen, umhergehen und sich strecken. Beim Sitzen sollte immer wieder die Sitzposition verändert werden, ein gebeugter Rücken ist zu vermeiden. Beim Heben von Lasten ist darauf zu achten, dass sie möglichst auf beiden Armen gleichmäßig verteilt werden. Eine spezielle Rückengymnastik kräftigt Rücken-, Bauch- und Gesäßmuskeln. Ideal dafür ist Schwimmen.

Quelle

Niethard FU, Pfeil J: Orthopädie (Duale Reihe).Thieme Verlag, Stuttgart 2005.

Krämer J, Grifka J, Kalteis T: Orthopädie. Springer Verlag, Berlin 2004.

Dr. Ingo Blank, Gärtringen
Medizin
Erste Hilfe bei Hexenschuss kann die Stufenlagerung bieten, bei der durch flaches Liegen und Hochlagerung der Beine im rechten Winkel die Wirbelsäule entlastet wird.

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