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Typ-2-Diabetes

Bauchfett sieht nicht nur unschön aus, sondern schadet auch der Gesundheit. Im Gegensatz zu vielen seiner Besitzer ist dieses Organ nämlich keinesfalls träge: Es produziert Botenstoffe, die zu Entzündungen im Körper führen und den Stoffwechsel beeinträchtigen, wie Professor Dr. Dieter Steinhilber, Frankfurt, ausführte.

Das Fettgewebe als endokrines Organ

Fett ist nicht gleich Fett. Besonders das Fettgewebe am Bauch ist keine passiv ruhende Lagerstätte für überschüssige Energie, sondern kann in kurzer Zeit durch Lipolyse freie Fettsäuren und zahlreiche Botenstoffe ausschütten. Dazu gehören Interleukin-6, Tumornekrosefaktor alpha und Resistin. Diese Zytokine fördern unter anderem eine Hyperglykämie. Andere Botenstoffe des Fettgewebes, wie Leptin, Adiponectin und Omentin, senken dagegen den Blutzucker. Damit trägt das Fettgewebe zur Regulation des Blutzuckerspiegels bei und ist auch an der Entstehung eines Typ-2-Diabetes beteiligt. Bei einem Body-Mass-Index (BMI) von über 35, der einer ausgeprägten Adipositas entspricht, ist das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, um den Faktor 100 erhöht.

Die Botenstoffe des Fettgewebes führen zu zahlreichen unerwünschten Erscheinungen, allen voran der Insulinresistenz in Muskelzellen, die der erste pathogenetische Faktor für einen Typ-2-Diabetes ist. Vor allem die freien Fettsäuren setzen die Empfindlichkeit der Insulinrezeptoren herab. Als Folge werden diese für das andockende Insulin unempfindlich, bis hin zur Insulinresistenz.

Als Antwort auf die zunehmende Insulinresistenz erhöht der Körper zunächst seine Insulinausschüttung aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse, es kommt zu einer kompensatorischen Hyperinsulinämie. Im Lauf der Zeit erschöpfen die Betazellen, ihre Insulinproduktion verringert sich, und der Diabetes wird manifest. Das messbare Anzeichen ist ein erhöhter Glucosespiegel im Blut. Mit dieser Hyperglykämie und der Hyperinsulinämie gehen Fettstoffwechselstörungen einher, ein metabolisches Syndrom entsteht, und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht sich beträchtlich.

Glitazone wirken als Fettsäure-Mimetika

Zur Behandlung des Typ-2-Diabetes werden unter anderem die Glitazone oder auch Insulinsensitizer eingesetzt. In Deutschland sind derzeit Pioglitazon (Actos®) und Rosiglitazon (Avandia®) auf dem Markt. Bisher ist ihre Bedeutung in der Diabetestherapie nicht sehr groß.

Dank ihrer Ähnlichkeit mit freien Fettsäuren können Glitazone als Agonisten an den Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptor (PPAR) gamma im Zellkern binden. Dieser Rezeptor wirkt als Fettsäure-Sensor: Er misst, wie viele freie Fettsäuren im Organismus vorhanden sind. Ist ihr Gehalt zu hoch, wird die Speicherung im Fettgewebe eingeleitet. Gleichzeitig wird die Glucoseaufnahme in die Muskelzelle und die Glucoseoxidation im Fettgewebe erhöht. In der Leber wird die Gluconeogenese vermindert und im Pankreas die Insulinsekretion gesteigert. Glitazone verringern so die Konzentration freier Fettsäuren und die Freisetzung verschiedener Mediatoren, welche die Insulinwirkung hemmen. Sie steigern die Glucoseverwertung peripherer Gewebe und reduzieren die Insulinresistenz.

Nutzen der Glitazone ist fraglich

Den Nutzen der Glitazone beurteilte Steinhilber nach der derzeitigen Datenlage als fraglich: "Der therapeutische Effekt und die Nebenwirkungen müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden".

Er stützte diese Aussage unter anderem auf die Daten der so genannten DREAM-Studie. In dieser Studie wurde bei rund 5300 Patienten untersucht, ob Rosiglitazon, 8 mg täglich über drei Jahre, die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes bei Patienten mit gestörter Glucosetoleranz und erhöhtem Nüchternblutglucose-Spiegel verhindern kann. In dieser Studie, deren Ergebnisse 2005 publiziert wurden, reduzierte Rosiglitazon die Zahl der Typ-2-Diabetiker, die im weiteren Verlauf Insulin benötigten, im Vergleich zu Plazebo um 50%.

Diesem deutlichen Vorteil der Progressionshemmung stehen gravierende Nachteile gegenüber: Rosiglitazon führte zu einer Gewichtszunahme und zu Ödemen, die Zahl von Herzinfarkten und Schlaganfällen wurden nicht verringert, und darüber hinaus entwickelten 14 Verum-Patienten eine Herzinsuffizienz, in der Plazebo-Gruppe waren dies nur zwei.

Insgesamt sei in klinischen Studien der Effekt von Lifestyle-Änderungen, wie einer verbesserten Ernährung und mehr Bewegung, größer als der von Rosiglitazon, meinte Steinhilber. hel

Insulinresistenz ist der zentrale pathogenetische Faktor des metabolischen Syndroms.
Bewegungsmangel
Ernährung
genetische Faktoren
Stammfettsucht
Hyperinsulinismus
Dyslipidämie
gestörte Glucosetoleranz
Hypertonie
muskuläre Insulinresistenz
Foto: Imago
Prof. Dr. Dieter Steinhilber
Foto: DAZ/hel

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