Ernährung aktuell

Ampel oder GDA – was soll auf das Etikett?

Ein Drittel der Kosten im Gesundheitswesen gehen auf falsche Ernährung und damit verbundenes Übergewicht zurück. Die Politik hat das erkannt und will den Verbrauchern künftig durch eine leicht erkennbare Kennzeichnung des Energiegehalts und der wichtigsten Nahrungsbestandteile die Auswahl gesunder Lebensmittel erleichtern. Bis zum 31. Januar 2008 müssen dazu von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Nährwertprofile erarbeitet werden. Vor allem zwei Konzepte stehen gegenwärtig zur Debatte – die "Ampel" und das GDA-Label.

Das Ampelsystem kennzeichnet den Gehalt an vier wichtigen Nahrungsbestandteilen (Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker, Salz) in rot/gelb/grün. Dabei bedeutet rot = selten essen (z. B. hoher Fett- oder Salzgehalt), gelb = ist in Ordnung, grün = gesündere Variante (z. B. viel ungesättigte Fettsäuren). Zusätzliche Informationen zum Gesamtenergiegehalt und zum Prozentsatz der empfohlenen täglichen Aufnahmemenge (GDA, Guideline Daily Amount) sind möglich.

In Großbritannien kommt das Ampelsystem bereits zum Einsatz. Die englischen Erfahrungen zeigen, dass die Verbraucher damit gut klar kommen. Sie finden die Informationen Umfragen zufolge so vor, wie sie sie sich gewünscht haben – klare einfache Informationen über die Hauptbestandteile, auf der Vorderseite der Verpackung, in den drei Farben, häufig mit zusätzlichen Informationen über den tatsächlichen Inhalt (Zahlenangabe in dem farbigen Feld). Auch einige Hersteller haben auf das System inzwischen in einer positiven Weise reagiert und die Zusammensetzung ihrer Produkte so verändert, dass sie statt roten mehr gelbe und grüne Kennzeichnungen vornehmen können (z. B. weniger Fett und Salz). Die Angaben kommen von einer unabhängigen Behörde (Food Standards Agency). Die Lebensmittel werden nicht als gut oder schlecht bezeichnet. Die Farben vermitteln bei jedem Lebensmittel einheitlich die gleiche Aussage. Es hat sich gezeigt, dass nicht bestimmte Lebensmittel gemieden werden. Die Verbraucher mischen vielmehr die Farben und verbessern die Kenntnisse über ausgewogene Ernährung. Sie finden die Kennzeichnung besonders hilfreich bei der Auswahl zwischen ähnlichen Produkten (verschiedene Pizzas).

Kritiker meinen, dieses System beinhalte eine Bewertung, und das erlernte Verhalten an einer Ampel könnte bedeuten: rot = stopp, nicht essen, nur die grüne Kennzeichnung wählen, was zu keiner ausgewogenen Ernährung führen würde.

Das GDA (Guideline-Daily-Amount)-System

Das GDA-System, das von der deutschen Industrie favorisiert und zum Teil schon umgesetzt ist bzw. 2007/2008 eingeführt wird, gibt auf der Vorderseite der Verpackung den Energiegehalt und den Prozentanteil der empfohlenen Tageszufuhr an, auf der Rückseite nochmals den Energiegehalt sowie den Gehalt an den Nährstoffen Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß (die sogenannten "big four", bei Erweiterung auf die "big eight" auch noch gesättigte Fette, Salz, Zucker, Ballaststoffe, s. Tab. 1). Die Befürworter verweisen darauf, dass mit diesem System keine Bewertung erfolgt und die Prozentangaben wissenschaftlich basiert sind.

Kellogg’s, Nestlé, Unilever, Coca-Cola, Danone, Kraft, Pepsico, Masterfoods und Campbell haben schon damit begonnen bzw. starten noch in diesem Jahr mit den Informationen zu den Gehalten pro 100 Gramm und pro Portion. Außerdem werden die Verbraucher erfahren, wie viel Prozent des empfohlenen Tagesbedarfs sie beispielsweise mit einer Portion Cornflakes oder Pizza zu sich nehmen. Beispiel: ein Mars-Schokoriegel von 54 Gramm hat 246 kcal, das entspricht 12 Prozent des empfohlenen Tagesbedarfs.

Anhänger und Gegner der Systeme

Der Verbraucherzentrale Bundesverband plädiert für eine verpflichtende Kennzeichnung der "big eight" auf dem Etikett und zusätzlich ein vereinfachtes Symbol auf der Vorderseite (z. B. die Ampel). Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisiert den Vorstoß der Industrie als "Vorwärtsverteidigungsstrategie", um strengere Regeln zu verhindern und plädiert für ein Ampelsystem. Die Gewerkschaft Nahrung – Genuss – Gaststätten spricht sich für ein visualisiertes System auf der Basis der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus. Das Ampelsystem hält sie für zu verkürzt und teilweise oberflächlich.

Egal welches System sich durchsetzt – es sollte einheitlich und verpflichtend sein.

Alle Kennzeichnungen können Ernährungsaufklärung zudem nicht ersetzen. Vor allem Kinder müssen zu Hause, im Kindergarten und in der Schule frühzeitig Basiswissen über vernünftige, d. h. ausgewogene Ernährung vermittelt bekommen.

Dr. Sabine Wenzel

Quelle

Etiketten(schwindel)? Kennzeichnung und irreführende Werbung bei Lebensmitteln. Gesprächskreis Verbraucherpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, 30. Mai 2007, Berlin
Tab. 1: Die "big eight" der Lebensmittelzusammensetzung
Nährstoff
Richtwerte der CIAA (Europäischer Lebensmittelverband), basierend auf der Ernährung einer Frau mit 2000 kcal
Gesamtenergiegehalt
2000 kcal
Kohlenhydrate
270 g
Fett
70 g
Eiweiß
50 g
Zucker
90 g
gesättigte Fette
20 g
Ballaststoffe
25 g
Natrium (Salz)
2,4 (6) g

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