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Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Gesetzlicher Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit

Das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge hat unter anderem die Zielsetzung, die Teilzeitarbeit zu fördern. Für den umgekehrten Fall, dass ein Teilzeitbeschäftigter wieder in die Vollzeitbeschäftigung wechseln will, gibt es ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichtes, das hier vorgestellt werden soll. Ein wichtiger Aspekt: Der Wunsch des Arbeitgebers nach einem "tariffreien Arbeitsplatz" ist nach Auffassung der Richter kein dringender betrieblicher Grund, der Vorrang vor dem Wunsch des Arbeitnehmers nach Arbeitszeitverlängerung hat.

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) schreibt z. B. Arbeitgebern vor, geeignete Stellen als Teilzeitarbeitsplätze auszuschreiben und die Mitarbeiter des Betriebes, die eine Teilzeitbeschäftigung wünschen, rechtzeitig darüber zu informieren. Wenn der Arbeitgeber mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt, besteht sogar ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn sich dies mit den betrieblichen Belangen vereinbaren lässt.

Was aber geschieht, wenn jemand (wieder) von Teilzeit in Vollzeit wechseln will? Auch für diese Fälle sieht das TzBfG einen Anspruch des Arbeitnehmers vor: Wenn im Betrieb ein geeigneter Vollzeitarbeitsplatz frei – oder neu geschaffen – wird, muss der Arbeitsgeber gemäß § 9 TzBfG den Mitarbeiter bei der Besetzung dieser Stelle bevorzugt berücksichtigen, der den Wunsch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit an ihn herangetragen hat.

Gilt auch für Kleinbetriebe!

Das gilt für alle Arbeitgeber, also auch für Kleinbetriebe mit weniger als 15 Beschäftigten. Die gewünschte Arbeitszeitverlängerung muss sich auch nicht auf eine Vollzeitstelle beziehen. Der Wunsch, die eigene Arbeitszeit beispielsweise von 20 auf 30 Wochenstunden zu verlängern, reicht auch.

Voraussetzung ist nur, dass der Mitarbeiter für die Tätigkeit geeignet ist und dass keine dringenden betrieblichen Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Mitarbeiter entgegenstehen.

Von Teilzeit auf Vollzeit

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem ein mit 20 Wochenstunden beschäftigter Arbeitnehmer auf eine Vollzeitstelle wechseln wollte (Urteil vom 8. Mai 2007 – 9 AZR 874/06). In seinem Arbeitsvertrag war die Geltung des Tarifvertrages seiner Branche vereinbart, nach dem die Vollzeitbeschäftigung 36 Wochenstunden beträgt, mit Zustimmung des Arbeitnehmers aber auch auf 40 Wochenstunden erhöht werden kann.

Nachdem der Arbeitgeber vier Vollzeitstellen mit 40 Wochenstunden ausgeschrieben hatte, hatte der Arbeitnehmer die Verlängerung seiner Arbeitszeit auf 36, hilfsweise auf 40 Wochenstunden verlangt. Der Arbeitgeber hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dass die neuen Arbeitsplätze "tariffrei" besetzt werden sollten.

BAG entscheidet zugunsten Tarifbindung

Diese Begründung hat das Bundesarbeitsgericht nicht gelten lassen. Es hat entschieden, dass der klagende Arbeitnehmer auf einer der ausgeschriebenen Stellen beschäftigt werden muss.

Damit ist höchstrichterlich entschieden, dass der Wunsch eines Arbeitgebers, die Arbeitsverhältnisse seines Unternehmens von der Bindung an Tarifverträge freizuhalten, nicht als "dringender betrieblicher Grund" im Sinne des § 9 TzBfG gilt.

Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen den Wunsch des tarifgebundenen Teilzeitmitarbeiters auf Verlängerung seiner Arbeitszeit vorrangig berücksichtigen.

Simone Heller

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