Feuilleton

Ausstellung

Neferu – Schönheit im Alten Ägypten

"Schönheit im Alten Ägypten – Sehnsucht nach Vollkommenheit" heißt eine Sonderausstellung, die bis zum 1. Juli im Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim zu sehen ist. Gezeigt werden ungefähr 350 Objekte der Kosmetik und Körperpflege und ihre Resultate: Porträts schöner Menschen.

"Gummi vom Weihrauch, Wachs, frisches Behenöl und Erdmandel werde fein zerrieben und in Pflanzenschleim gegeben, werde an das Gesicht gegeben jeden Tag. Mache (es), du wirst (den Erfolg) sehen!" Dies ist eins von vielen Rezepten aus dem Reich der Pharaonen, die der Faltenbildung im Gesicht vorbeugen sollten. Ein perfektes Erscheinungsbild allein wurde jedoch dem Verständnis von Schönheit – "neferu" – nicht gerecht. Dazu gehörten auch vorbildliche Charaktereigenschaften und eine tugendhafte Lebensführung.

Den Auftakt der Ausstellung bildet eine Kniefigur der Pharaonin Hatschepsut aus dem Ägyptischen Museum Berlin. Aus Rosengranit gehauen, vereinigt die Königin Menschliches und Göttliches und hat geradezu vollkommene Proportionen. Zahlreiche Bildnisse von Pharaonen und Beamten sowie von Gottheiten in Menschengestalt zeigen den Entwicklungsprozess von "Schönheit in Maß und Form" seit dem vierten vorchristlichen Jahrtausend: Die Darstellungen wurden sowohl aus handwerklicher als auch aus ästhetischer Sicht immer perfekter.

Das Verhältnis der Körperteile zueinander war genau festlegt, und die allermeisten Bildnisse sind keine Porträts im heutigen Sinn, sondern sie zeigen Menschen in idealisierter Gestalt. So symbolisiert ein wohlgerundeter Körper Wohlstand, während Anzeichen höheren Alters für Würde, Weisheit und Macht stehen.

Mittel zur Pflege und zur Gesunderhaltung

Trotz der positiven Aspekte des Alters versuchten die Ägypter – wie die Menschen in anderen Kulturen auch – körperliche Alterserscheinungen mit Kosmetika zu verschleiern oder ihnen vorzubeugen. Zudem dienten einige Kosmetika zugleich medizinischen Zwecken. So schminkten Männer und Frauen ihre Augenlider mit einer entzündungshemmenden Paste.

War in einfachen Haushalten Rizinusöl das Hautpflegemittel der Wahl, so verwendeten begüterte Ägypter Präparate mit Sesamöl, Erdmandelöl (von Cyperus esculentus), Behenöl (von Moringa oleifera) oder Olivenöl. Als Duftstoffe waren Koniferenharz, Wacholder und Myrrhe am beliebtesten, in der Spätzeit auch Kalmus und Kardamom. Das eigene Haar versteckten schönheitsbewusste Ägypter unter Perücken, deren Frisuren je nach Modetrend variierten. Einen großen Stellenwert hatte das Räuchern bei rituellen Handlungen, zur Reinigung des Hauses, zum Frischmachen der Kleidung oder im Krankheitsfall.

Die Behältnisse für Salben, Öle und Schminken waren nicht minder kostbar als der Inhalt. Sie waren häufig aus Alabaster (Gips) gefertigt und mit mythologischen Motiven verziert. Auch Schmuck, Geräte zum Frisieren und Rasieren sowie Musikinstrumente belegen die umfassende Bedeutung von "neferu".

Die Sehnsucht nach Vollkommenheit begleitete die Ägypter bis ins Jenseits. Wie der tote Osiris einst nach seiner Mumifizierung zu neuem Leben erwacht war, sollten auch die Verstorbenen nach einem Übergangsstadium als Mumie mit einem schönen Leib in die Ewigkeit eingehen. Für die Reise dorthin waren Kosmetika unverzichtbar – nicht aber die kostbaren Gefäße. So produzierte man als Grabbeigaben billige Gefäße aus Holz oder Keramik und bemalte sie so, dass sie wertvolle Materialien vortäuschten. <

Reinhard Wylegalla
Roemer- und Pelizaeus-Museum, Am Steine 1-2, 31134 Hildesheim, Tel. 05121/93690, www.rpmuseum.de
Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr

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