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Hilft nur noch beten?

Das Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands begann in diesem Jahr mit einer Andacht, einer Orgelandacht in der Dresdner Frauenkirche. Da stellt sich doch die Frage: Kann das ein Hinweis sein auf die wirtschaftliche Situation der deutschen Apotheke? Ist es ein Hinweis auf die verzweifelte Suche nach Abwehrstrategien gegen die Angriffe auf das Fremd- und Mehrbesitzverbot. Hilft nur noch beten? Sollte der Deutsche Apothekerverband die Lage bereits als so hoffnungslos und desolat sehen, dass er die Apotheker in die Kirche zur Andacht lockt?

Hoffentlich nicht. Wirtschaftlich geht es der Apotheke allerdings in der Tat nicht gerade blendend (siehe die Wirtschaftszahlen in der letzten Ausgabe der DAZ). Mit einem Betriebsergebnis von 0,3 Prozent des Bruttoumsatzes lebt unsere Branche alles andere als fürstlich. Das Vorsteuereinkommen eines Apothekers mit einer typischen Apotheke fällt mit 79.000 Euro – 7 Prozent weniger als im Jahr zuvor – ebenfalls nicht rosig aus. Die Spargesetze wirken, der erhöhte Zwangsrabatt an die Kassen wird in diesem Jahr rund weitere 4000 Euro wegnehmen. Und dass die Ausgaben für Personal und Sachkosten nicht geringer werden, sondern eher ansteigen, dürfte jedem klar sein. Der erhöhte Mehraufwand für die Bewältigung des Rabattchaos (EDV-Kosten, hohe Defektquote, hoher Beratungsaufwand, der nicht vergütet wird, und möglicherweise abspringende Kunden) werden das Ergebnis zusätzlich drücken. Ganz abgesehen davon, dass der eine oder andere sich mit "lieben Kollegen" in der Nachbarschaft konfrontiert sieht, die ihr Heil in Preisdumping und -kämpfen suchen statt in einer Pharmazie, die sich der Beratung mit Herz und Verstand annimmt.

Hinzu kommt, dass interessierte Kreise wie Celesio/Gehe versuchen, die Diskussionen um den Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbots anzuheizen, nur um letztlich eigene Interessen, eigenes Wachstum voranzutreiben. Folgt man den Worten des DAV-Vorsitzenden Keller, so steht das Fremd- und Mehrbesitzverbot derzeit nicht auf der politischen Tagesordnung. Das mag zwar eben noch stimmen, doch wer sagt denn, dass dies auch weiterhin so bleiben wird? Dass der Deutsche Apothekerverband deshalb gleich "alle Unternehmen aus der Gesundheitsbranche auffordert, die Debatte über das in Deutschland geltende Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken zu beenden", erscheint mir dabei vermessen und weltfremd. Das klingt beinahe so, wie wenn man bei einem herannahenden Sturmtief die Parole ausgibt, das Gerede über den Sturm zu beenden, dann wird er schon keinen Schaden anrichten.

Nein, man kann dazu nicht schweigen, was Celesio hier veranstaltet. Und man kann nicht oft genug davor warnen, wohin diese Aktivitäten führen. Auch wenn die Celesio- und Gehe-Manager versuchen, ihre Aktivitäten schön zu reden, es gibt einfach Fakten, die man sehen muss:

  • Die Saarbrücker DocMorris-Apotheke, die gegen geltendes deutsches Recht in Betrieb ist, wird weitergeführt. Celesio veranlasst seine Tochter DocMorris nicht, die Betriebserlaubnis zurückzugeben.
  • Celesio-Chef Fritz Oesterle will die Apothekenkette in Deutschland. Er verfolgt dieses Ziel mit großer Energie, auch auf politischer Ebene, und versucht, Meinungsbildner davon zu überzeugen.
  • Celesio betreibt seit Jahren bereits Apothekenketten im europäischen Ausland – mit Erfolg für sein Unternehmen. Über 130.000 Euro (vor Steuern) zieht er durchschnittlich aus jeder Apotheke – zum Nutzen der Eigner. Kein Wunder, wenn Oesterle erklärt, dass das Geld im Einzelhandel verdient wird.
  • Das Großhandelsunternehmen Gehe als Tochter der Celesio stellt sich mit der Absicht, Apothekenketten aufzubauen, gegen seine Kunden, die ihr Aus- und Einkommen mit der inhabergeführten Apotheke erwirtschaften.
  • Celesio/Gehe ist damit der Totengräber des freiberuflich tätigen Apothekers – eine Kette kennt nur Angestellte, keine Freiberufler.
  • Mit dem Vorantreiben des DocMorris-Franchise-Konzeptes beschert Gehe seinen Kunden die Discount- und Billigkonkurrenz im eigenen Haus.
  • Der Ausbau des DocMorris-Franchise-Konzepts steht im deutlichen Widerspruch zum Gehe-Commitment-Konzept – ein Schlag ins Gesicht der Commitment-Apotheker. Da hilft auch ein "trennscharfes Profil" zwischen beiden Konzepten nicht, wie Gehe-Chef Blümel es ankündigte, das ist schlichtweg ein Verprellen der eigenen Kundschaft.

Wer sich das weiterhin gefallen lassen und diesen Weg unterstützen will, wer diese Celesio-Absichten voll mitträgt, ist bei Gehe richtig aufgehoben. Alle anderen, die sich mit dieser Celesio-Gehe-DocMorris-Philosophie nicht anfreunden wollen, die nichts von ihrem sauer erwirtschafteten Geld abgeben wollen, um das Wachstum von Gehe, DocMorris, Celesio, Haniel und Metro voranzutreiben, können einfach mal kurz nachdenken – mir würde da etwas einfallen. Nein, beten hilft da nicht mehr. Taten sind gefragt.

Peter Ditzel

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