DAZ aktuell

15. Apotheker-Informationstagung der Gehe

Apotheker sollen sich gesprächsbereit zeigen

BERLIN (ks). Gehe-Chef André Blümel sucht den konstruktiven Dialog mit den Apothekern: "Wir laden die Apothekerverbände, auch im Namen von Celesio, zum Gespräch ein – zu einem sehr nahen Zeitpunkt", erklärte er am 10. Mai auf der Gehe-Apotheker-Informationstagung in Berlin. Eine Diskussion mit Gesundheitspolitikern der Bundestagsfraktionen zeigte zudem: Auch diese wünschen sich von den Apothekern mehr Gesprächsbereitschaft beim Thema Liberalisierung.

Seit Celesio Ende April überraschend DocMorris gekauft hat, ist das Verhältnis des Stuttgarter Großhandelsunternehmens zu seinen Kunden gespannt. Zwischen den Apothekerverbänden und Gehe herrscht Funkstille. Auch die als Referentin geladene Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Magdalene Linz, hatte ihre Teilnahme an der Gehe-Veranstaltung einen Tag zuvor abgesagt. Für Blümel ein weiteres Zeichen dafür, dass sich die organisierte Apothekerschaft passiv zeigt, statt sich der Diskussion aktiv zu stellen. Er führt dies nicht zuletzt auf Fehlinformationen zurück. Soweit der Eindruck entstanden sei, Gehe wolle den Liberalisierungsprozess auf dem deutschen Apothekenmarkt aktiv vorantreiben, so sei dieser falsch. "Wir haben keine schlafenden Hunde geweckt – sie sind schon lange wach", erklärte Blümel.

Viele Gehe-Kunden sehen dies anders. Sie wandten sich spontan von ihrem Großhändler ab. Doch dass man "Federn lassen werde", war Gehe vor dem Coup bereits klar. Und so hat der Außendienst des Unternehmens derzeit viel zu tun, um die Apotheker bei Stange zu halten. Auch auf der Berliner Veranstaltung wurden kritische Fragen laut. Unklar ist manchem, wie die Strategie aufgehen soll, die Kooperation "Commitment" neben der Marke DocMorris zu positionieren. Steht hier Qualität gegen Discount? Und muss die "Gesund leben"-Apotheke damit rechnen, dass gegenüber in Kürze das DocMorris-Logo prangt? Blümel versicherte, dass man eine trennscharfe Abgrenzung beider Profile wolle – die näheren Inhalte werde man in den kommenden Tagen bestimmen. Der Gehe-Chef betonte, man wolle die Marke DocMorris "mit unseren Kunden partnerschaftlich entwickeln". Welchen Stellenwert dabei die bisherige Kundschaft habe, zeigten die Zahlen: Rund 8500 Gehe-Kunden stünden den für die kommenden zwei bis drei Jahre anvisierten 500 DocMorris-Markenpartnern gegenüber. "An diesem Verhältnis sollten Sie uns messen", so Blümel. Einige Gehe-Kunden sähen es auch gerne, wenn Celesio dafür sorgen würde, dass DocMorris die Betriebserlaubnis für seine Saarbrücker Fremdbesitz-Apotheke zurückgeben würde. Diesen Wunsch wies Blümel mit der Argumentation zurück, dass dann der nächste – womöglich branchenfremde – Investor käme.

Spahn warnt vor Rückzugsgefechten

Die Diskussion mit Bundestagsabgeordneten zeigte, dass Celesios Vorbereitung auf Apothekenketten nur begrenzten Rückhalt in der Politik hat. Einzig die Grünen fordern, das Fremd- und Mehrbesitzverbot möglichst schnell zu kippen. Im vergangenen Herbst stellten sie im Bundestag einen entsprechenden Antrag, der jedoch von den übrigen Fraktionen einhellig abgelehnt wurde. Die Kritiker in der damaligen Debatte stehen auch heute noch zu ihren Aussagen. Unions- und FDP-Politiker teilen jedoch die Auffassung, dass sich die Apotheker angesichts der jüngsten Entwicklungen der Diskussion stellen müssten. Jens Spahn (CDU) griff gar auf das Vokabular des Celesio-Chefs Fritz Oesterle zurück: Sollte der Europäische Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen, das Fremdbesitzverbot verstoße gegen europäische Grundfreiheiten, stehe ein "Wildwest-Szenario" bevor. Daher sei es notwendig, zuvor gemeinsam mit den Apothekern nachzudenken, was in einem solchen Falle zu tun ist. Dies sei sinnvoller, als "Rückzugsgefechte" zu führen, wie es gegenwärtig beim Versandhandel der Fall sei. Der vom nordrhein-westfälischen Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) vorangetriebenen Bundesratsinitiative, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneien wieder zu verbieten, räumt Spahn keine Chancen ein.

Für Wettbewerb lässt sich auch anders sorgen

Auch der FDP-Politiker Daniel Bahr ist überzeugt, dass den Apothekern Änderungen bevorstehen. Er forderte sie ebenfalls auf, offensiv in die Debatte um mehr Wettbewerb zu gehen und eigene Vorschläge zu unterbreiten. Dabei müsse sich jeder Änderungsvorschlag daran messen lassen, ob er für Verbesserungen sorgt oder die Arzneimittelversorgung zumindest gleich gut sicherstellt wie gegenwärtig. Ziel könne es jedenfalls nicht sein, dass am Ende ein Oligopol die Preise bestimmt. Bahr betonte, dass unter diesem Stichwort "mehr Wettbewerb" keinesfalls nur die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzes zu diskutieren sei: "Es ist ja nicht so, als ob der Arzneimittelmarkt ganz und gar wettbewerblich durchorganisiert wäre". Festbeträge und andere Instrumentarien müssten ebenfalls auf den Prüfstand. Wie Spahn geht auch Bahr davon aus, dass der Laumann-Vorschlag zum Versandhandel erfolglos bleiben wird. Er betonte, dass es hierzu keine Beschlusslage im nordrhein-westfälischen Landtag gebe.

SPD klar für Fremdbesitzverbot

Selbst in der Linksfraktion ist man mittlerweile überzeugt, dass der EuGH das Fremdbesitzverbot kippen wird. "Das Prinzip Hoffnung bringt uns in der Debatte nicht weiter", betonte Frank Spieth. Dennoch bleibt seine Partei dabei: Das Fremd- und Mehrbesitzverbot hat seine Berechtigung. Für Marlies Volkmer (SPD) ist die Entwicklung in der EU hingegen noch nicht klar absehbar. Für sie ist die inhabergeführte Apotheke mit ihrem direkten Patientenkontakt nach wie vor "ein Zukunfts- und kein Auslaufmodell". Dass Ketten Effizienzreserven heben können, bezweifelt Volkmer. Zu befürchten sei vielmehr eine vertikale Konzentration vom Hersteller über den Großhändler zum Apotheker – mit der Folge eines Preisdiktates. Den anwesenden Apothekern versicherte Volkmer: "Seitens der SPD wird der Fremd- und Mehrbesitz keinesfalls vorangetrieben". Damit erntete sie den einzigen satten Zwischenapplaus.

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