Arzneimittel und Therapie

Morbus Crohn bei Kindern

TNF-alpha-Blocker ab sechs Jahren empfohlen

Die Therapie mit Steroiden ist bei Kindern mit schwerem Morbus Crohn wegen der drohenden Wachstumsverzögerung nicht unproblematisch. Mit dem TNF-alpha-Blocker Infliximab (Remicade®), für den die europäische Zulassungsbehörde EMEA die Zulassung auch für Kinder ab dem sechsten Lebensjahr empfohlen hat, gibt es wohl künftig eine therapeutische Alternative.

Bis zu einem Drittel der Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung entwickeln die Störung bereits im Kindes- oder Jugendalter, wobei insbesondere der Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen an Häufigkeit zunimmt. Die Behandlung der betroffenen Kinder ist nach wie vor eine medizinische Herausforderung. Denn mehr noch als bei Erwachsenen kommt es bei ihnen darauf an, möglichst rasch eine Remission zu erreichen und die Krankheitsaktivität zurückzudrängen und ein möglichst langes rezidivfreies Intervall zu gewährleisten. Nur so kann dafür gesorgt werden, dass die Kinder nicht per se durch die Erkrankung Entwicklungs- und Wachstumsdefizite erleiden.

Zu erreichen ist die Remission beim akuten Schub häufig jedoch nur durch eine Corticoidtherapie. Diese aber führt bei Kindern nicht nur zu den üblichen Nebenwirkungen sondern birgt zusätzlich die Gefahr einer spürbaren Wachstumsverzögerung. Seit Jahren wird deshalb versucht, Corticoide bei der Behandlung einzusparen und stattdessen eher mit Immunsuppressiva wie Azathioprin zu behandeln.

Mit dem TNF-alpha-Blocker Infliximab wird es künftig eine weitere Therapieoption für Kinder ab dem sechsten Lebensjahr geben. Indiziert ist das Präparat entsprechend der Empfehlung der EMEA (European Medicines Agency) bei "Patienten mit schwergradigem aktivem Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter, die auf eine konventionelle Therapie einschließlich einem Corticoid, einem Immunmodulator und einer primären Ernährungstherapie nicht angesprochen haben oder bei denen eine Unverträglichkeit oder eine Kontraindikation gegen solche Therapien besteht".

Phase III-Studie zur klinischen Wirksamkeit

Dass eine erfolgreiche und auch sichere Behandlung mit dem TNF-alpha-Blocker bei Kindern möglich ist, belegen die Daten der multizentrischen, doppelblinden, randomisierten REACH-Studie (Randomized Multicenter, Open-label Study to Evaluate the Safety and Efficacy of Anti-TNF-alpha Chimeric Monoclonal Antibody Remicade). In der Untersuchung wurden 112 Patienten im Alter zwischen sechs und 17 Jahren mit moderatem bis schwerem Morbus Crohn, bei denen ein Immunsuppressivum nicht ausreichend wirksam war, im Cross-over-Design zusätzlich mit Infliximab behandelt. Der Wirkstoff wurde in einer Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht gegeben und zwar zu Beginn der Studie sowie nach zwei und sechs Wochen. Bei Besserung nach der zehnten Studienwoche wurde auf eine Erhaltungstherapie mit zwei Behandlungsintervallen umgestellt. Eine Studiengruppe erhielt das Medikament dann alle acht Wochen, die andere Gruppe alle zwölf Wochen.

Nach der zehnwöchigen Studienphase zeigten 88,4% der Patienten eine positive Behandlungsreaktion, 59% befanden sich in Remission. Mit einer anhaltenden Besserung von 73% nach 30 Wochen und mit 50% nach 54 Wochen war der Therapieerfolg in der Gruppe mit achtwöchigem Behandlungsintervall signifikant besser als bei zwölfwöchiger Therapie (Besserungsraten von 47 respektive 35%). Parallel zur Besserung des klinischen Bildes ging der Kortisonbedarf der Patienten zurück.

Unbeherrschbare Nebenwirkungen traten in der Studie nicht auf. Allerdings wurde bei 11% der Kinder und Jugendlichen eine Anämie gesehen, bei 36% kam es zu Infektionen der oberen Atemwege, bei 17% zu Infusionsreaktionen und bei 8% trat eine schwere Infektion auf. <

Quelle

Prof. Dr. Ulf Müller Ladner, Bad Nauheim; Prof. Dr. Herbert Kellner, München; Prof. Dr. Michael Radke, Potsdam; Prof. Dr. Matthias Augustin, Hamburg: "Versorgungssituation von Patienten mit TNF-α-assoziierten chronisch-entzündlichen Erkrankungen", Wiesbaden, 16. April 2007, veranstaltet von der Essex Pharma GmbH, München.

Christine Vetter, freie Medizinjournalistin
Infliximab (Remicade®) ist ein rekombinant hergestellter chimärer (Anteile von Mensch und Maus) monoklonaler Abwehrkörper, der mit hoher Affinität an den Tumornekrosefaktor alpha (TNF α) bindet. Infliximab hemmt die biologische Aktivität von TNF α, indem es selektiv sowohl freies als auch membrangebundenes TNF α bindet. Dadurch wird verhindert, dass TNF α am Rezeptor angreift und eine Entzündungskaskade in Gang setzt. Er stellt das gestörte Gleichgewicht zwischen pro- und antiinflammatorischen Zytokinen wieder her. In Deutschland ist Infliximab zugelassen:
  • bei rheumatoider Arthritis in Kombination mit Methotrexat zur Reduktion der Symptomatik und Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit;
  • bei Morbus Crohn zur Behandlung eines schwergradigen, aktiven M. Crohn bei Patienten, die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapie mit einem Corticosteroid und/oder einem Immunsuppressivum nicht angesprochen haben;
  • bei Colitis ulcerosa zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven C. ulcerosa bei Patienten, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben;
  • bei ankylosierender Spondylitis zur Behandlung von Patienten mit schwerer Wirbelsäulensymptomatik, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben;
  • bei Psoriasis-Arthritis zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden Erkrankung bei Erwachsenen, wenn deren Ansprechen auf eine vorhergehende krankheitsmodifizierende, antirheumatische Arzneimitteltherapie unzureichend gewesen ist;
  • bei Psoriasis zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis vom Plaque-Typ bei Erwachsenen, die auf eine andere systemische Therapie nicht angesprochen haben.

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