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Deutsche Patienten Initiative GmbH

Neue Auswüchse im Gesundheitswesen

Im November 2006 gegründet, seit März 2007 auch online erreichbar ist eine "Deutsche Patienten Initiative GmbH" (DPI). Was auf den ersten Blick wie eine Selbsthilfe- oder Verbraucherschutzorganisation klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine nach amerikanischem Vorbild organisierte Gesundheitsmaklerfirma.

Angepriesen werden hochwertige Gesundheitsvorsorge, bezahlbare Preise und Kostenvorteile für "Mitglieder". Laut Homepage der DPI (www.dpi-info.de) wurde die Initiative von Patienten für Patienten gemacht. Dahinter stehen allerdings erkennbar nur die beiden Hamburger Geschäftsführer der GmbH. Dass der Name Ähnlichkeit mit dem eingetragenen Verein Patienteninitiative e.V. hat, der tatsächlich unabhängig berät, kann Interessenten auf die falsche Fährte führen.

Laut Internetauftritt wird die Firma DPI als "eine politisch und finanziell unabhängige neue Vereinigung der Patienten im Gesundheitssystem" beworben. Liest man allerdings weiter, kommen auch die Kooperationspartner zutage, nämlich die EU-Versandapotheke (eine Online-Präsenz der Apotheke im Lausitzpark in Cottbus), die AXA-Versicherung, die Damp Touristik GmbH, ein Kurhotel in Bad Harzburg, die InteraDent Zahntechnik AG in Lübeck und andere.

Versprochen werden im Leistungsumfang für Mitglieder Arztbonus, Zahnpaket, Arzneimittelpaket, Präventionspaket und Soforthilfecenter für zirka 120 Euro im Jahr plus 10 Euro Aufnahmegebühr. Beleuchtet man die einzelnen Bausteine genauer, dann schmelzen sie sehr schnell zusammen, gerade im Apothekenbereich: Hier wird damit geworben, dass Arzneimittel per Telefon bestellt werden können, zum Preis von 12,4 Cent pro Minute. Dazu kommen 100 Prozent Erstattung der Zuzahlung, ein Rabatt auf rezeptfreie Medikamente bis zu 70 Prozent, Niedrigpreisgarantie beim Medikamentenkauf und 5 Euro Bonus bei der – versandkostenfreien – Bestellung rezeptfreier Medikamente.

Zum Vergleich: Von Zuzahlungen sind Patienten ohnehin befreit, wenn es sich um Arzneimittel handelt, für die es Festpreise gibt. Das gilt auch für Patienten, die sich bei ihrer Krankenkasse im Hausapotheken-/Hausarzt-Modell eingeschrieben haben. Befreit werden können außerdem alle Patienten, die mehr als zwei Prozent des Bruttojahreseinkommens aufwenden müssen – Patienten mit chronischen Erkrankungen bereits bei einem Prozent.

Beispielrechnungen anhand von "Fallbeispielen", wie viel Geld Patienten im letzten Jahr eingespart hätten, kann man auf der Homepage ebenfalls nachlesen. Bei näherem Nachdenken verwundert dies aber, da die Firma noch nicht mal ein halbes Jahr lang existiert.

Bonusregelung: Urteil des OLG München

Zur Bonusregelung für zuzahlungsfreie Arzneimittel sei angemerkt, dass es dazu bereits ein Urteil des Oberlandesgerichts in München zu DocMorris gibt: Die Versandapotheke musste daraufhin das Bonus-Programm wegen Wettbewerbswidrigkeit wieder einstellen. Bei der Urteilsbegründung hatte die Richterin argumentiert: Patienten würden dazu verführt, nicht medizinisch indizierte Verschreibungen vorzulegen und damit entstünden Kosten im Gesundheitswesen, die es sonst nicht gäbe.

Diese Problematik lässt sich auf den Arztbonus übertragen: DPI-Mitglieder erhalten ab vier Arztbesuchen pro Jahr 30 Euro Erstattung; bei drei Konsultationen sind es nur 7,50 Euro. Eine solche Bonusregelung fordert den Patienten geradezu heraus, auch noch einen vierten Arztbesuch zu absolvieren. Damit werden die Krankenkassen für einen weiteren, aber unnötigen Arztbesuch belastet. Zum Vergleich: Beim Hausapotheken-/Hausarzt-Modell entfällt die Praxisgebühr für Patienten, die sich dafür in die Programme der integrierten Versorgung der Krankenkassen einschreiben, ebenfalls.

Zahnunfallversicherung: wirklich notwendig?

Ein weiteres "Highlight" der DPI ist eine Zahnunfallversicherung: Bei Unfall erhalten Mitglieder 100 Prozent ihrer Kosten erstattet, zudem den Eigenanteil beim Zahnersatz bis zu 100% und eine jährliche Fluoridversiegelung kostenfrei. Der eventuell nötige Zahnersatz wird übrigens in Manila gefertigt, so erklären sich bis zu 60 Prozent Einsparungen. Fraglich erscheint die Notwendigkeit einer solchen Zahnunfallversicherung, die der Versicherungspartner übrigens auch selbst für 4,39 Euro auf der eigenen Homepage anbietet.

Mit dem Angebot zur Finanzierung ist ein Kredit gemeint, den der Kooperationspartner InteraDent gewährt – mit einem effektiven Jahreszins zwischen 7,9 und 8,9 Prozent (Stand November 2005).

Keine Alternative zur Präsenzapotheke!

Arzneimittel sind und bleiben eine besondere Ware, deren Abgabe es erfordert, mit dem Patienten vor Ort persönlich zu sprechen. Weder per Internet noch per Telefon kann man sehen, ob eine Kundin schwanger ist, Hautprobleme oder Allergien hat, unter- oder übergewichtig ist oder sonstige Besonderheiten aufweist. In dem Moment, in dem ein Patient die Apotheke betritt, erfassen die Angestellten viele Informationen, die bei einem Telefonat gar nicht zur Sprache kommen würden. Zudem können Präsenzapotheken mit den heute weit verbreiteten Kundenkarten leicht kontrollieren, welche Medikamente aus dem Bereich der Selbstmedikation noch eingenommen werden und welche Interaktionen zu beachten sind.

Abschließend erübrigt sich fast die Frage, wer wohl am meisten von der DPI profitiert: die Patienten oder die beiden Initiatoren und Geschäftsführer?

Barbara Neusetzer ADEXA, Erste Vorsitzende

Quellen

www.dpi-info.de

www.axa.de

www.barmer.de

www.welt.de

OLG München, Urteil vom 22.03.2007, Az. 29 U 5300/06.

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