DAZ aktuell

Apothekenkooperation Parmapharm

Aufbruchstimmung nach kontroverser Debatte

BONN/BIELEFELD/HAMBURG (tmb). Wie weit muss eine Kooperation gehen, um sich aktiv zu positionieren? Wie weit darf sie höchstens gehen, um die Unabhängigkeit der Mitglieder zu wahren? Dies wurde bei den jüngsten Gesellschafterversammlungen der Apothekenkooperation Parmapharm am 21. und 22. April in Bonn intensiv diskutiert. Als Ergebnis sehen sich Beirat und Geschäftsführung gestärkt für neue Maßnahmen zur intensiveren Marktdurchdringung.

Zuvor hatte es unter Parmapharm-Mitgliedern einen zunehmenden Diskurs über zwei Themen gegeben. Erstens propagiert die Parmapharm-Zentrale eine strategische Partnerschaft mit Pro Medisoft als bevorzugtem Softwarehaus, um künftig eine möglichst einheitliche Datenbasis zu schaffen, und zweitens beteiligt sich nur etwa die Hälfte der Mitglieder an dem Bonusprogramm Happy Digits. Dahinter steht die Frage, wie groß der Entscheidungsspielraum der Mitglieder sein soll. Viele Mitglieder sahen zunehmend die Gefahr, Rechte zu verlieren, wodurch die Kooperation sich einem Franchise-Konzept annähern würde. Andere unterstützten dagegen das offensive Vorgehen des Beirats und der Geschäftsführung als notwendige Positionierung in einem bewegten Markt. Daraufhin war sogar eine Spaltung der Kooperation befürchtet worden.

Bei einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 21. April und der ordentlichen Gesellschafterversammlung am folgenden Tag wurden die kontroversen Standpunkte ausgetauscht. Dabei waren etwa 320 Mitglieder anwesend und weitere knapp 300 durch Vollmachten vertreten. Zur Kooperation gehören 758 Gesellschafter mit 904 Apotheken, davon nehmen 343 am Bonusprogramm Happy Digits teil.

Eine Beschlussvorlage für eine noch weiter als bisher reichende Verbindlichkeit der Beschlüsse des Beirats, für die eine Mehrheit von drei Vierteln aller Mitglieder erforderlich gewesen wäre, wurde abgelehnt. Doch votierten die Mitglieder mit deutlicher Mehrheit für ein neues Konzept unter dem Motto "Wir gestalten Zukunft" und beauftragten den Beirat zu entsprechenden Maßnahmen, die von den Geschäftsführern Thomas Worch und Frank Stuhldreier präsentiert wurden. Demnach soll der Außenauftritt der Mitgliedsapotheken überarbeitet und die Marke "Gesund ist bunt" verstärkt als Erkennungs- und Qualitätszeichen positioniert werden. Der Einkauf werde künftig über ein zentrales Netzwerk erfolgen, um den Bedarf der Apotheken bundesweit zu ermitteln und die Einkaufskonditionen zu verbessern. Dazu gehöre eine Kernsortimentsstrategie in Zusammenarbeit mit Industriepartnern. Außerdem solle die Hotline zu einem kostenlosen telefonischen Gesundheitsdienst ausgebaut und die Funktion der gemeinsamen Kundenkarte in Zusammenarbeit mit Happy Digits erweitert werden.

Oberstes Ziel der Kooperation sei es, den wirtschaftlichen Erfolg der Gesund-ist-bunt-Apotheken bei gleichzeitiger Wahrung der Unabhängigkeit zu sichern. "Die parmapharm wird auch in Zukunft unabhängig bleiben", erklärte Frank Stuhldreier, der das Engagement verantwortungsbewusster Inhaberapotheker hervorhob und gegen die aggressive Preispolitik von Discount-Apotheken Stellung bezog.

Thomas Worch erklärte gegenüber der DAZ, hinsichtlich der Software bleibe es bei der mittelfristig orientierten Strategie, Mitgliedsapotheken bei auslaufenden Verträgen eine einheitliche Wahl des Softwareanbieters nahezulegen. Doch könnten Mitglieder mit anderen Softwarepartnern auch künftig alle Leistungen der Parmapharm in Anspruch nehmen. Es sei Sache der Apotheker als Kunden der Softwarehäuser, dort alle gewünschten technischen Umsetzungen einzufordern.

Neue Beiratsmitglieder

Der Beiratsvorsitzende Dr. Harald Perschbacher betonte die Aufbruchstimmung der Kooperation, die ein klares Signal an Geschäftsführung und Beirat sei, die vorgestellten Strategien schnellstmöglich zu realisieren. Er erklärte, dass die Parmapharm als geschlossener und verlässlicher Partner im Markt agiert. Perschbacher wurde für weitere drei Jahre als Beiratsvorsitzender bestätigt, sein Stellvertreter ist künftig Ulrich Schwarze, Geschäftsführer der Beauty Alliance Deutschland GmbH&Co. KG. Florian Picha wurde turnusmäßig wiedergewählt. Christa Steffer, Hamburg, und Dieter Harfensteller, Heilbronn, wurden als neue Mitglieder des Beirats gewählt, Holger Gnekow hatte nicht wieder kandidiert, Tobias Loder hatte sein Amt niedergelegt.

Gegenüber der DAZ erklärte Christa Steffer, der bisherige Beirat und die Geschäftsführung hätten sich konstruktiv und niveauvoll mit der von ihr und anderen Mitgliedern vorgebrachten Kritik auseinandergesetzt und bekräftigt, dass ihnen an jedem Mitglied gelegen sei. Sie halte mehr Transparenz und Überzeugungsarbeit vor Beschlussfassungen für nötig. Auf der Grundlage von Überzeugungen und des daraus entstehenden Vertrauens könne dann auch die für Kooperationen notwendige Verbindlichkeit eingefordert werden. "Wir müssen sorgfältig arbeiten, denn wir haben keine Zeit", meinte Steffer, dagegen dauere es länger, die Überzeugungsarbeit erst nach den Beschlüssen zu leisten. Die bei der Mitgliederversammlung geführten Diskussionen betrachtet sie als gute Grundlage für die weitere Entwicklung der Kooperation, die angesichts der Marktsituation für die Mitglieder sehr wichtig sei.

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