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Spezielle Software erforderlich

Foto: ABDA

Es wurde ein neuer Satz in den § 129 des Sozialgesetzbuches V eingefügt, der genau dieses bestimmt. Zur Erinnerung: § 129 SGB V ist die Vorschrift, mit der die Apotheker durch die Aut-idem-Regelung bereits früher zur "preisgünstigsten Abgabe" verpflichtet wurden. Nun steht zusätzlich folgender Satz in § 129 Abs. 1 SGB V:

"Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 SGB V besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist."

Und dies ist nur der erste Teil der Vorschrift. Der Übersicht halber soll hier nur dieser Satz erläutert werden.

Wenn man weiß, dass § 130a Abs. 8 SGB V nichts anderes beinhaltet als die neuerdings möglichen Rabattvereinbarungen zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen, kommt gleich Licht in das Dunkel.

Wir halten also fest, dass zu der bereits geltenden Abgabe

  • preiswerterer wirkstoffgleicher Arzneimittel und
  • günstigerer Importarzneimittel nun
  • beachtet werden muss, welche Kasse mit welchem Hersteller einen gesonderten Rabattvertrag hat.

Um die Logistik hierfür zu gewährleisten, haben viele Apotheken Ende März eine entsprechende Software eingespielt oder Listen von den einzelnen Kassen abgefordert.

Das tägliche Geschäft erweitert sich also nunmehr für alle "abgebenden" Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter dahin, dass sie bei bestimmten Kassen sofort in der EDV nachsehen, welcher Hersteller denn nun dort Vertragspartner ist. Angefangen haben die AOK und die Techniker Krankenkasse – inzwischen haben auch die Ersatzkassenverbände für viele ihrer Kassen Rabattverträge abgeschlossen.

Wenn dann das falsche Präparat abgegeben wird, kommt es zur Retaxation – sogar mit der möglichen Folge, dass gar nichts ersetzt wird. Die Kassen drohen zumindest derzeit damit, dass dies der Fall sein wird. Obwohl man sich sicherlich überlegen müsste, ob sie nicht wenigstens den Betrag abzüglich des Mehrpreises und der Rabattierung ersetzen müssten – oder gibt es da etwa Knebelverträge mit den Herstellern?

Lieferengpässe sind vorprogrammiert

Was tun, wenn das Arzneimittel gar nicht lieferbar ist? Denn diese Gefahr besteht zumindest bei Kontrakten mit kleinen, nicht flächendeckend anbietenden Unternehmen. Fakt ist und bleibt, dass die Apotheke nicht von ihrer gesetzlichen Pflicht frei wird, die Versicherten mit ärztlich verordneten Arzneimitteln zu versorgen. Außerdem ist vereinbart worden, dass bis zum 31. Mai eine Art Friedenspflicht besteht (laut Auskunft der TK) – in dieser Zeit soll es noch nicht zu Retaxationen kommen. Unklar ist aber weiterhin, welche Möglichkeiten es bei Lieferengpässen gibt.

Vorläufig ist daher nur zu empfehlen: Bitten Sie den Großhandel um schriftliche Bestätigung des Lieferengpasses bzw. führen Sie die Korrespondenz schriftlich (Mail oder Fax), um dies zumindest nachweisen zu können.

Der BVDA (Bundesverband Deutscher Apotheken) empfiehlt sogar, die Patienten im Zweifel zum Arzt zurückzuschicken, damit sie sich dort das Rezept neu ausstellen oder ändern lassen.

Alles in allem wird in der Apotheke fortan ein noch gründlicheres Studium der Rezepte vonnöten sein. Je nachdem, welche Möglichkeit der im Handverkauf stehenden Person zur Verfügung steht, den richtigen Hersteller der richtigen Krankenkasse zuzuordnen, wird es zumindest in Apotheken Wartezeiten geben und der von allen heißgeliebte Satz "Wir haben das im Moment nicht vorrätig, ich kann es Ihnen aber zu … bestellen" wird wieder neu eingeübt werden müssen.

Informationspflicht des Arbeitgebers

Wenn alle diese Dinge beachtet werden, bleibt eine Haftung der Angestellten bei einer Retaxation ausgeschlossen! Die Informationspflicht, wie dieser neuen Situation in Ihrer Apotheke Rechnung getragen wird, trifft den Apothekenleiter.

Iris Borrmann, Rechtsanwältin ADEXA, Leiterin Justiziariat
Die neuen Rabattverträge: Es besteht die Gefahr, dass ein rabattiertes Arzneimittel nicht lieferfähig ist und der Kunde nicht bedient werden kann.

Achtung: Neue Regeln bei der Abgabe!

Seit dem 1. April gibt es sie nun, die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern, die auch Apotheken verpflichten können, genau festgelegte Präparate für bestimmte Kassenpatienten abzugeben. Diese neuen Regelungen betreffen alle pharmazeutischen Angestellten!

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