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Nach Testkäufen

"Arzneimittelversand endlich verbieten"

(avwl/daz). Die jüngsten Ergebnisse einer Untersuchung über die erheblichen Gefahren bei Arzneimittelbestellungen aus dem Internet (siehe Apotheker Zeitung Nr. 14 vom 2. April) sind für den Apothekerverband Westfalen-Lippe (AV-WL) in Münster erneut Anlass für die Forderung nach Gesetzesänderungen. "Die Politik muss nicht unbedingt warten, bis es die ersten Toten gibt", sagte AVWL-Vorsitzender Apotheker Dr. Horst-Lothar Müller (Menden). Bund und Länder forderte Müller auf, die angekündigte Bundesratsinitiative Nordrhein-Westfalens für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu unterstützen.

Immer mehr fragwürdige Anbieter von Medikamenten würden zu einer Gefahr für Leib und Leben von Betroffenen, heißt es in der Pressemitteilung des Verbands. Die Nachrichten über gefälschte Arzneimittel und den Medikamentenmissbrauch über den Internethandel kommen in immer kürzeren Abständen. Soeben hat die Stiftung Warentest eine entsprechende Untersuchung vorgestellt. Untersucht worden waren 16 Schlankheitsmittel. 13 davon enthielten riskante Inhaltsstoffe mit starker Gesundheitsgefährdung. Alle Schlankheitsmittel waren in Deutschland nicht zugelassen und wurden im Internet illegal vertrieben.

Ende Februar kam bereits der Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB) der Vereinten Nationen in seinem Jahresbericht zu dem Schluss, dass der Missbrauch von Medikamenten auch in Europa zu erheblichen Problemen führen wird. Vor allem Schmerzmittel würden in überhöhter Dosierung gebraucht. Vielen Verbrauchern sei nicht bewusst, dass der Missbrauch von Arzneimitteln gefährlicher sein könne als der von Rauschmitteln. Eine im Februar vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in Eschborn vorgelegte Studie bei einem rezeptpflichtigen Haarwuchsmittel hatte zu einem ähnlichen Ergebnis geführt. Auch hier waren die meisten Anbieter unseriös, lieferten gefälschte oder überteuerte Ware oder buchten ohne Lieferung von der Kreditkarte ab.

Nach den Worten Müllers gibt es auch aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Münster vom November 2006 zur Rezeptsammlung in apothekenfremden Betrieben Handlungsbedarf für die Politik. Anderenfalls könne bald eine Arzneimittelabgabe überall ohne kompetente Beratung erfolgen. "Wenn der Staat schon mit Gammelfleischskandalen nicht fertig wird, soll er nicht auch noch die sichere und zuverlässige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gefährden", sagte Müller.

Die Aufhebung des Versandhandelsverbots sei seinerzeit von der rot-grünen Bundesregierung und der schon damals amtierenden Gesundheitsministerin Ulla Schmidt "in vorauseilendem Gehorsam" gegenüber der Europäischen Union betrieben worden. Später habe sich dies als überflüssig erwiesen, weil die EU die Zulassung des Versandhandels mit Medikamenten gar nicht gefordert habe. Durch diesen politischen Bärendienst an den Verbrauchern sei die Gefahr immer größer geworden, dass Verbraucher Arzneimittel bei Versandapotheken bestellen, ohne über die Risiken der Einnahme informiert zu werden.

Müller begrüßte die Bemühungen der nordrhein-westfälischen Landesregierung, sich für ein Versandhandelsverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel einzusetzen. Damit seien die Chancen für eine sichere Versorgung gestiegen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat in Abstimmung mit Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers angekündigt, nach Abschluss der zum 1. April in Kraft tretenden Gesundheitsreform eine Bundesratsinitiative zu starten, "den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten wieder zu verbieten".

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