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Allergien und Autoimmunerkrankungen

Subjektiv heißt nicht eingebildet

Allergien zählen zu den Volkskrankheiten. Sie haben eine hohe Prävalenz und eine starke Zunahme im Auftreten. In den meisten europäischen Ländern sind schätzungsweise 10 bis 12% der Bevölkerung betroffen. Dabei ist es nicht mehr nur eine Erkrankung der westlichen Wohlstandsgesellschaft, so Prof. Dr. Johannes Ring, München.

Die Zunahme allergischer Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten wird als weltweites Phänomen angesehen. Ring definierte eine Allergie als eine spezifische Änderung der Immunitätslage im Sinne einer krankmachenden Überempfindlichkeit. Dabei richtet sich die Immunreaktion gegen exogene Stoffe aus der Umwelt. Bei den Autoimmunerkrankungen kommt es dagegen zu einer krankmachenden Reaktion gegen körpereigene Strukturen.

Die Problematik allergischer Erkrankungen liegt vor allem darin, dass mehrere Organsysteme betroffen sein können und unglaublich vielfältige, oft subjektive Symptome wechselnder Intensität und Ausprägung auftreten. Für die Allergiker ist es belastend, wenn mit ihren Beschwerden nicht ernst genommen werden und sie immer wieder erklären müssen, warum es denn jetzt immer noch juckt. Zudem werden mit einer Allergie negative Begriffe wie Aversion, Krankheit, Hysterie oder Überempfindlichkeit assoziiert. Erschwerend kommt hinzu, dass das allergische Geschehen psychosomatisch beeinflussbar ist und eine weite Kluft sich zwischen Forschung und Praxis auftut. Die Versorgung wird von vielen als schlecht angesehen. Die Ursache für den dramatischen Anstieg der Allergie-Prävalenz in den vergangenen Jahren ist jedoch unklar. Es gibt lediglich Hypothesen, die auf unterschiedliche Aspekte des Gesamtgeschehens fokussieren. Allergien gehören zu den wenigen Erkrankungen, bei denen die ursächlich auslösenden Umweltfaktoren - natürlichen oder anthropogenen Ursprungs - weitestgehend in ihrer molekularen Struktur aufgeklärt und zum Teil bereits rekombinant verfügbar sind. Allergie können als Umweltkrankheit Nr. 1 bezeichnet werden. Dabei ist die Allergieexposition nicht nur für die Entstehung der Allergie (Sensibilisierung), sondern auch für die Intensität des Schweregrades der Erkrankung verantwortlich.

Es gibt mehrere Hypothesen, die den Anstieg atopischer Erkrankungen erklären könnten. Neben einer gesteigerten Aufmerksamkeit und verbesserten Diagnostik können das eine zunehmende genetische Empfindlichkeit, psychosoziale Einflüsse oder eine vermehrte Allergenexposition und die zunehmende Umweltverschmutzung sein. Diskutiert wird aber auch eine möglicherweise fehlende Stimulation des Immunsystems infolge einer übertriebenen Hygiene.

Nach Meinung von Ring wurden auch die Pollen als kausaler Faktor bisher unterschätzt: So lässt sich die Zunahme des Heuschnupfens durch das Auftreten neuer Pollen wie der Ambrosia-Pollen und einer vermehrten Pollenbelastung durch längere Blühperioden der Pflanzen erklären. Auch können gasförmige und partikuläre Luftschadstoffe die Oberflächenstruktur und den Allergenausstrom von Pollen verändern. Zudem konnte gezeigt werden, dass Pollen nicht nur Allergenträger sind, sondern neben den Allergenen auch bioaktive Lipide freisetzen (Pollen-assoziierte Lipid-Mediatoren PALMs), die durch Belastung der Pollen mit Luftschadstoffen erheblich vermehrt sind.

Gen-Umwelt-Interaktion

Die Allergie-Entwicklung wird von kausalen und modulierenden Faktoren beeinflusst. Mit der Geburt liegt lediglich eine bestimmte genetischen Suszeptibilität vor, der Erstkontakt mit einem Allergen führt zur Ausbildung einer allergischen Sensibilisierung und die Entstehung der Hyperreaktivität von Haut und Atemwegen. Ist der Mensch bis dahin noch gesund, so können Umweltfaktoren oder die Ernährung zu einer klinischen Manifestation eines allergischen Krankheitsbildes führen. Bei zahlreichen allergischen Erkrankungen, insbesondere den IgE-vermittelten atopischen Erkrankungen besteht eine eindeutige genetische Disposition. Dabei gibt es nicht ein einzelnes Allergie-Gen; vielmehr sind auf zahlreichen Chromosomen viele Genloci mit der Ausprägung verschiedener Phänotypen der allergischen Erkrankung assoziiert. ck

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