Arzneimittel und Therapie

Schwere Neurodermitis

Systemische Therapie mit Azathioprin

In einer kleineren Studie wurde die Wirksamkeit einer systemischen Monotherapie mit Azathioprin bei Patienten mit schwerer Neurodermitis gezeigt. Um myelotoxische Effekte zu verhindern, sollte sich die Dosierung des Wirkstoffs nach der genetischen Ausstattung des Patienten richten, die den Abbau von Azathioprin bestimmt.

Rund 1 bis 2% der Erwachsenen leiden an einer Neurodermitis. Bei moderaten und schweren Manifestationen helfen lokale Therapeutika nur unzureichend und es muss eine systemische Therapie durchgeführt werden. Die dabei eingesetzten Arzneistoffe wirken häufig antiinflammatorisch, immunmodulatorisch oder immunsuppressiv, um die der Erkrankung zugrunde liegende Pathogenese zu unterbrechen. Ein möglicher Kandidat zur systemischen Therapie der Neurodermitis ist Azathioprin, das bereits in einigen offenen Studien eingesetzt wurde. Ein Problem beim Einsatz von Azathioprin ist dessen potenzielle Myelotoxizität, die wiederum von der genetischen Ausstattung des Patienten abhängt. Beim Vorliegen eines bestimmten Polymorphismus wird der Wirkstoff reduziert abgebaut und führt zu einer Schädigung des Knochenmarks. Daher sollte Azathioprin in Abhängigkeit der Aktivität der Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) dosiert werden (siehe Kasten).

In England wurde mit ambulant betreuten Patienten eine doppelblinde, placebokontrollierte Untersuchung mit Azathioprin durchgeführt. An der Studie nahmen 63 Patienten teil, deren Neurodermitis auch mit Hilfe optimaler lokaler Therapien nicht verbessert werden konnte. Die Patienten wurden zwei Parallelgruppen zugeteilt: 42 Probanden erhielten zwölf Wochen lang eine systemische Therapie mit Azathioprin, 21 Patienten ein Placebo. Nach einer Einleitungsphase wurde die Erhaltungsdosis von der Expression des TPMT-Polymorphismus abhängig gemacht. Patienten mit einer normalen TPMT-Aktivität erhielten als Erhaltungsdosis 2,5 mg/kg/Körpergewicht Azathioprin, Patienten mit einer reduzierten TPMT-Aktivität eine Erhaltungsdosis von 1,0 mg/kg/Körpergewicht Azathioprin. Die klinische Antwort auf die Therapie wurde mit Hilfe eines speziellen Scores (SASSAD = six area six sign atopic dermatitis score) ermittelt. Ferner wurden unter anderem die Lebensqualität und Beurteilungen von Patientenseite aus festgehalten.

86% der Probanden beendeten die Studie. Nach Ablauf von zwölf Wochen war bei 37% der mit Azathioprin und bei 20% der mit einem Placebo behandelten Patienten eine deutliche Verbesserung eingetreten, wobei unter der Verum-Therapie starke individuelle Schwankungen aufgetreten waren. Azathioprin wurde im allgemeinen gut vertragen, und keiner der Probanden entwickelte Symptome einer Myelotoxizität.

Hinweise für die Praxis

Azathioprin wird unter anderem nach Organtransplantationen, bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, bei schwerer rheumatoider Arthritis, bei Autoimmunhepatitis, bei schubförmig verlaufender multipler Sklerose, bei Myasthenia gravis und zur Therapie des systemischen Lupus erythematodes eingesetzt.

Praxisrelevante Interaktionen können unter anderem bei der gleichzeitigen Einnahme von Allopurinol, Oxipurinol und Thiopurinol auftreten. In diesem Fall muss die Dosis von Azathioprin auf ein Viertel der normalen Dosis reduziert werden.

Weitere Interaktionen können bei Impfungen mit Lebendimpfstoffen sowie bei der gleichzeitigen Einnahme von Azathioprin mit Antikoagulantien, ACE-Hemmern oder Aminosalicylsäurederivaten auftreten.

Während der Therapie mit Azathioprin ist eine übermäßige Sonnenlicht- und UV-Exposition zu vermeiden.

Quelle

Meggitt S., et al.: Azathioprine dosed by thiopurin methyltransferase activity for moderate-to-severe atopic eczema: a double-blind, randomised controlled trial. Lancet 367 , 839-846 (2006).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
Atopische Dermatitis.
Pathophysiologischer Hintergrund, wissenschaftlicher Status quo und therapeutische Strategien.
Med Monatsschr Pharm 2005;28:267-76.

Azathioprin ist ein Imidazol-Derivat von 6-Mercaptopurin (6-MP). Es wird wie 6-Mercaptopurin und 6-Thioguanin durch die Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) abgebaut. Die TPMT-Aktivität unterliegt einem genetischen Polymorphismus im TPMT-Gen. Etwa 10% der weißen Bevölkerung haben eine um rund 75% reduzierte TPMT-Aktivität, und jedes 300. Individuum weist keine TPMT-Aktivität auf. Erhält nun ein solcher Patient eine Normaldosis von Azathioprin, führt dies zu toxischen Nebenwirkungen, vor allem zu einer Schädigung des Knochenmarks. Vor einer Therapie mit Azathioprin sollte also die Enzymaktivität gemessen und gegebenenfalls die Dosis angepasst werden.

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