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Eine Frage der Wahrnehmung

Bitte, stellen Sie sich einfach einmal folgende Frage und versuchen Sie, sie aus der Sicht des Bürgers, des Verbrauchers, des Politikers zu beantworten: Wie wird die Apotheke, der Apotheker heute wahrgenommen?

Wenn Sie ein wenig nachdenken, werden Sie schnell feststellen, dass nicht die Pharmazie, die Rolle des Apothekers als Arzneimittelfachmann, also die fachliche Seite unseres Berufes in der öffentlichen Wahrnehmung und in den Medien (und nur darauf kommt es an) präsent ist, sondern die des – vornehm ausgedrückt – Kaufmanns, vulgo des Krämers. Wenn Apotheke und Apotheker in den letzten Monaten, ja sogar in den letzten Jahren für die Medien eine Rolle spielten, dann ging es nahezu ausschließlich um wirtschaftliche Aspekte. An erster Stelle: die Preise von OTC-Arzneimitteln und die Preisschlachten. Oder die Frage, wo man Arzneimittel noch billiger kaufen kann, zum Beispiel in Versandapotheken. Oder wo man Rezeptgebühren sparen kann oder erlassen bekommt. Oder wo man Gutscheine und Taler bekommt. Die Aktivitäten einiger Versender oder Discounter gehen durch die Presse. Für die Medien sind die Apotheken reine Wirtschaftsunternehmen, über die es sich zu berichten lohnt, wenn sie mit einem Kaffeeröster zusammenarbeiten, Gesundheitsreisen anbieten, wenn sie Discount- und Billigststrategien fahren und wenn ausländische Versender den Markt aufmischen und das Fremd- und Mehrbesitzverbot aushebeln wollen. Ansonsten sind wir nicht präsent.

Denn wenn es um Arzneimittelfragen geht, da fallen den Medien nicht die Apotheker ein, sondern Stiftung Warentest, Ökotest, Verbraucherschutzverbände, die Ärzte und die hohe Schule der Bremer Arzneimittelkritiker, früher in Person von Schönhöfer, heute heißt er Glaeske. Letzterer hat zwar auch mal Pharmazie studiert, ein Apothekerherz scheint allerdings nicht mehr in seiner Brust zu schlagen. Die öffentliche Kritik an seinen Kollegen und Äußerungen, wonach er am liebsten den heutigen Apothekenbestand um 6000 reduzieren möchte, lassen ihn eher auf der Seite der Krankenkassen vermuten (als Berater der Gmünder Ersatzkasse hat er sich bereits hervorgetan). Bei aller Kritik – in einem Punkt muss ich ihm Recht geben: Die Apotheker haben es nicht verstanden, als kompetente Arzneimittelfachleute wahrgenommen zu werden, so sinngemäß Glaeskes Äußerung in der berufspolitischen Diskussion auf der Interpharm Hamburg am letzten Wochenende. Selbst ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf musste Defizite einräumen: Nicht immer hatte die ABDA Stellungnahmen abgegeben, wenn sie von verschiedenen Gremien und Institutionen dazu aufgefordert worden sei. Mit Verlaub, kein Wunder wenn wir nicht mehr wahrgenommen werden und die Politik gar nicht daran denkt, den Apotheker mit Sitz und Stimme in wichtigen Ausschüssen und Gremien zu verankern.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass auch Medien keine Apotheker mehr einladen oder bei ihnen nachfragen, wenn es um Arzneifragen im weitesten Sinne geht (wie man von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der ABDA hört, soll es in letzter Zeit drei Anfragen aus dem TV-Bereich gegeben haben, man habe sich dann aber doch für andere Kandidaten entschieden).

Was ist da in den letzten Jahren schief gelaufen? Warum wird der Apotheker als Arzneimittelfachmann in der Öffentlichkeit nicht nachgefragt? Warum hört man bei der Bewertung von Arzneimitteln auf Stiftung Warentest oder Ökotest? Warum hat es unsere Berufsvertretung nicht geschafft, den Apotheker als den Arzneimittelfachmann zu positionieren? Wir haben leistungsfähige Institutionen wie die Arzneimittelkommission, das ZL (Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker), das DAPI (Deutsches Arzneiprüfungsinstitut) oder das ZAPP (Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis) – hätte man nicht überlegen müssen, wie man diesen Einrichtungen mehr Gehör verschafft und sie als kompetente Anlaufstellen aufstellt?

Ich würde mir wünschen, dass sich die ABDA und ihre Öffentlichkeitsarbeit intensiv Gedanken dazu macht, mit welchen wirksamen Aktionen man die eigenen Facheinrichtungen und damit die Apotheker als die kompetenten Fachleute in allen Arzneimittelfragen in den Köpfen der Medien verankert. Ich würde mir wünschen, dass Apothekerinstitutionen gefragt werden, wenn es um die Bewertung neuer Arzneimittel geht. Oder wenn es um die Qualität von Arzneimitteln geht. Warum überlässt man das der Stiftung Warentest? Oder warum haben wir keine Institution, die sich um die Pharmakoökonomie kümmert? Wir könnten herausarbeiten, welche Arzneimittel qualitativ gut und preisgünstig sind. Es gäbe noch mehr Beispiele dazu.

Mir ist klar, dass eine solche Positionierung nicht von heute auf morgen erreichbar ist. Versäumnisse von gestern lassen sich nicht so schnell aufholen. Aber wenn wir jetzt begännen, hätten wir vielleicht noch eine Chance. Stattdessen wird die Öffentlichkeitsarbeit wieder den Vorschlägen einer Werbeagentur folgen (schmerzlassnach) und Aktionsbusse mit frohgelaunten Aktivisten, ausgerüstet mit ABDA-Guerilla-Taschen, in großen Städten "Leuchtturmaktionen" (wie auch immer die aussehen mögen) durchführen lassen. Mein Gott, damit retten wir die deutsche Pharmazie und uns Apotheker nicht mehr.

Peter Ditzel

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