DAZ aktuell

Reform der Arzneimittelversorgung

Kommt das Ende der staatlichen Eingriffe?

BERLIN (ks). Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Klaus Theo Schröder, ist überzeugt: Die kommende Gesundheitsreform wird den an der Arzneimittelversorgung Beteiligten große Chancen eröffnen. Durch den verstärkten Vertragswettbewerb hätten sie es selbst in der Hand, für mehr Wirtschaftlichkeit zu sorgen. Wenn dies funktioniere, könne dies das Ende der jahrelangen diskreditierenden Eingriffe in den Arzneimittelbereich sein.

"Mit dieser Reform ist das Ende von ‚einheitlich und gemeinsam’ gekommen – auch in der Arzneimittelversorgung", betonte Schröder auf der Handelsblatt-Veranstaltung "Gesundheitsreform vor der Umsetzung" am 19. März in Berlin. Seit vielen Jahren sei das Gesundheitswesen – insbesondere der Arzneimittelbereich – zahlreichen gesetzgeberischen Interventionen ausgesetzt gewesen. Die Grundlinie sei dabei stets gewesen, mehr wettbewerbliche Instrumente einzuführen. Ein Blick auf andere OECD-Länder zeige, dass Deutschland inzwischen nicht mehr den Spitzenplatz bei den Arzneimittelausgaben einnehme. So sei etwa in Frankreich oder Luxemburg ein sehr viel steilerer Anstieg zu beobachten. Auch das im vergangenen Frühjahr in Kraft getretene Arznei-Spargesetz AVWG habe dazu seinen Beitrag geleistet. Den Vorwurf, man habe mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) neue Instrumente geschaffen, bevor man die Wirkung des AVWG abgewartet habe, wies Schröder zurück. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass das AVWG als Vorschaltgesetz kommen musste, um die Arzneimittelausgaben bis zum Wirksamwerden der großen Reform im Griff zu behalten. Mit dem GKV-WSG seien nun die an der Arzneimittelversorgung Beteiligten gefordert, zu zeigen, dass sie die neuen Vertragsmöglichkeiten nutzen. Mit Blick auf den AOK-Rabattvertrag erklärte Schröder, dass eine marktbeherrschende Stellung eines Vertragpartners dabei nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen dürfe. Daher habe man mit dem GKV-WSG einige Vorschriften des Kartellrechts in das SGB V aufgenommen. Ob diese ausreichten, um einen ordentlichen Wettbewerb sicherzustellen, werde man nun beobachten.

Andreas Krebs, Vorsitzender der Geschäftsführung von Wyeth Pharma, machte deutlich, dass auch die forschende Pharmaindustrie Rabattverträgen grundsätzlich offen gegenüberstehe. Zwar seien sie vor allem für Generika ein Thema – aber auch bei Innovationen werde es hierdurch zu mehr Wettbewerb kommen. Es sei allerdings nicht zu erwarten, dass dieser sehr transparent sein werde, räumte Krebs ein. Denn die Hersteller werden kaum Interesse haben, die Details ihrer privaten Verträge offen zu legen. Schwer nachvollziehbar ist für Krebs zudem, dass die privat ausgehandelten Rabatte neben die gesetzlich festgelegten Zwangsrabatte treten sollen. Auch hofft er, dass die Verträge die sogenannten "Jumbo-Gruppen" im Festbetragssystem überflüssig machen werden. Denn durch die frei verhandelten und täglich wechselnden Generikapreise sei eine Einbeziehung dieser Generika ins Festbetragssystem künftig unmöglich – die für die Festpreisbildung nötigen realen Preise seien kaum noch feststellbar. Somit blieben letztlich nur patentgeschützte Substanzen für Festbeträge übrig. Krebs setzt nun darauf, dass dies auch die Politik erkennen wird. Das GKV-WSG sieht zumindest vor, dass das BMG dem Bundestag bis zum 31. März 2008 über die Auswirkungen von Rabattvereinbarungen berichten muss.

Die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Magdalene Linz, betonte, dass die Apotheken die zwischen Herstellern und Kassen ausgehandelten Rabattverträge unterstützen werden. Voraussetzung sei allerdings, dass die entsprechenden Daten verfügbar sind. Die hierfür zuständigen Softwarehäuser seien zwar sehr schnell – eine gewisse Vorlaufzeit benötigten aber auch sie. Seien die Voraussetzungen aber geschaffen, werde die Apotheke die geforderten Umsetzungsleistungen erbringen: Sie werde die Rabattfähigkeit der Verordnungen prüfen, die entsprechenden Arzneimittel auswählen und den Patienten erläutern, warum sie nun das Präparat eines anderen Herstellers erhalten. Gerade letzteres werde sicherlich nicht ein einfach werden, so Linz. Sie verwies zudem darauf, dass die Rabattverträge eine vernünftige Warenlagerhaltung erschweren werden. Mit der Einführung von aut-idem habe man einst auch geplant, die Warenlager übersichtlicher zu gestalten – dies werde durch die neuen Verträge konterkariert. Soweit es Probleme bei der Umsetzung gebe, werden die Apotheker ihre Stimme erheben, kündigte Linz an. Dies ergebe sich schon aus dem gesetzlichen Auftrag der Apotheker, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

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