Arzneimittel und Therapie

Neues Antidepressivum

Atypisches Antidepressivum Bupropion ist strukturell mit Amphetaminen verwandt und ist angezeigt zur Behandlung von Episoden einer depressiven Erkrankung. Der Mechanismus der antidepressiven Wirkung ist noch nicht bekannt, vermutlich verläuft diese Wirkung über noradrenerge und/oder dopaminerge Mechanismen: Bupropion hemmt selektiv die neuronale Wiederaufnahme von Katecholaminen.

Bupropion – neue Therapieoption bei Depressionen

Zum 2. April 2007 kommt Bupropion als Antidepressivum unter dem Handelsnamen Elontril® auf den deutschen Arzneimittelmarkt. Bereits bekannt ist der Wirkstoff bei uns als Zyban® zur Raucherentwöhnung. In klinischen Studien weist Bupropion eine vergleichbare allgemeine antidepressive Wirksamkeit wie Venlafaxin oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer auf. Erfahrungen in den USA haben gezeigt, dass der Wirkstoff gut auf zurückgezogene und gehemmte Personen wirkt, die unter Symptomen wie Freudlosigkeit und Antriebsarmut leiden.

Weltweit wurden bereits mehr als 65 Millionen Patienten mit Bupropion behandelt. In den USA ist der Wirkstoff schon längere Zeit als Antidepressivum auf dem Markt. 1989 wurde es als Wellbutrin® mit dreimal täglicher Einnahme eingeführt. 1996 folgte Wellbutrin® SR mit einer verzögerter Freisetzung von Bupropion, was nur noch eine zweimal tägliche Einnahme erforderte. In einer speziellen Formulierung wurde der Wirkstoff 2003 schließlich als Wellbutrin® XL zugelassen, welches nur noch einmal am Tag eingenommen werden muss. Die höchst zugelassene Dosis in den USA ist 450 mg/Tag.

In Deutschland wird ab dem 2. April Bupropion mit einer Dosissstärke von 150 mg und 300 mg als Elontril® zur Verfügung stehen. Dessen Einnahme muss ebenfalls nur einmal täglich erfolgen.

Bei der Pathophysiologie der Depression spielen die Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin und Serotonin eine wichtige Rolle. Ein Mangel an diesen Neurotransmittern führt zum Katechol-Mangelsyndrom, welches klinisch durch gestörte Aufmerksamkeit, Konzentrationsschwäche, Lücken im Arbeitsgedächtnis, langsame Informationsverarbeitung, Freudlosigkeit, Müdigkeit und psychomotorische Verlangsamung gekennzeichnet ist.

Bupropion wirkt als selektiver Wiederaufnahmehemmer von Noradrenalin und Dopamin (NDRI) im Zentralen Nervensystem. Daraus folgt eine Tonuserhöhung der Nervenbahnen, welche die beiden Katecholamine als Neurotransmitter benutzen.

Verbesserte antidepressive Therapie erhofft

Man erhofft sich von Bupropion eine zukünftig verbesserte Behandlung depressiver Erkrankungen. Bislang geht man davon aus, dass von den derzeit 4 Millionen therapiebedürftigen depressiven Deutschen nur etwa 10% adäquat behandelt werden. Zum einen wird eine antidepressive Therapie oftmals wegen unerwünschter Nebenwirkungen wie beispielsweise Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Gewichtszunahme und Störungen der Sexualfunktion unterbrochen. Da Bupropion als NDRI keine klinisch relevante Wirkung auf das Serotonin-System hat, ist mit einem günstigeren Nebenwirkungsprofil als bei den herkömmlichen serotonergen Antidepressiva zu rechnen. Untersuchungen bestätigen diese Annahme insofern, als dass gemäß den Studiendaten das Risiko für sexuelle Funktionsstörungen und Gewichtszunahme nicht erhöht zu sein scheint.

Zum anderen bestehen bislang Probleme in der Dauer bis zum Einsetzen der antidepressiven Wirkung (meist Wochen) und dem relativ beschränkten Wirkungsgrad antidepressiver Medikamente. Oft sprechen unter der bisherigen Therapie die Symptome wie beispielsweise Freudlosigkeit und Antriebsarmut nur unzureichend an. Restsymptome können aber ein Prädiktor für einen Rückfall der depressiven Erkrankung sein. Aus Untersuchungen ist bekannt, dass ein Rückfall um so wahrscheinlicher wird, je mehr Restsymptome unter einer antidepressiven Therapie bestehen bleiben. In der Langzeittherapie traten unter Bupropion signifikant weniger Rückfälle auf als unter Placebo, und bei Beendigung der Therapie kamen Absetzsymptome nicht häufiger vor als unter Placebo.

Wechselwirkungen nicht ausgeschlossen

Trotz der guten Verträglichkeit konnten in klinischen Studien auch unerwünschte Wirkungen wie Kopfschmerz, Mundtrockenheit, Übelkeit, Schlafstörungen, Verstopfung und Schwindel beobachtet werden. Dabei befanden sich die Nebenwirkungen unter Bupropion-Therapie auf Placebo-Niveau – außer der Mundtrockenheit. Vorsicht ist bei Arzneimittelinteraktionen geboten. Da Bupropion ein schwacher Hemmstoff des Cytochrom-P450-Isoenzyms 2D6 ist, kann es bei Kombination mit Medikamenten, die über dieses Enzym abgebaut werden, wie beispielsweise Neuroleptika oder trizyklische Antidepressiva zur Kumulation dieser Stoffe kommen. Nicht angewendet werden darf Bupropion bei Patienten mit schwerer Leberzirrhose, bei Patienten, die einen abrupten Entzug von Alkohol oder Benzodiazepinen durchführen, sowie bei Patienten, die jemals einen Krampfanfall erlitten haben. Zudem ist die gleichzeitige Anwendung von Bupropion und Monaminoxidase-Hemmern kontraindiziert.

Quelle

Prof. Dr. Dr. Hinderk M. Emrich, Hannover; Prof. Dr. Dr. Ekkehard Haen, Regensburg; Prof. Dr. Dr. Michael Bauer, Dresden: "Elontril®: Das einzige Antidepressivum, das selektiv auf Noradrenalin und Dopamin wirkt", Hamburg, 12. März 2007, veranstaltet von der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, München.

Apothekerin Gode Meyer-Chlond
Die Europäische Arzneimittelagentur EMEA kam 2002 nach einer erneuten Bewertung zu dem Beschluss, dass die Nutzen-Risiko-Prüfung für das Raucherentwöhnungsmittel Bupropion weiterhin positiv ist.
Hintergrund für diese erneute Bewertung war ein Antrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) an das für Humanarzneimittel zuständige wissenschaftliche Komitee (CPMP) der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA. Da aus den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten unterschiedliche Fallzahlen von unerwünschten Wirkungen gemeldet wurden, forderte das BfArM diese erneute Nutzen-Risiko-Prüfung. So berichtete die englische Gesundheitsbehörde Medicines Control Agency (MCA) über unerwünschte Wirkungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Bupropion: Im Januar 2002 registrierte die MCA 57 Todesfälle auf 500.000 Patienten, die seit der Markteinführung von Bupropion im Juni 2000 in England mit dem Medikament behandelt wurden. In Deutschland wurden in großen Doppelblindstudien mit Bupropion sehr häufig Schlafstörungen beobachtet. Relativ häufig waren auch Alpträume, Brechreiz, Tremor. Wegen Beobachtungen von Krampfanfällen gilt die Verabreichung an Epilepsiekranke als kontraindiziert. Als Katecholamin-Wiederaufnahmehemmer kann Bupropion zum Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz führen.
Auch die kanadische Arzneimittelbehörde veröffentlichte Meldungen über unerwünschte Wirkungen im Zeitraum August 1998 bis September 1999: Von 407 berichteten unerwünschten Wirkungen wurden 256 als schwerwiegend eingestuft. Gehäuft wurden Krämpfe bis hin zu Grand-mal-Anfällen, Schlaflosigkeit, Überempfindlichkeitsreaktionen, vereinzelt auch Erregungszustände, Depressionen, paranoide Reaktionen, Myokardinfarkte, Angina-pectoris-Anfälle, Sehstörungen usw. berichtet. In einigen Fällen traten Hypoglykämien auf. Die aktuelle Produktmonographie deutet an, dass die Einnahme von Bupropion bei Diabetes-mellitus-Patienten, die mit oralen Antidiabetika oder Insulin behandelt werden, mit einem erhöhten Risiko von Krampfanfällen assoziiert ist.

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