Recht aktuell

Das neue Telemediengesetz

Am 1. März 2007 ist das umstrittene Telemediengesetz (TMG) in Kraft getreten. Gleichzeitig sind das Teledienstgesetz (TDG), der Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) und das Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) außer Kraft getreten. Derzeit herrscht eine erhebliche Unsicherheit unter den Websitebetreibern, welche Änderungen im Einzelnen eingetreten sind und welche neuen Anforderungen das TMG an die Internetauftritte stellt. In diesem Artikel soll ein kurzer Überblick über die zu beachtenden Neuregelungen gegeben werden.

Das TMG fasst die früher verwendeten Begriffe "Teledienst" und "Mediendienst" unter der Bezeichnung "Telemedien" zusammen. Telemedien sind alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste mit Ausnahme der reinen Telekommunikation (Internettelefonie) und des Rundfunks. Während man früher bei kommerziellen Apothekenwebsites fragen musste, ob sie "nur" Informationen zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit bereithielten (dann Mediendienst) oder zur Nutzung für den User bestimmt waren (dann Teledienst) ist diese Unterscheidung – und damit eine gewisse Rechtsunsicherheit – nunmehr weggefallen. Faktisch jede Website, insbesondere auch die einer Apotheke, fällt nunmehr unter den sehr weit gefassten Begriff der Telemedien.

Welche Änderungen bringt das TMG?

Änderungen der Impressumspflicht

Die früher in § 6 TDG normierte Pflicht zur Anbieterkennzeichnung bei geschäftsmäßigen Telediensten (Impressumspflicht) findet sich jetzt in § 5 TMG. Dort heißt es verwirrenderweise:

"Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten…"

Der Zusatz "…in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien…" ist missverständlich formuliert. Man könnte meinen, dass die Impressumspflicht nach dem TMG nur noch bestünde, wenn die Telemedien selbst gegen Entgelt erbracht werden. Das würde bedeuten, dass eine Apothekenwebsite selbst dann kein Impressum haben müsste, wenn sie einen Online-Shop beinhaltet, weil zwar die Leistungen (Lieferung von Arzneimitteln) gegen Entgelt erbracht werden, nicht jedoch die Darstellung der Angebote, das heißt die Telemedien als solche. Aus den Gesetzesentwürfen zum TMG ist eine solche grundlegende Veränderung, die dazu führen würde, dass der größte Teil der Websites kein Impressum mehr benötigte, jedoch nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber wollte vielmehr nur rein private Websites von der Impressumspflicht ausnehmen. Die hierfür gewählte Formulierung kann jedoch nur als "äußerst unglücklich" bezeichnet werden. Hieran zeigt sich, wie unausgereift und schlecht durchdacht das TMG ist. Hinsichtlich der Impressumspflicht muss die Norm nach ihrem Sinn und Zweck ausgelegt werden, was dazu führt, dass hinsichtlich der erforderlichen Pflichtangaben bei geschäftsmäßigen Websites, und dazu zählen Apothekenwebsites immer, alles beim Alten bleibt. Auch in Zukunft müssen die Apotheken daher ganz besonders auf ein richtiges und vollständiges Impressum achten.

Änderungen der Sorgfaltspflichten bei Berichterstattungen und Meinungsumfragen

Soweit eine Apothekenwebsite mit gewisser Regelmäßigkeit journalistisch-redaktionelle Inhalte, zum Beispiel Presseberichte anbietet (was zwar selten ist, aber gelegentlich vorkommt), muss die Recherche für diese Inhalte nunmehr nach den "anerkannten journalistischen Grundsätzen" durchgeführt werden. Das heißt, die angebotenen Informationen müssen auf ihren Wahrheitsgehalt, auf ihren Inhalt und ihre Herkunft hin überprüft werden. Zudem müssen die redaktionellen Inhalte von Werbung getrennt werden (Verbot von Schleichwerbung). Bei Meinungsumfragen muss angegeben werden, ob sie repräsentativ sind oder nicht.

Änderungen der datenschutzrechtlichen Pflichten

Entgegen zahlreicher gegenteiliger Presseberichte normiert das TMG keine neuen datenschutzrechtlichen Pflichten für die Betreiber von Websites. Die früher im TDDSG normierten Datenschutzbestimmungen wurden vielmehr faktisch unverändert übernommen. Der Diensteanbieter hat den Nutzer nach wie vor zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung der personenbezogenen Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten und über die Einwilligung sowie das Recht des Widerrufs der Einwilligung zu belehren. Es ändert sich insoweit durch das TMG im Vergleich zur früheren Rechtslage nichts.

Änderungen bezüglich der Auskunftsansprüche von Behörden und Urheberrechtsinhabern

Nach früherem Recht hatten lediglich die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte einen Anspruch auf die Herausgabe der Bestands- und Nutzungsdaten der User. Insbesondere Privatunternehmen wie zum Beispiel die Film- und Musikindustrie hatten keinen Herausgabeanspruch. Dies hat sich durch das TMG grundlegend geändert. Nunmehr dürfen unter anderem Behörden, die zum Zwecke der Strafverfolgung oder zur Gefahrenabwehr tätig werden (zum Beispiel auch das Ordnungs- oder das Gesundheitsamt), die Herausgabe der Daten verlangen. Zwar ergibt sich der Herausgabeanspruch als solcher nicht direkt aus dem TMG, sondern aus den allgemeinen Regelungen zum Beispiel der Strafprozessordnung; das TMG normiert allerdings, dass Datenschutzbestimmungen der Herausgabe nicht mehr entgegenstehen. Auf besondere Kritik ist dabei die Regelung gestoßen, dass auch alle Privaten in den Fällen, in denen die Herausgabe der Daten zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist, die Herausgabe verlangen können. Diese Regelung ist aus meiner Sicht, auch wenn sie der Umsetzung europäischer Richtlinien dient, verfassungsrechtlich bedenklich.

Für den Websitebetreiber, insbesondere den einer Apothekewebsite, ergibt sich aus dieser Neuregelung kein praktischer Handlungsbedarf. Er muss sich allerdings stets dessen bewusst sein, dass für ihn eine Verpflichtung bestehen könnte, die gesammelten Daten der Nutzer an Behörden oder Private herauszugeben.

Änderung der Haftung für fremde Inhalte und Suchmaschinen

Nach der früheren Rechtslage haftete der Betreiber einer Website im Regelfall auch für fremde Inhalte, das heißt für Verlinkungen auf andere Inhalte, die er auf seiner Website gesetzt hat. Diese so genannte Mitstörerhaftung beruhte im Wesentlichen auf Richterrecht und war gesetzlich nicht normiert. An diesem haltlosen Zustand hat das TMG trotz massiver Kritik an den Gesetzesentwürfen nicht das Geringste geändert. Die Mitstörerhaftung bleibt auch weiterhin juristisch problematisch. Auch nach Inkrafttreten des TMG müssen deshalb die Betreiber von Websites penibel auf die Inhalte der von ihnen verlinkten Seiten achten und diese in zumutbarer Weise auf Rechtsverstöße kontrollieren. Der so genannte Disclaimer, mit dem sich die Websitebetreiber pauschal von den Inhalten der verlinkten Seiten distanzieren und dessen Rechtswirksamkeit juristisch umstritten ist, wird daher auch zukünftig zum normalen Bestandteil jeder geschäftsmäßigen Website gehören.

Auch bezüglich der Haftung von Suchmaschinenbetreibern für die Inhalte der aufgefundenen Suchergebnisse schafft das TMG leider keine Rechtsklarheit.

Änderungen bezüglich der Versendung von Spam-Mails

Das Versenden von unverlangten E-Mails (Spam) wird durch das TMG zur Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Dabei regelt das TMG nicht, ob Spam versand werden darf oder nicht (das wird durch das allgemeine Wettbewerbsrecht geregelt), sondern bestimmt nur, wie die Werbemails auszusehen haben. Werden Werbemails versandt, darf in der Kopf- und Betreffzeile weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden. Dabei wird vermutet, dass ein Verschleiern oder Verheimlichen vorliegt, wenn die Kopf- und Betreffzeile so gestaltet sind, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Mail keine oder irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält. Dies bedeutet im Klartext, dass der Empfänger der Werbemail schon in der Betreffzeile erkennen können muss, von wem sie kommt und dass es eine kommerzielle Werbung ist. Beliebte Betreffzeilen für Werbemails wie "RE:", "Einladung", "Unser Treffen" oder Ähnliches sind damit verboten.

Fazit

Das neue TMG ist zu Recht in der Fachwelt auf teilweise harsche Kritik gestoßen. Es ändert in seinen praktischen Auswirkungen erstaunlich wenig. Insbesondere die seit Jahren umstrittenen Fragen der Haftung für fremde Inhalte und der Suchmaschinenhaftung, die dringend einer gesetzlichen Regelung bedurft hätten, bleiben weiterhin ungeregelt. Stattdessen ändert der Gesetzgeber unwesentliche Aspekte (Spam als Ordnungswidrigkeit) oder weitet in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise die Befugnisse von Behörden und Urheberrechtsinhabern aus. Insgesamt kann das TMG daher nur als Missgriff bezeichnet werden, welcher aus meiner Sicht wenig bis gar keinen praktischen Nutzen für die Verbraucher und Websitebetreiber bringt.

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann eine persönliche und ausführliche Rechtsberatung nicht ersetzen. Wenn Sie die Erstellung oder Änderung einer Website planen, sollten Sie sich ausführlich rechtlich beraten lassen.

Anschrift des Verfassers: Rechtsanwalt Tino Gunkel, Straße des Friedens 4, 99094 Erfurt, Tel. (0361) 2252537, Fax (0361) 2622320, E-Mail info@rechtsanwalt-gunkel.de, Internet www.rechtsanwalt-gunkel.de

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