Arzneimittel und Therapie

Neues Antihypertonikum

Aliskiren

Aliskiren hemmt das zentrale Enzym der Blutdruckregulation

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ist das entscheidende Regulationssystem des Körpers für Bluthochdruck. Hier erfolgt der medikamentöse Angriff mit ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker, die die Bildung von Angiotensin II hemmen bzw. die Wirkung von Angiotensin II unterbinden. Einen anderen Ansatz verfolgen direkte Reninhemmer: Sie greifen in die Blutdruckregulation an zentraler Stelle ein. Indem sie mit dem Renin den Aktivierungspunkt des Systems hemmen, senken sie die Aktivität des Reninsystems.

Der erste direkte Reninhemmer Aliskiren (vorgesehener Handelsname RasilezTM) befindet sich derzeit in der Entwicklung, ein Zulassungsantrag zur Behandlung von Patienten mit Hypertonie wurde von der Novartis Pharma GmbH im Oktober 2006 bei der europäischen Zulassungsbehörde gestellt. Der Einreichung des Zulassungsantrages lagen die Daten von mehr als 7800 Patienten mit Bluthochdruck aus 44 klinischen Studien zugrunde. Die Ergebnisse zeigten, dass Aliskiren über eine direkte Hemmung von Renin und eine Senkung der Plasmareninaktivität (PRA) eine nachhaltige Reduktion der Bluthochdruckwerte bewirkte. Der maximale blutdrucksenkende Effekt wurde innerhalb von vier Wochen erreicht.

Heute stehen zahlreiche Medikamente gegen Bluthochdruck zur Verfügung, die das Reninsystem an verschiedenen Punkten beeinflussen. Zum Beispiel senken die Hemmstoffe des Angiotensin Converting Enzyms den Blutdruck durch Hemmung der Bildung von Angiotensin II. Die ACE-Hemmer können diesen Prozess jedoch nicht vollständig aufhalten, da Angiotensin II auch auf anderen Wegen gebildet werden kann. Angiotensin-II-Rezeptorblocker haben eine ähnliche Wirkung wie die ACE-Hemmer. Sie senken zwar nicht wie die ACE-Hemmer die Angiotensin-II-Spiegel, sondern verhindern die Auswirkungen dieses Proteins auf das Herz und die Blutgefäße. Auf diese Weise wird ein Blutdruckanstieg verhindert. Mit beiden Wirkstoffklassen kann der Blutdruck gesenkt werden, eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems kann jedoch nicht verhindert werden.

Vorteile einer direkten Reninhemmung

Die Aktivität des Reninsystems senken kann Aliskiren, indem es an die Protease Renin bindet und dadurch die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I verhindert. Die bei ACE-Hemmern unvollständige Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, die über Feedback-Mechanismen zu einer Anregung des Systems führt, wird damit umgangen. Die direkte Reninhemmung kann durch die Verringerung der Bildung von Angiotensin II und die Senkung der Reninaktivität noch weitere Vorteile bieten. Denn die ACE-Hemmer wirken über die Hemmung der Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II. Diese Blockade ist aber nicht so spezifisch, wie man sich das wünscht. Unspezifische Enzymsysteme umgehen diese Blockade und es wird weiterhin Angiotensin II gebildet. Außerdem greifen die ACE-Hemmer in den Bradykininstoffwechsel ein, bekannte Nebenwirkungen wie Husten und angioneurotische Ödeme werden darauf zurückgeführt. Auch die AT1 -Blocker, die Sartane, führen zu einer Erhöhung des Angiotensin-II-Spiegels: Diese Wirkung tritt bei direkter Renin-Inhibition nicht auf.

Zurzeit laufen auch Studien mit Aliskiren, in denen untersucht wird, welche zusätzlichen Vorteile über die Blutdrucksenkung hinaus bei der Senkung der Reninaktivität nachweisbar sind. Zum Beispiel wäre ein Endorganschutz denkbar, denn erhöhte Angiotensin-II-Spiegel führen häufig zu Organschäden im Herz-Kreislauf-System wie auch in Hirn und Niere.

Einmal tägliche Gabe durch lange Halbwertszeit

Aliskiren hat eine Halbwertszeit von 25 bis 30 Stunden. Damit kann die Substanz einmal täglich appliziert werden. Die lange Wirkdauer bringt den Vorteil mit sich, dass eine potenziell riskante morgendliche Blutdruckerhöhung, wie sie unter kurzwirksamen Antihypertensiva auftreten kann, verhindert wird.

Aliskiren wird als Monotherapeutikum sowie auch als Kombinationspartner in der antihypertensiven Therapie entwickelt. Die ersten Vergleichsstudien mit Sartanen (Losartan und Irbesartan) und ACE-Hemmer (Ramipril) haben ein vergleichbares Wirkprofil gezeigt, wobei sich besonders die Dosierung von 300 mg Aliskiren als optimal erwiesen hat. Die Sicherheits- und Verträglichkeitsprüfungen ergaben bei einer Dosierung bis zu 300 mg keine Auffälligkeiten, es sei denn, dass unerwünschte Wirkungen auf oder unter Placeboniveau lagen. Erst ab einer Dosis von 600 mg kam es zu nicht-schwerwiegenden gastrointestinalen Störungen. Aliskiren stellt nicht nur eine wirksame Monotherapie dar, sondern hat sich als zusätzlich blutdrucksenkend erwiesen, wenn es in Kombination mit anderen Medikamenten, einschließlich ACE-Hemmern, Calciumantagonisten oder Diuretika angewendet wurde.

Quelle

Prof. Dr. med. Hermann Haller, Hannover: "Innovative RAS-Hemmung: Aliskiren, die neue Dimension in der Hypertonie-Therapie", München, 22. November 2006, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.

ck

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