Kampf für indische Generika

BERLIN (ks). Fast eine Viertelmillion Menschen aus 150 Ländern sind einem Aufruf der "Ärzte ohne Grenzen" gefolgt und haben den Pharmakonzern Novartis aufgefordert, eine Patentrechtsklage gegen die indische Regierung fallen zu lassen. Im Dezember hatte die Hilfsorganisation eine Online-Petition gegen das Gerichtsverfahren gestartet. Sie sieht durch die Klage die Medikamentenversorgung in ärmeren Ländern gefährdet.

Organisation "Ärzte ohne Grenzen" fährt Kampagne gegen Patentschutzklage

Novartis hatte im vergangenen Frühjahr zwei Klagen beim obersten Zivilgericht im indischen Chennai eingereicht. Mit einer geht der Konzern gegen eine Entscheidung des indischen Patentamts vor, das dem Novartis-Präparat Glivec® den Patentschutz verwehrt hatte. Zur Begründung führte das Amt an, das zur Behandlung von Blutkrebs eingesetzte Arzneimittel sei keine innovative Neuheit, wie es das indische Patentrecht fordere. Es handele sich lediglich um eine neue Formulierung eines bekannten Stoffes. Die Behörde stützt sich dabei auf eine Klausel des indischen Patentrechtes, mit der verhindert werden soll, dass für geringfügige Weiterentwicklungen bereits bekannter Verbindungen Patente erteilt werden. Diese Bestimmung ficht Novartis in seiner zweiten Klage an. Das Unternehmen argumentiert, dass die Klausel gegen das internationale Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums (TRIPS) verstoße. Am 29. Januar fand der zweite Anhörungstermin vor dem indischen Gericht statt.

Für die "Ärzte ohne Grenzen" ist klar: Sollte das Unternehmen Erfolg haben, würden in Indien künftig weitaus mehr Patentmonopole vergeben, und der Zugang zu lebenswichtigen Generika wäre für Patienten in ärmeren Ländern erheblich eingeschränkt. Die Ablehnung des Antrags von Novartis sei ein wichtiger Präzedenzfall, betonten Vertreter der Hilfsorganisation. Es sei absehbar, dass weitere Hersteller für leicht abgeänderte bekannte Arzneimittel Patente beantragen werden – darunter auch wichtige antiretrovirale Medikamente zur HIV/Aids-Behandlung. "Novartis versucht, die Apotheke der Armen zu schließen", erklärte der medizinische Direktor der Medikamenten-Kampagne, Unni Karunakara, anlässlich der Anhörung in Neu Delhi. "Indische Generika sind das Rückgrat unserer HIV/Aids-Programme in 30 Ländern. Von den mehr als 80.000 Patienten, die wir behandeln, erhalten 80 Prozent indische Nachahmerprodukte. Wir können nicht zulassen, dass Novartis ihnen den Versorgungshahn zudreht."

Novartis wies die Vorwürfe zurück. Es gehe "nicht um die Behinderung des Zugangs zu Medikamenten, sondern allein um die Anfechtung von Maßnahmen und Entscheidungen, die die Entwicklung und Einführung von Innovationen be- oder gar verhindern", erklärte der Pharmakonzern.

Weitere Informationen zur internationalen Online-Petition finden Sie unter www.aerzte-ohne-grenzen.de. .

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