US-Notenbank: Nur ein Strohfeuer?

(hps). Die US-Notenbank (FED) setzt wieder einmal auf die Zinskarte. Aber was früher noch als Hoffnungsschimmer für die Börse galt, wird heute von vielen als Akt der Verzweiflung interpretiert. Zu wenig, zu spät – das könnte das Fazit der nächsten Zinssenkung sein, die von der FED voraussichtlich am 11. Dezember bekanntgegeben wird.

Anleger sollten den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg abwarten

Da versucht die amerikanische Notenbank an den Märkten die Zinsphantasie zu schüren, während der US-Finanzminister mit den Kreditinstituten um ein Zins-Stillhalteabkommen gegenüber den Subprime-Opfern ringt. Aber dieses Abkommen ist ein Pyrrhussieg. Nicht nur, dass die Banken damit auf Milliarden an Zinseinnahmen verzichten. Sie werden zudem diese Ausfälle anderweitig durch höhere Zinsen zu kompensieren wissen, nämlich bei den Schuldnern, die noch zahlungskräftig sind. Das Kreditvolumen für Investitionen und Konsum wird deutlich geringer werden, daran ändert auch die Schönfärberei durch die US-Regierung und Notenbank nichts. Auch hierzulande ist die restriktive Haltung der Banken bereits sichtbar. Der weltweit größte Schiffsfinanzierer HSH Nordbank gibt keine Schiffshypotheken mehr aus, weil die Refinanzierung am Kapitalmarkt schwierig geworden ist. Allen Ortes werden höhere Sicherheiten eingefordert.

Jim Rogers, ehemaliger Partner von George Soros und Mitbegründer des legendären Quantum Fonds, sieht in solchen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen keinen Sinn. Die Rezession sei nicht zu stoppen. Alles, was man tun könne, ist, es laufen zu lassen, damit sich die Situation selbst bereinigt.

Obwohl sich der DAX zwischenzeitlich deutlich von der kritischen Marke bei 7500 Punkten distanzieren konnte, ist das wirtschaftliche Umfeld ein klares Verkaufs-, wenn nicht sogar ein Crashszenario. Die jüngsten Kursanstiege mögen zwar der Depotkosmetik zum Jahresende zuzuschreiben sein, aber DAX und Dow haben bei diesem ökonomischen Umfeld absolut keinerlei Phantasie jenseits ihrer alten Bestmarken. Und je mehr die US-Notenbank nun mit ihren Schnellschüssen den Eindruck eines hilflosen Ruderers erweckt, umso deutlicher wird die Korrektur am Aktienmarkt ausfallen.

Auf den ersten Blick scheint einem das Szenario nicht ganz eingängig. Einerseits boomt die gesamte asiatische Region derart, dass die chinesische Regierung sogar mit Zinserhöhungen ihre Wirtschaft abkühlen muss. Andererseits zieht die Angst vor einer möglichen Rezession in den USA die Aktien nach unten. In Hinblick auf die mittelfristige Anlagestrategie steht nun die Frage im Mittelpunkt: Verfügt der asiatische Wirtschaftsblock tatsächlich über eine Eigendynamik, die es vor allem der europäischen Wirtschaft erlaubt, auch ohne die USA weiter zu expandieren? Oder ist die Abhängigkeit der restlichen Welt von den Amerikanern letztlich doch so groß, dass die Europäer im Falle einer Rezession in den USA dann auch um ihre Asiengeschäfte fürchten müssen?

Einige Analysten betrachten nun die weitere Entwicklung der Aktienmärkte in Europa und den USA getrennt. Sie vertrauen dabei auf die asiatische Wirtschaft und auf den europäischen Verbraucher, der – nicht so hoch verschuldet wie der amerikanische – die Inlandsnachfrage auf Touren halten soll. Dementsprechend sprechen sich diese Experten auch 2008 für ein Engagement im DAX bzw. dem Euro Stoxx aus.

Viele Experten sind anderer Ansicht. Diese Krise geht diesmal von der US-Finanzbranche aus. Auf das Kreditdebakel reagieren sie nun mit Investitionskürzungen, einer wesentlich restriktiveren Kreditvergabe und Jobabbau. Die größten sechs Geldhäuser werden noch in diesem Jahr rund 25.000 Arbeitsplätze streichen. Wie leicht diese Finanzkrise dann auf die übrige US-Wirtschaft übergreift, lässt sich gut an dem Computerspezialisten Cisco ablesen. Dort hat man eine Gewinnwarnung herausgegeben. Von Ciscos 25 größten Kunden sind acht aus der Finanzdienstleistungsbranche – und die steht geschlossen auf der Investitionsbremse. Inzwischen werden aber auch erste Bremsspuren in der Alten Welt sichtbar. Ob beim Handyhersteller Ericsson oder dem britischen Juwelenhändler Signet – die Gewinnerwartungen müssen wegen dem schlechten Amerikageschäft zurückgenommen werden. Hinzu kommt der schwache Dollar. Diese Hypothek wird in den Bilanzen europäischer Unternehmen erst später erkennbar sein. Mit zeitlicher Verzögerung dürfte die geringere Nachfrage aus den USA auch die chinesischen Exporteure treffen – mit entsprechenden Konsequenzen für die Ausgabenfreudigkeit Chinas. Dann schließt sich der Kreis.

Und die Notenbanken? Mit derzeit 3% Inflationsrate ist der Handlungsspielraum der EZB definitiv erschöpft. Aber auch die Manövriermasse der US-Notenbank ist gering. Wenn sie sich nun dennoch zu weiteren Zinssenkungen verleiten lässt, zeigt dies nur, wie gefährlich die Situation in der US-Wirtschaft inzwischen ist. In Greenspan-Manier wird in Krisenzeiten der Markt mit billigem Geld geflutet. Dabei ist ohnehin fraglich, was von dem billigen Geld überhaupt bei Verbrauchern und Investoren ankommt. Sehr wahrscheinlich werden sich die Geldhäuser mit den billigeren Refinanzierungssätzen erst einmal sanieren.

Man könnte daraus folgenden Schluss ziehen: Aktienkäufe ja, aber erst auf niedrigerem Niveau. Für den DAX stellen wir uns dabei ein Level zwischen 6500 und 7000 Punkten vor. Bis dahin bietet sich ein Engagement in Put-Optionsscheinen an. Wer diese risikoreiche Anlageform scheut, sollte das Geld auf festverzinslicher Basis (der Tagesgeldsatz reicht inzwischen bis 4,5%) parken. Bei Anleihen dagegen sind aufgrund des Inflationsdrucks Kursverluste zu befürchten.

Die Aussichten

Investmentfonds blicken schon langsam auf das neue Jahr und müssen sich Gedanken machen, ob und wie stark sie ihre Positionen verändern wollen. Die kritische Marke von 7500 Punkten (bzw. 13.000 beim Dow Jones) wird reißen. Wir erwarten den DAX in einem Korridor zwischen 6500 und 6900 Punkten. DAX am 5. Dezember, 16.30 h: 7936 Punkte..

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