Die Auswüchse

Am vergangenen Donnerstag wurde ein "Apothekenkiosk" am Münchener S-Bahnhof "eröffnet", an dem Patienten ihr Rezept einwerfen können. Eine Pressemitteilung, die diese "Eröffnung" ankündigte, sorgte für Furore. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Mitteilung einen Rezeptbriefkasten bekannt machen will – nicht mehr und nicht weniger ist dieser grün angemalte Bretterverschlag –, liest sie sich wie eine Kampfansage, mit PR-Sprüchen durchsetzt und mit martialischen Kraftausdrücken gespickt. Sie war sichtlich darauf angelegt, PR-Rummel zu erzeugen.

Nüchtern betrachtet wurde also eine ungenehmigte Rezeptsammelstelle aufgestellt, die sich das dm-Urteil zunutze machen will. Ermöglicht werden solche Auswüchse letztlich durch den in Deutschland zugelassenen Versandhandel mit Arzneimitteln. Gäbe es ihn nicht, gäbe es all diese Wirrungen bis hin zu diesem Kiosk nicht.

Die Pressemeldung allerdings, die im Namen des Rezeptbriefkasten-Betreibers (Florian Korff, siehe unseren Bericht) herausgegeben wird, haut ordentlich drauf. Da ist von der Kampfansage an alle Präsenzapotheken die Rede. 50 weitere Kioske an Bahnhöfen in ganz Deutschland sollen eröffnet werden. Die Rede ist von überhöhten Arzneimittelpreisen und davon, dass sich die Apothekenkunden die Kartellbildung in diesem Bereich nicht mehr gefallen lassen sollen. Eine zweite Pressemitteilung am gleichen Tag legte nach: Gefordert wird die "Zerschlagung des Apothekerkartells", dessen Preistreiberei ähnlich funktioniere wie das von Stromkonzernen. Die Apotheker bekommen "mit ihrer Monopolstellung ihren Lebensunterhalt finanziert", während "andere Menschen hart für ihren Lohn arbeiten müssten".

Abgesehen von solchen unsäglichen populistischen Vergleichen und von den gegen die etablierten Apotheken gerichteten Spitzen, die wohl nur bei den einschlägigen Medien hämisch aufgenommen werden, müsste die Politik spätestens jetzt erkennen, dass hier in Deutschland etwas schief läuft. Sollte es tatsächlich möglich sein, das Land mit Rezeptsammelstellen irgendwelcher Versandapotheken zu überziehen?

Zu hoffen ist, dass seriöse Zeitungen diese PR-Hülsen durchblicken, die Patienten diese grünen Häuschen mit Schlitz ignorieren und die Politik endlich, endlich aufwacht, um zumindest solche Auswüchse zu unterbinden. Selbst wenn man den Versandhandel nicht mehr stoppen könnte, es liegen Vorschläge auf dem Tisch, auf welchen Wegen man Sammelstellen wie dm und Kioske verbieten kann.

Peter Ditzel

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