DAX: Eile mit Weile

(hps). Im Verlauf der letzten zwei Wochen kam es zu der prognostizierten Branchenrotation, die den DAX unter dem Strich auf der Stelle treten ließ. Die Banken konnten sich nun etwas erholen, der DAX besitzt aber noch nicht die wünschenswerte Stabilität. Für die Weihnachtsrallye wird es jetzt langsam zeitlich eng.

Werden Banken die Gewinner der Kreditkrise?

Die Finanzwerte hoch, die Automobilaktien runter. Durch die Branchenrotation ist das Geld lediglich umverteilt worden, der DAX kam dabei nicht vom Fleck. Und auch für die nahe Zukunft sieht es beim deutschen Aktienbarometer nicht nach größeren Freudensprüngen aus. Der Grund: Der DAX wird momentan nur von einer Handvoll Aktien oben gehalten. Der ganz überwiegende Teil der Anteilsscheine musste dagegen teils kräftige Abschläge hinnehmen, wovon sie sich bislang mehr schlecht als recht erholen konnten. Es ist daher zu vermuten, dass die letzten Perlen wie Adidas oder TUI nun auch bald den Geist aufgeben und Gewinnmitnahmen zum Opfer fallen. Es scheint ziemlich klar: Um mit der nötigen Dynamik zu steigen, muss der DAX erst einmal tiefer runter und einen soliden Boden ausbilden. Und der große Bruder in den USA macht es uns wieder einmal vor. Dort waren die Kurse ordentlich in den Keller gerutscht, während sich der DAX mit ein paar spektakulären Einzelkursbewegungen wie die Kurssprünge bei der Postbank oder Siemens noch gut über Wasser halten konnte. Aber solche Sonderaktionen hält der DAX nicht über einen längeren Zeitraum durch. Die deutschen Blue Chips werden wieder den Schulterschluss mit Amerika suchen – und das eröffnet eben Potenzial nach unten.

Fundamental dreht sich derzeit alles um den amerikanischen Verbraucher. Die Sorge, dass verschärfte Kreditrichtlinien und höhere Energiepreise immer weniger Geld für den privaten Konsum übrig lassen, lässt die Anleger mit ungutem Gefühl auf die bevorstehende Shopping-Saison blicken. Die rückläufigen Oktoberzahlen des Handels (nur 0,2% Zuwachs gegenüber Vormonat) scheinen den Pessimisten Recht zu geben. Die Kreditkrise dürfte die Banken nur vorübergehend belastet haben. Welche Konsequenzen sie aber für den Verbraucher- und das Investitionsverhalten haben wird, ist eine ganz andere Frage. Erschwerend kommt hinzu, dass der Handlungsspielraum der US-Notenbank, nochmals mit deutlichen Zinssenkungen zu Hilfe zu eilen, sich gegen Null bewegt. Das haben nun auch die Investoren realisiert. Da bleibt schon mal die Lust auf die Weihnachtsrallye auf der Strecke.

Die Citigroup und ihre Prinzen

Die Kreditkrise wäre für die Aktienmärkte halb so schlimm ausgefallen, wenn die Finanzinstitute rechtzeitig das ganze Ausmaß ihrer Belastungen bekannt gegeben hätten. Stattdessen bekamen die Anleger die Krise scheibchenweise präsentiert. Vor allem dem Branchenprimus Citigroup ist es zu verdanken, dass durch die nachträgliche massive Erhöhung ihres Abschreibungsbedarfs am Ende keiner mehr auch nur irgendeiner Bank noch glauben wollte.

Nach Informationen der Zeitschrift Fortune hat die Führung der Citigroup den erhöhten Abschreibungsbedarf von 8 bis 11 Milliarden Dollar für das 4. Quartal um eine Woche hinausgezögert. Angeblich wollte man sich erst über die tatsächliche Höhe der Belastungen im Klaren werden. Zuvor war schon ein Abschreibungsbedarf in Höhe von 6,4 Milliarden für das 3. Quartal bekannt gegeben worden, wobei der Eindruck erweckt worden war, als sei damit die Finanzkrise für das Bankhaus abgehakt. Dieser Illusion unterlag nicht nur der Normalinvestor. Auch der größte Privatanleger der Citigroup, der saudische Prinz Alwaleed – ihm gehören 3,6% des Unternehmens – fühlte sich in die Irre geführt.

Laut Fortune hatte ihm der Vorstand Chuck Prince zuvor persönlich versichert, dass es mit den 6,4 Milliarden Dollar getan sei. Weitere Belastungen seien nicht zu erwarten. Das konnte der Prinz wohl noch verschmerzen, denn nach Steuern reduzierte sich die Belastung noch auf 3,4 Milliarden und ließ sogar noch einen Gewinn von 2,4 Milliarden im dritten Quartal übrig. Als der Vorstand dann aber noch die 8 bis 11 Milliarden für das 4. Quartal nachschob, war es wohl aus mit der Freundschaft unter den "Prinzen". Chuck Prince musste gehen. Für seine Bemühungen erhält er jetzt noch eine kleine Abfindung, die sich zwischen 40 Millionen (laut dpa) und 95 Milliarden Dollar (laut Nachrichtenagentur AP) bewegen soll. Die Spanne erklärt sich aus den Aktien und Optionen, aus denen sich die Abfindung zusammensetzt. Und da der Kurs der Citigroup in den letzten Tagen mächtig unter die Räder gekommen war, wird sich das Entgelt wohl eher am unteren Ende der Schätzungen einpendeln – armer Prince.

Dennoch hat man den Eindruck, dass sich die ganze Diskussion um die Kreditkrise, wie sie von den Analysten an den Märkten breit getreten wird, nur knapp über Stammtisch-Niveau geführt wird. Die Citigroup ist mit 160 Milliarden Dollar die größte aktiennotierte Gesellschaft der Welt. Sie hält Beteiligungen im Wert von ca. 2,5 Billionen (2500 Milliarden) Dollar. Zum Vergleich: Unter den Top 500 der größten Unternehmen der Welt landet die Allianz als größtes deutsches Unternehmen gerade mal auf Platz 29. Über die zusätzlichen 8 bis 11 Milliarden Abschreibungen sagt Prinz Alwaleed: "Ich würde nicht sagen, dass die Citigroup das locker wegsteckt. Aber sie steckt es weg." Und den aktuellen Kurs der Citigroup (aktuell ca. 23 Euro) bezeichnet er vor diesem Hintergrund als lächerlich.

Es mag ja durchaus sein, dass die durch die Kreditkrise ausgelöste Verschärfung der Kreditrichtlinien Spuren in der Wirtschaft hinterlassen wird. Die Banken an sich dürften indes eher gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

Die Aussichten

Ein Rückgang auf 7500 Punkten im DAX – das halten wir auf kurze Sicht für ein wahrscheinliches Szenario. Dabei dürften die Bankwerte dem DAX noch die geringsten Sorgen bereiten. Hier scheint das Schlimmste bereits ausgestanden. Bedenklich sieht es nach wie vor bei den Automobilwerten aus und auch aus TUI und Adidas wird wohl bald die Luft abgelassen. DAX am 14. November (14.00 h): 7778 Punkte..

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