November-Blues

Neblig graue Novembertage laden zum Nachdenken ein, auch über Szenarien zur Zukunft des Arzneimittel- und Apothekenmarkts. Angesichts der deutlichen Bestrebungen eines Großhandels, das Fremdbesitzverbot zu stürzen und die Apothekenkette einzuführen, angesichts des ungewissen Ausgangs der EuGH-Entscheidung über das Fremdbesitzverbot, fällt Optimismus nicht leicht. Hinzu kommt die ungewisse Entwicklung im Versandhandel. Wird der Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wieder verboten? Wenn ja, nimmt der Online-Handel mit OTC-Arzneimitteln zu? Wie entwickelt sich die Arzneimittelabgabe im dm-Markt? Und: Besteht bei einem Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimittel dann nicht die Gefahr, dass die Abgabe von OTC nach dem dm-Modell zunimmt? Letztlich könnte sich dm fragen, warum er seinen Kunden überhaupt noch den umständlichen Weg über die niederländische Apotheke anbieten soll. Warum nicht gleich OTC-Arzneimittel selbst in die Regale stellen – Beratung findet jetzt über den niederländischen Weg eh nicht statt (die Politik schaut zu und tut nichts). Dass solche Drogeriemärkte kein Interesse haben, Verschreibungspflichtiges zu vertreiben, liegt auf der Hand. Aber das OTC-Geschäft hätten sie sehr gern – hier könnten sie Rabatte bei den Herstellern raushandeln, hier ist noch Spanne drin. Allein der OTC-Markt beläuft sich auf 8 Milliarden Euro. Für die Apotheke wäre eine Freigabe der OTCs äußerst schmerzhaft, praktisch das Aus für viele.

Gefahr kommt auch aus der Ecke von Großhandlungen. Der aktuellen Einschätzung einer Unternehmensberatung zufolge soll mehr als die Hälfte der heute über den Großhandel vertriebenen Arzneimittel mittel- bis langfristig direkt von den Herstellern an die Apotheken versandt werden (Direct-To-Pharmacy-(DTP)-Strategie). Für die Apotheken ist dies die teuerste Variante des Arzneimitteleinkaufs, wie eine Untersuchung gezeigt hat. Die Industrie begründet diesen Weg mit mehr Sicherheit. Für den Großhandel würde dies den Wegfall eines großen Teils seines Geschäfts bedeuten – er wird versuchen, neue Geschäftsfelder aufzutun. Da ist es kein Wunder, wenn er sein Heil im Einzelhandel sucht, sprich im Aufbau einer Apothekenkette, wenn dies erlaubt sein sollte. Ein Blick nach Norwegen zeigt, wie rasend schnell der Markt unter den drei agierenden Großhändlern aufgeteilt war. Celesio und Phoenix sind zwei von ihnen, die dort kräftig mitmischen und wissen, wie‘s geht. Da hat der kleine unabhängige Apotheker kaum noch eine Chance. Er wird sich den Konditionen des Großhändlers beugen müssen – viel Auswahl zum Wechseln hat er nicht. Denken Sie mal drüber nach!

Peter Ditzel

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