NEM: Glucosaminund Chondroitinsulfat weiter verkehrsfähig

STUTTGART (ks). Das Landgericht (LG) Stuttgart hat dem "Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e.V., München" im einstweiligen Verfügungsverfahren untersagt, im Zusammenhang mit einer Abmahnung zu behaupten, dass diverse einzeln benannte Präparate mit den Inhaltsstoffen Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat nicht verkehrsfähig seien. Der Verein hatte im vergangenen Juni unter anderem mehrere Großhändler schriftlich aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, wonach sie diese Präparate – die zumeist als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet sind – nicht mehr in den Verkehr bringen. (Urteil des LG Stuttgart vom 30. August 2007, Az.: 34 O 112/07 KfH)

Streit um Verkehrsfähigkeit: Schutzverband unterliegt vor dem Landgericht Stuttgart im einstweiligen Rechtsschutz

Beispielhaft für die streitige Produktgruppe führte der Verband etwa die Präparate Doppelherz, Biovital und Glucosamin naturell 500 auf. Seiner Auffassung nach handelt es sich bei Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat um Zutaten, die Lebensmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmittel ohne Zulassung nicht zugesetzt werden dürfen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 a und Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetz (LBFG)). Nach der Abmahnung hatten sich die Großhändler mit den Herstellern der fraglichen Produkte in Verbindung gesetzt und um Aufklärung gebeten. Die Hersteller sahen sich keiner Schuld bewusst – für sie handelt es sich fraglos um verkehrsfähige Nahrungsergänzungsmittel. Einige von ihnen erwirkten daraufhin am 28. Juni vor dem LG Stuttgart eine einstweilige Verfügung gegen den Schutzverband.

Darin wurde dem Verband grundsätzlich untersagt, zu behaupten, die Inhaltsstoffe Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat seien nicht zugelassene Zusatzstoffe und Lebensmittel, die diese enthalten, in Deutschland nicht verkehrsfähig. Gegen diesen Beschluss legte der Verband Widerspruch ein. Am 30. August bestätigte das LG Stuttgart den Kern der einstweiligen Verfügung, präzisierte sie jedoch. Nach diesem Urteil ist es dem Schutzverband verboten, "im geschäftlichen Verkehr in Verbindung mit der Forderung einer außergerichtlich abzugebenden strafbewehrten Unterlassungserklärung bei Meidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu behaupten, dass die Inhaltsstoffe Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat nicht zugelassene Zusatzstoffe seien und Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel, die diese Stoffe enthielten, in Deutschland nicht verkehrsfähig seien, soweit es Produkte der Klägerinnen betrifft."

Das Gericht führt aus, dass es sich bei der Abmahnung des beklagten Verbandes um eine Wettbewerbshandlung handele, die darauf gerichtet sei, die freie Willensentscheidung der Großhändler zu beeinflussen. Dabei werde diesen zugleich angedroht, rechtliche Schritte gegen sie einzuleiten, wenn sie sich weigerten, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben. Ein solches Verhalten sei unlauter, wenn es objektiv geeignet ist, Mitbewerber (hier: die Hersteller) zu behindern. Dies sieht das Gericht gegeben: Zum einen habe die Beklagte nicht behauptet, alle Hersteller seien von dem Abmahnschreiben gleichmäßig betroffen. Zum anderen, seien die Mitbewerber auch dann behindert, wenn sie sämtlich abgemahnt worden seien – denn dann könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Verbraucher auf zugelassene Arzneimittel mit den besagten Inhaltsstoffen ausweicht.

Klärung im Eilverfahren nicht möglich

Zulässig könnte ein solches Verhalten nur dann sein, wenn feststünde, dass der Schutzverein mit seiner Behauptung, die Präparate seien nicht verkehrsfähig, "absolut richtig" läge, so das Gericht. Genau dies könne in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch nicht geklärt werden – denn eine umfassende Beweisaufnahme ist hier nicht möglich. Nach Auffassung des Gerichts sprechen mehr Argumente dafür, dass Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat selbst Nahrungsergänzungsmittel sind. Damit sei bereits begrifflich ausgeschlossen, dass es sie zugleich ein Zusatzstoff oder "gleichgestellter Zusatzstoff" (§ 2 Abs. 3 S. 1, 1. Halbsatz LBFG) sind. Das Gericht verweist zudem auf ein bereits im Juli 2005 in einem ordentlichen Verfahren ergangenes Urteil des Oberlandesgerichts Köln (Az. 6 U 1033/03), demzufolge es sich bei Glucosaminsulfat um ein Nahrungsergänzungs- und nicht um ein Arzneimittel handelt. Auch in anderen Eilverfahren war bereits so entschieden worden – allerdings ging es hier um die Abgrenzung Lebensmittel/Arzneimittel. Die Frage, ob es sich um nach dem LBFG unzulässige Zusatzstoffe handelt, ist bislang noch in keinem ordentlichen Verfahren geklärt worden. Bei an anderen Gerichten anhängigen Eilverfahren hatte der Verband ebenfalls noch keinen Erfolg.

Betroffene Präparate

Die Anwaltskanzlei der klagenden Hersteller wies darauf hin, dass nach dem Urteil die glucosamin- und/oder chondroitinsulfathaltigen Produkte der Firmen Pharma Nord GmbH, Medicom Pharma AG, Canea Pharma GmbH, Hecht Pharma GmbH, Melsan Marketing GmbH und Velag Pharma GmbH verkehrsfähig seien. Sie könnten vom pharmazeutischen Großhandel und Apotheken weiter in den Verkehr gebracht werden. Der Anwalt verwies zudem darauf, dass dem Schutzverband auch zahlreiche Apotheken und einige pharmazeutische Unternehmen angehörten. Auch die Vorsitzende des Schutzverbandes ist Apothekerin. .

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