Arzneimittelfälschungen: Den Verbraucher sensibilisieren

Stuttgart (ral). Arzneimittelfälschungen, ein in Europa und insbesondere in Deutschland noch bis vor wenigen Jahren so gut wie nicht vorgekommener Tatbestand, nehmen dramatisch zu. Insbesondere das Internet fungiert als Einfallstor für Fälschungen. Den Verbrauchern ist dies bislang kaum bewusst. Sie gilt es daher für die Poblematik zu sensibilisieren, wie auf einer von der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg am 17. Oktober veranstalteten Pressekonferenz deutlich wurde.

Landesapothekerkammer Baden-Württemberg stellt Fakten zu den Gefahren des Arzneiversands vor

Rund 2,7 Millionen gefälschte Arzneimittel wurden laut Zollstatistik der EU-Kommission im Jahr 2006 beschlagnahmt. "Und das ist nur die Spitze des Eisbergs", betonte Dr. Günther Hanke, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Die tatsächliche Zahl der Fälschungen liege wahrscheinlich weit höher, da die Zollstatistik nur die als Paket versendeten Arzneimittel, nicht jedoch Briefsendungen erfasse.

Verschickt werden Arzneimittelfälschungen überwiegend von dubiosen Internetanbietern, die sich meist als seriöse Apotheken im Web präsentieren. "Für den Verbraucher ist es praktisch unmöglich zu erkennen, ob eine Internetapotheke tatsächlich seriös ist und von einem Apotheker betrieben wird oder ob dahinter Kriminelle stecken", erläuterte Prof. Dr. Harald Schweim, Inhaber des Lehrstuhls "Drug Regulatory Affairs" an der Universität Bonn. Wie einfach eine Internet-Versandapotheke den Betrieb aufnehmen kann, zeigte er anhand seiner zu Studienzwecken erstellten Fake-Versandapotheke – ein Onlineportal, das er mit seinem Team in nur einem Tag durch Kopieren und Bearbeiten seriöser Apothekenwebsites aufbaute und das von zum Test darauf verwiesenen Internetkunden nicht als Fälschung erkannt wurde. Letzteres wäre Schweim zufolge jedoch immens wichtig, denn von Seiten der Behörden sei keine Hilfe zu erwarten. So habe er selbst mehrfach auf illegale Arzneimittelversender – darunter auch aus Deutschland agierende Versender oder solche mit einer deutschen Verteilerstelle – hingewiesen und "passiert ist gar nichts".

Negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis

"Fehlende Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten des Staates führen zur Gefährdung der Gesundheit und Versorgung der Bevölkerung", konstatierte auch Dr. Heinz-Uwe Dettling von der Kanzlei Oppenländer, Stuttgart, der die Problematik "Arzneimittelfälschungen" aus juristischer Sicht bewertete. Neben illegalen Machenschaften insbesondere ausländischer Versender sieht Dettling vor allem durch Bestrebungen wie die Kooperation zwischen der legalen holländischen Europa Apotheek und der dm-Drogeriekette Probleme für die Arzneimittelsicherheit. Insgesamt bewertete Dettling das Nutzen-Risiko-Verhältnis des generellen Arzneimittelversandhandels als negativ.

Kein x-beliebiges Konsumgut

"Wir sind an einer wohl kaum gewollten Beliebigkeit der Übergabestellen für Arzneimittel angekommen", fasste Hanke die Problematik zusammen. Für die Landesapothekerkammer drohe das Arzneimittel zu einem x-beliebigen, jedoch ohne pharmazeutische Beratung zu einem problematischen "Konsumgut" zu verkommen. "Wenn die Gesellschaft das Arzneimittel als Ware besonderer Art bejaht, dann muss der Gesetzgeber gesundheits- und ordnungspolitisch handeln und das bestehende System einer praktizierten Apothekenpflicht zum Schutz des Patienten bewahren", forderte der Kammerpräsident. Den Verbraucher selbst gelte es dafür zu sensibilisieren, dass die Bestellung von Arzneimitteln via Internet mit der Gefahr verbunden ist, bei einem unseriösen Anbieter zu landen und ein gefälschtes Arzneimittel zu erhalten. .

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.