Vor dem Goldrausch?

Fast jede Woche eine neue Meldung, wie sich Unternehmen in Stellung bringen, um am deutschen Pharmamarkt, dem drittgrößten der Welt, zu partizipieren. Erst vor kurzem rüstete der dm-Drogeriemarkt auf. Nach dem unsäglichen Urteil des OVG Münster, das dm erlaubt, in seinen Filialen Rezeptsammelstellen für die Europa-Apotheek in Venlo zu betreiben, baut die Drogeriekette die Arznei-Bestellterminals bereits in über 80 Filialen in Nordrhein-Westfalen ein. Das Angebot soll zunächst auf 300, später auf 900 Niederlassungen ausgedehnt werden. dm räumt selbst ein, dass dieses Bestellgeschäft wirtschaftlich wenig attraktiv ist. Apothekerinnen und Apotheker, die einen dm in ihrer Nähe haben, bestätigen, dass diese Art der Arzneibestellung wohl kaum genutzt wird. Aber, dm will sich mit dem Image der Apotheke schmücken und sich im Gesundheitsmarkt positionieren – sich rüsten für die erwartete Liberalisierung.

Auch innerhalb der Apothekenkooperationen wird kräftig aufgerüstet. Parmapharm gibt sich ein überarbeitetes Design, rüstet auf mit GIBaktiv. Die hellgrünen Linda-Apotheken, die der Pharmagroßhandlung Phoenix nahestehen, präsentieren sich in TV-Werbespots schon so, als seien sie mehr als eine Kooperation. Demnächst sollen nach und nach alle Linda-Apotheken, wohl ähnlich wie es der Mitbewerber DocMorris vormacht, auf eine gleich aussehende, als Linda-Apotheke erkennbare Ladeneinrichtung umrüsten und sich Linda-Apotheken nennen. Ein Scharf-Schalten der Kooperation in Richtung Kette ist dann wohl leichter und schneller möglich – da möchte Phoenix dann Celesio nicht nachstehen. Selbst Sanicare-Apotheker und Einzelkämpfer Mönter probiert allerlei Zusammenarbeit mit diversen großen Playern wie Tchibo oder Ihr Platz aus, "wir suchen nach neuen Wegen".

In dieser Woche sickerten die Schlecker-Absichten durch: Das Ehinger Drogerie-Unternehmen will eine Versandhandelsapotheke in den Niederlanden gründen und von dort nach Deutschland liefern. Um keine Probleme mit der Belieferung durch Hersteller zu bekommen, wird gleich ein Großhandel, die Apothekerdienstleistungsgesellschaft (ApDG), mit gegründet, der dann wohl nur Schlecker mit Arzneimitteln beliefert.

Bei so viel Goldrausch-Stimmung fehlt nur noch eine Sache: das "richtige" Urteil vom EuGH, sprich: die Erlaubnis zum Fremdbesitz. Doch was ist, wenn sich alle verspekuliert haben? Wenn das Gericht das deutsche Fremdbesitzverbot für rechtens erachtet? Es wäre nicht der erste Goldrausch, der in einer Ernüchterung endet.

Peter Ditzel

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