Auch 2008 steigen die Arzneimittelausgaben

BERLIN (ks). Nach einer Prognose des Gesundheitswissenschaftlers Prof. Bertram Häussler werden die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen 2008 um rund 2,2 Mrd. Euro bzw. 7,9 Prozent steigen. Damit werden die Gesamtausgaben bei ca. 28,9 Mrd. Euro ohne Impfstoffe und bei 30,5 Mrd. Euro mit Impfstoffen liegen. Für 2007 rechnet Häussler mit einem Ausgabenplus von 7,7 Prozent oder rund 2 Mrd. Euro.

IGES-Direktor Häussler: Mehrkosten haben auch politisch gewünschte Gründe

Erstellt hat Häussler seine Berechnungen im Auftrag des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Für den VFA hatte sein Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal den Arzneimittel-Atlas erarbeitet – als selbsternanntes Konkurrenzprodukt zum alljährlich erscheinenden Arzneiverordnungsreport. Nun nutzte Häussler die im Arzneimittel-Atlas angewandte "indikationsdifferenzierende Methodik", um in die Zukunft zu schauen. Was der Mediziner im laufenden sowie im kommenden Jahr auf die GKV zukommen sieht, erläuterte er gemeinsam mit dem VFA-Vorstandsvorsitzenden Andreas Barner am 5. September in Berlin.

Häussler zufolge gibt es zwei wesentliche Gründe für die zu erwartenden Ausgabensteigerungen im Arzneimittelsektor: "Sie liegen zum einen in der politisch gewünschten zunehmend präventiven Ausrichtung der Arzneimitteltherapie, insbesondere durch Impfstoffe und Arzneimittel zur Behandlung der weit verbreiteten Risikofaktoren Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen. Weiter haben sich durch die Einführung wirksamerer und besser verträglicher Medikamente die Behandlungsmöglichkeiten für schwere Krankheiten speziell auch im ambulanten Sektor erheblich verbessert". Häussler rechnete vor: Allein durch den vermehrten Einsatz von Impfstoffen werden die Arzneimittelausgaben 2008 um ca. 490 Mio. Euro steigen. Ursächlich hierfür sind neu aufgekommenen Impfstoffe – etwa gegen Gebärmutterhalskrebs – sowie die Gesundheitsreform, mit der Schutzimpfungen zu Pflichtleistungen der Krankenkassen wurden. Darüber hinaus werden durch den Mehrverbrauch von Arzneimitteln zur Prävention von Komplikationen bei chronischen Erkrankungen die Ausgaben für Hypertonie um etwa 310 Mio. Euro, für Fettstoffwechselstörungen um ca. 130 Mio. Euro, für Diabetes um rund 60 Mio. Euro und zur Behandlung der Osteoporose um ca. 50 Mio. Euro steigen. Für die ambulante Behandlung von Krebserkrankungen sieht der Wissenschaftler die Ausgaben um ca. 320 Mio. Euro nach oben klettern – für immunologische Erkrankungen wie Rheuma und multiple Sklerose um rund 200 Mio. Euro.

Rabattverträge: Einsparungen erst 2008 spürbar

Zudem werden die Kassen im kommenden Jahr zu spüren bekommen, dass das Preismoratorium ausläuft. Ein Jahr wie das laufende, in dem die Preise trotz höherer Mehrwertsteuer sanken, wird sich nicht wiederholen können. VFA-Chef Barner betonte jedoch, dass die Industrie auch 2008 eine "maßvolle Preispolitik" betreiben werde. Häussler zufolge werden 2008 zudem die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern nach § 130 a Abs. 8 SGB V ihre Wirkung erst richtig entfalten können. Für das laufende Jahr rechnet er aufgrund der bekannten Anlaufschwierigkeiten der Verträge mit noch bescheidenen Einsparungen von rund 100 Mio. Euro. 2008 könnten sie aber um weitere 350 Mio. Euro anwachsen – und somit eine "ganz erkleckliche Summe" zustande kommen, so Häussler.

Barner bekräftigte, dass es einen Zusammenhang zwischen Mehrausgaben und Therapiefortschritt gebe: "Fakt ist, dass wir uns für die Zukunft auf steigende Arzneimittelausgaben einstellen müssen, weil der medizinische Fortschritt immer bessere Medikamente für eine immer älter werdende Gesellschaft hervorbringen wird". Dabei bleibe es der Anspruch der forschenden Arzneimittelhersteller den Patienten nicht nur neue Medikamente, sondern bessere zur Verfügung zu stellen, die sich auch an ihrer Kosteneffektivität messen lassen. "Die kontinuierliche Verbesserung der medizinischen Versorgung und die Vermeidung von Rationierung bleiben unser gesundheitspolitisches Ziel", betonte Barner. .

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