Kommt die Supermarkt-Apotheke – ohne Labor, ohne Sortimentsbeschränkung?

STUTTGART (diz). Derzeit wird im Bundesgesundheitsministerium eine Änderung der Apothekenbetriebsordnung vorbereitet. Die bisher bekannt gewordenen Intentionen verheißen nichts Gutes für das bestehende Apothekensystem. Nach den uns vorliegenden Informationen sollen Apothekenlabor und die vorgeschriebene Mindestfläche von 110 m2 abgeschafft werden ebenso wie die Sortimentsbeschränkung auf apothekenübliche Waren.

Gefahren für Apothekensystem durch Novellierung der Apothekenbetriebsordnung

Mag der eine oder andere solchen Liberalisierungsgedanken zunächst offen gegenüberstehen, so sollte man erkennen, dass sich derartige Bestrebungen als Öffnung in Richtung Kette und Fremdbesitz entlarven. Dies gibt Raum für zahlreiche Spekulationen, wer hier seine Verbindungen zum Ministerium spielen lässt, um so den Weg für ein gänzlich neues Apothekensystem vorzubereiten.

Wie die DAZ in einem Gespräch mit Dr. Ulrich Krötsch, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer und früherer Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte, erfuhr, soll beabsichtigt sein, das Apothekenlabor nicht mehr verbindlich vorzuschreiben. Nur noch sogenannte Schwerpunktapotheken sollen ein Labor betreiben. Diese Vollapotheken sollen dann im Auftrag anderer Apotheken die vorgeschriebenen Untersuchungen durchführen. Damit würde dann wohl auch für eine Nicht-Schwerpunktapotheke die Verpflichtung entfallen, Rezepturen herzustellen. Nach Einschätzung von Krötsch bedeutete die Einführung von zwei verschiedenen Klassen von Apotheken den Untergang der normalen Apotheke. Das Labor ist ein Standbein des freien Heilberufs Apotheker, so Krötsch auch im "Aktuellen Wirtschaftsdienst für Apotheker" (AWA) vom 15. Juli. Denn das Labor befähige eine Apotheke, auch im Notdienst oder im Katastrophenfall individuell und flexibel mit Defektur und Rezeptur einzuspringen. Krötsch im AWA wörtlich: "Wer kein Labor mehr hat, hat keine Rezeptur mehr."

Als nicht minder bedenklich stuft er das Vorhaben ein, die Mindestquadratmeterzahl einer Apotheke (110 m2) aufzuheben. Dadurch wäre vorstellbar, dass Miniapotheken oder kleinere Apothekenverkaufsstellen entstehen und Apothekenecken in Supermärkten eingerichtet werden nach dem Vorbild der "prescription corners" in den USA-Drugstores.

Außerdem soll es Bestrebungen geben, für Apotheken ein offenes Sortiment zuzulassen, etwa nach der Maxime, eine Apotheke dürfe alles führen, was nur irgendwie mit Gesundheit zusammenhängt, wie Krötsch mutmaßte.

Wenn man allein diese drei diskutierten Veränderungen betrachtet, könnte dies bei dem Apothekenmodell enden, wie es ein US-amerikanischer Drugstore darstellt. Das wäre dann das Aus der heutigen Apotheke und unseres bewährten Apothekensystems. Krötsch glaubt nicht, dass ein solches Modell den Vorstellungen der Bevölkerung von einer kompetenten Apotheke entspricht. Vielmehr belegen verschiedenste Umfragen, dass unser heutiges Apothekensystem genau den Wünschen und Vorstellungen der Kunden entspricht. Krötsch: "Wir dürfen dieses Vertrauen nicht verspielen.".

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