Noch hadert der DAX mit seinem all-time-high

(hps). New York strebt nach immer neuen Höhen, doch der DAX verweigert die Gefolgschaft. Bei haussierenden Öl- und Dollarnotierungen behalten die Bedenkenträger in Frankfurt bislang noch die Oberhand. Man darf jedoch getrost davon ausgehen, dass es der DAX seinem großen Bruder Dow Jones bald gleich tun wird. Der letzte Aufschwung vor dem großen Finale steht noch aus.
Der Dow Jones erobert schwindelnde Höhen – der deutsche Leitindex bewegt sich auf hohem Niveau seitwärts und will nicht so recht folgen

Die Verzweifelung ist am Frankfurter Parkett mit Händen zu greifen. Der Euro notiert nahe 1,40 Dollar, die Ölpreise sind kaum zu bremsen und die Konjunkturerwartungen für Deutschland haben sich deutlich abgekühlt. Eigentlich Grund genug, um sich vom Parkett zu verabschieden. Doch die Leitbörse in New York zieht unverdrossen weiter nach Norden.

Soviel Ignoranz stößt hierzulande auf Skepsis. Aber was tun, wenn die Amerikaner weiter nach oben gehen? Zwar will sich in Frankfurt momentan keiner vorwagen. Dem fahrenden Zug will allerdings auch niemand hinterher rennen. Der DAX wird daher über kurz oder lang seinem amerikanischen Vorbild folgen. Mit schlechtem Gewissen zwar, aber er wird folgen.

Ignorante Optimisten

Inzwischen machen die amerikanischen Börsen weiter Tempo. Die Quartalsberichterstattung ist in vollem Gange, wobei die Erwartungen derart niedrig angesetzt wurden, dass sich Überraschungen eher auf der positiven Seite ereignen werden. Eine Art sich selbst erfüllender Prophezeiung. Im Vorgriff auf die positiven Ergebnisse hatte der Dow Anfang der letzten Woche die 14.000er Hürde in Angriff genommen. Rückendeckung kam dabei von General Electric, Coca Cola, Merrill Lynch und Johnson and Johnson. Dass die mittelfristigen Renditen immer noch über 5% lagen, die Kerninflation anzog sowie Dollar und Öl haussierten, wollte dabei nicht so recht ins Bild der Optimisten passen – und wurde daher konsequent ignoriert.

Mit großer Spannung wartete man auf die Hightechdaten. Yahoo, Pfizer und Intel enttäuschten zunächst. Yahoo beklagte rückläufige Verkaufszahlen im laufenden Jahr, während Intel fallende Gewinnmargen aufwies. Für einen Moment mussten die Börsianer ihre rosarote Brille abnehmen. Doch dann kam Versöhnliches aus den Häusern IBM und eBay und auch die heimische SAP übertraf die Erwartungen.

Der weitere Verlauf könnte sich wie folgt gestalten: Der DAX kapituliert vor den unbeugsamen Amerikanern und zieht nach. Dabei wird das alte Hoch bei rund 6130 Punkten nochmals überboten. Aber gleichzeitig bleiben auch Zinsen, Euro und Rohstoffe im Höhenrausch. Mit dem Ausklingen der aktuellen Berichtssaison wird die Börse dann – auf höchstem Niveau – ins Ungewisse entlassen. Da positive Unternehmensnachrichten nicht mehr vorhanden sind, gewinnen die Negativschlagzeilen aus der Gesamtwirtschaft an Bedeutung. Das sollte dann den Weg nach unten frei geben.

Hoffnungsträger zweite Jahreshälfte

Nach dem reglosen 0,7-prozentigen Wachstum des US-Bruttoinlandsproduktes im ersten Quartal richten die Börsianer ihre Hoffnung auf die zweite Jahreshälfte. Und dass dann alles besser werden soll, ist schon heute an der Börse ablesbar. Diese Erwartungshaltung basiert im Wesentlichen auf drei Säulen: Der Abschwung am US-Immobilienmarkt sollte bald abebben, die Verbraucherausgaben wieder anziehen und die Geschäftsinvestitionen nach oben drehen.

Das gemeinsame Fundament hierfür liegt in den Zinsen. Aber seit dem massiven Ausfall bei den zweitklassigen Krediten und dem Kollaps zweier US-Hedgefonds zeigen die Renditen steil nach oben, der Kredithunger lässt merklich nach. Untrügliches Anzeichen hierfür: Der südkoreanische Autobauer KIA wollte eine 500 Millionen Dollaranleihe, um in den USA eine neue Fabrik zu bauen. Dieses Vorhaben wurde nun verschoben, weil den Koreanern die Zinsen zu hoch sind.

Banken ziehen ihre Kreditvergaberichtlinien an – selbst für Schuldner guter Bonität. Folge: Am US-Immobilienmarkt ist keinerlei Anzeichen für eine Erholung auszumachen. Bei den Verbrauchern war im ersten Quartal die höchste Kreditausfallrate seit 2001 zu verzeichnen. Entsprechend schlecht sehen die Umsätze des Einzelhandels aus. Die US-Autohändler hatten im Juli sogar den schlechtesten Umsatz auf Jahresbasis seit 1997. Experten folgern daraus, dass die erhoffte starke Belebung im weiteren Jahresverlauf – die Investoren hoffen auf 2,5 bis 3% im BIP – wohl ausbleiben wird. Ein Umstand, den die Börse auf keiner ihrer Rechnungen hat.

Der Ausblick

Das gegenwärtige Szenario sieht noch nicht nach dem großen Ausverkauf aus. Einen Nachschlag werden die Bullen wohl noch bekommen, dann werden rote Vorzeichen die Kurszettel beherrschen. Das kurzfristige Aufwärtspotenzial könnte noch bis 8300 Punkte reichen. Die untere Begrenzungslinie für den Rückschlag bleibt bei ca. 7000 Punkten. DAX am 18. Juli (Schluss): 7894 Punkte..

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