Für den Patienten ist das Billigste das Beste

BERLIN (ks). Die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) hat in den letzten Wochen viel zu tun: Seit der jüngsten Gesundheitsreform häufen sich die Anrufe verunsicherter Patienten, die nicht mehr ihre gewohnten Arzneimittel erhalten. DGVP-Vorstand Wolfram-Arnim Candidus sieht sich durch die Beschwerden bestätigt: Sowohl das Arzneispargesetz AVWG als auch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz haben für viel neue Bürokratie gesorgt – und das zu Lasten der Patienten.

Patientenvertreter beklagen Rabattverträge und Bonus-Malus-Regelung

Candidus ist erbost über die Auswirkungen der letzten Reformen im Arzneimittelbereich. Bei einer Pressekonferenz am 28. Juni in Berlin spricht er von einer "Krankheitsreform" und dem "Arzneimittelversorgungs-Behinderungsgesetz". Sowohl die Bonus-Malus-Regelung für Vertragsärzte als auch die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern zeigten, dass für Patienten offenbar das Billigste gerade gut genug sei. Unter dem Druck drohender Wirtschaftlichkeitsprüfungen verordneten Ärzte nicht mehr die gewohnten Arzneien sondern zumeist nur noch den Wirkstoff. Nicht zuletzt weil demjenigen, der besonders günstig verordnet, Boni winken. "Immer mehr wird die Therapiefreiheit dem Kostenmanagement geopfert", beklagt der DGVP-Chef.

Doch nicht nur der Arzt hat es schwer, das Vertrauensverhältnis zum Patienten aufrecht zu erhalten – den Apothekern geht es nicht besser. Sie wurden zum "Prellbock" für die Rabattverträge gemacht – immer wieder müssen sie den Patienten erklären, warum sie auf ihre bewährten Mittel verzichten und möglicherweise ein zweites Mal in die Apotheke kommen müssen. Candidus kann die Klagen der Apotheker im Zusammenhang mit der Umsetzung der Rabattverträge gut verstehen. Die Verträge seien "ein bürokratisches Monster zu Lasten der Therapie".

Gefahr der Fehlmedikation bei Multimorbiden

Noch schlechter sind in seinen Augen allerdings die Patienten dran – vor allem, wenn sie multimorbid oder chronisch erkrankt sind. Gerade wer mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen müsse, könne durch einen häufigen Präparate-Wechsel leicht den Überblick verlieren. "Damit besteht eine große Gefahr, dass Patienten Fehlmedikation betreiben", so Candidus. Dies habe zur Folge, dass den anvisierten Einsparungen am Ende wieder mehr Kosten durch häufigere Arztbesuche gegenüberstehen. Rechnet man auch noch die Ausgaben für den zusätzlichen Bürokratieaufwand hinzu, seien die Einsparziele ohnehin zunichte gemacht, so Candidus. Für ihn ist daher klar: Die bestehenden Zustände können nicht länger geduldet werden. Er forderte daher Ärzte und Apotheker auf, gemeinsam mit dem DGVP bessere Lösungen zu erarbeiten. An die Patienten appellierte er, Courage zu zeigen und die Missstände, die sie erleben, nach außen zu tragen. .

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