Zinsangst: DAX geht in die Konsolidierungsphase

(hps). Der scheinbar unerschöpfliche Liquiditätsstrom kennt doch auch Grenzen. Nachdem der DAX sein all-time-high beinahe erreicht hatte, kamen aus den USA die alten Zinsängste wieder ins Spiel und brachten dem Markt die längst überfällige Abkühlung. Bislang geistert die Angst vor steigenden Geldsätzen nur wie ein Phantom durch die Börsensäle. Sollten sich allerdings die Hinweise auf eine US-Zinsanhebung verdichten, dürften die Börsen tatsächlich spürbar an Kraft einbüßen.
Nach dem Erreichen der Höchststände aus alten Boomzeiten scheint die Stimmung an den Börsen zu kippen

Während die Wirtschaft der USA im ersten Quartal den geringsten Zuwachs seit vier Jahren verbuchte, blieb die Inflationsrate an der oberen Bandbreite dessen, was die US-Notenbank gerade noch bereit ist zu akzeptieren. Durch den Einbruch am Häusermarkt und die damit verbundene Gefahr eines gesamtwirtschaftlichen Flächenbrandes war bislang die Mehrheit der Analysten davon ausgegangen, dass es noch in diesem Jahr zu mehreren Zinssenkungsschritten kommen werde.

Interessanterweise ist es nicht zuletzt der aufstrebende Aktienmarkt, der so namhafte Geldhäuser wie JP Morgan, Bear Stearns oder Barclays nun auf die Seite der Pessimisten wechseln lässt. Mit der Wall Street auf historischem Hoch (das Sich-reich-fühlen schlägt regelmäßig unmittelbar auf den Index des Verbrauchervertrauens der Amerikaner durch) und dem stabilen Arbeitsmarkt haben die Inflationsbefürchtungen wieder Oberwasser gewonnen. Die Analysten erwarten nun eine neuerliche Zinserhöhung gegen Ende des Jahres und verabschieden sich damit von ihrer Zinssenkungsphantasie, die bislang die treibende Kraft hinter den haussierenden Börsen darstellte. Auch die Übernahmephantasien wären dadurch gefährdet, da diese Transaktionen – zum größten Teil fremdfinanziert – ganz entscheidend von den niedrigen Zinsen gespeist werden.

Die jüngsten US-Wirtschaftsdaten legen eine Zinsanhebung durchaus nahe. So legte die Produktivität im letzten Quartal lediglich um 1% zu, während die Arbeitskosten um 1,8% (Analystenschätzungen: 0,6%) anzogen. Die Arbeitskosten sind einer der Schlüsselindikatoren für die Geldpolitik der US-Notenbank. Auch die Preisentwicklung am Rohölmarkt dürfte die Herren um Notenbankchef Bernanke nicht gerade gnädiger stimmen.

Der Yen – das Zünglein an der Waage?

Dem Normalanleger kann der Yen im Prinzip gleichgültig sein. Seine Bedeutung scheint sich zunächst auf den japanischen Export zu beschränken. Wäre da nicht die verblüffende Ähnlichkeit zwischen dem Kursverlauf der japanischen Börse und dem Dollar/Yen-Verhältnis.

Mit jedem Schritt, mit dem der Dollar Richtung 122 Yen gepusht wird, geht grundsätzlich auch der japanische Nikkei nach oben. In letzter Zeit zeigen allerdings beide Kursverläufe arge Ermüdungserscheinungen. Die Rhetorik des japanischen Finanzministeriums, die 0-Zinspolitik der japanischen Notenbank und die Interventionen der großen Exporteure Nippons am Devisenmarkt sorgten bislang dafür, dass der Yen völlig unterbewertet wurde, was dem japanischen Export einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sicherte.

(Inoffiziell liegt der kritische Wechselkurs der japanischen Exporteure bei knapp 105 Yen pro Dollar). Unter Analysten gilt der Yen indes als die am deutlichsten unterbewertete Währung unter den Leitwährungen. Selbst die G8-Staaten äußerten sich diesbezüglich mit Sorge. Was zunächst nicht unbedingt mit unmittelbaren Konsequenzen verbunden scheint. Immerhin hat man es auf der Gegenseite mit finanziell potenten und einflussreichen Interessensgruppen zu tun. Doch auch deren Reichweite scheint nicht unbegrenzt.

Das permanente "Schwachreden" der japanischen Währung stößt angesichts der klar aufstrebenden Wirtschaft Nippons immer mehr auf Skepsis. Auch der politische Aufwertungsdruck, der nun auf dem chinesischen Yuan liegt, bringt ebenso die Yen-Skeptiker immer mehr unter Zugzwang. Wo aber ist die Verbindung zu den Aktienmärkten?

Eine alte Sorge der Amerikaner ist, dass mit einem stärkeren Yen auch die sogenannten Carry Trades ins Stocken geraten und den Liquiditätszufluss an asiatischen Geldern in den US-Anleihenmarkt unterbrechen könnten. Die Finanzierung des US-Staatsdefizits ist von asiatischem Kapital ganz wesentlich abhängig und die Börse war vor Kurzem aus diesem Grund schon einmal erheblich unter Druck geraten. Auf dem jetzigen Niveau dürfte der Dollar kurz vor dem Fall stehen. Kurse unter 121 Yen werden weitere Dollarverkäufe nach sich ziehen, was wiederum die japanische Börse und auch die Wall Street nicht unbeeindruckt lassen wird. Dies könnte durchaus die Konsolidierung an den Weltbörsen einleiten bzw. verstärken.

Der Ausblick

Die neu aufgeflammten Zinsängste dienen zunächst nur als willkommener Anlass zu Gewinnmitnahmen. Der DAX weist dabei mitunter Tagesverluste von über 1% auf, was die Vermutung nahe legt, dass die vielbesagte Konsolidierung nun doch tatsächlich eingesetzt hat. Das vorläufige Kursziel liegt bei 7500 Punkten im DAX. Dann sollte sich eine Gegenbewegung breit machen, von deren Stärke es abhängig sein wird, ob wir weiter knapp unter 7000 Punkte rutschen oder einen neuen Anlauf Richtung 8000 unternehmen. DAX vom 6. Juni (16.00 h): 7798 Punkte. .

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