Finanzinvestor KKR übernimmt Alliance Boots

LONDON (tmb). Der Übernahmekampf um Alliance Boots ist entschieden. Der Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) und der Alliance Boots-Großaktionär Stefano Pessina werden den britischen Pharmagroßhändler und Apothekenkettenbetreiber übernehmen.

Widersprüchliche Einschätzungen über Zukunftspläne

KKR und Pessina hatten am 24. April ihr zuvor bereits mehrfach aufgestocktes Angebot auf 11,39 britische Pfund je Aktie erhöht, was einem Gesamtwert des Unternehmens von 11,1 Milliarden britischen Pfund (etwa 16,3 Milliarden Euro) entspricht. Daraufhin zogen der Finanzinvestor Terra Firma, der Wellcome Trust und die britische Bank HBOS ihr gemeinsames Angebot von 11,26 britischen Pfund je Aktie zurück, mit dem sie erst wenige Tage zuvor das vorherige KKR-Angebot von 10,90 britischen Pfund je Aktie überboten hatten. Damit verbleibt nur das Angebot von KKR und Pessina, die bereits am 24. April 28,7 Prozent der Aktien von Alliance Boots und damit eine Sperrminorität hielten. Der Vorstand von Alliance Boots empfiehlt den Aktionären, das Angebot anzunehmen. Die Übernahme soll bis Juli abgewickelt werden.

Alliance Boots betreibt Pharmagroßhandlungen und Apothekenketten in mehreren Ländern Europas und setzte im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 7 Milliarden britische Pfund um. Der Konzern hat weltweit 63.000 Mitarbeiter und verfügt über 3100 Apotheken und andere Verkaufsstellen. In Deutschland hält er eine Beteiligung an der Anzag. Der Konzern war erst 2006 aus Alliance Unichem und Boots entstanden. Der Großaktionär Pessina hatte sein familiengeführtes italienisches Unternehmen Alliance Sante 1997 an die britische Unichem verkauft und die Alliance Unichem bis 2006 geleitet.

Die nun anstehende Übernahme ist weit über die Pharmabranche hinaus bedeutsam. Denn sie ist die größte Kapitalmaßnahme, die je ein Finanzinvestor in Europa getätigt hat, und die erste Übernahme eines Unternehmens aus dem führenden britischen Börsenindex FTSE-100 durch einen Finanzinvestor. Zudem gilt Boots als eine der bekanntesten Traditionsmarken in Großbritannien. Das weitere Vorgehen in diesem öffentlichkeitswirksamen Fall kann daher den Ruf der ganzen kritisch betrachteten und in Deutschland mitunter als "Heuschrecken" bezeichneten Branche beeinflussen.

Investition oder Spaltung?

KKR-Partner Dominic Murphy äußerte sich bereits am 24. April zur Nachhaltigkeit der Übernahme, wie die britische "Financial Times" in ihrer Online-Ausgabe meldete. Trotz des hohen Kaufpreises würden keine Filialen geschlossen und keine Mitarbeiter entlassen, sondern sogar zusätzliche Apotheken eröffnet. Kein bestehender Investitionsplan werde gekürzt. Alliance Boots habe eine enge Beziehung zu den britischen Konsumenten, die weiter gefestigt werden solle. KKR werde daher mindestens fünf Jahre an Alliance Boots beteiligt bleiben. Zugleich habe der Großaktionär Pessina angekündigt, über eine Milliarde britische Pfund in das Unternehmen zu investieren.

Dagegen wurde am 25. April in der "Financial Times Deutschland" über eine mögliche Aufspaltung des Konzerns spekuliert, mit der KKR die Transaktion finanzieren könne. Die einzelnen Sparten, also Großhandel und Apotheken in verschiedenen Ländern, ließen sich gut aus dem Konzern herauslösen. Dann würden sich auch Chancen für die deutsche Celesio ergeben, ihren Expansionskurs in Europa durch die Übernahme von Unternehmensteilen von Alliance Boots fortzusetzen, hieß es weiter in der "Financial Times Deutschland".

Weitere Unklarheiten könnten sich aus den Pensionsverpflichtungen von Alliance Boots ergeben, wie "AFX News" am gleichen Tag meldeten. Denn nach der Einschätzung eines früheren Finanzvorstandes von Boots sollten die neuen Inhaber mindestens 500 Millionen britische Pfund aufwenden, um die Pensionsrückstellungen an die gestiegene Lebenserwartung der Mitarbeiter anzupassen..

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