Börsen: Neue Höhen trotz Mittelmaß

(hps). Nachdem der DAX in den letzten Wochen mächtig voran geeilt war und dabei die Wall Street deutlich hinter sich lassen konnte, will der DAX nun nicht mehr mit den jüngsten Kursgewinnen in New York mitziehen. Die Wall Street hatte Nachholbedarf, übertraf dabei aber nur leicht ihr altes Hoch. Nun ist man in Frankfurt verunsichert, wie ernst es der Leitbörse mit der Fortsetzung des Aufschwungs ist.

Das Öl wird teurer, die Immobilien immer billiger: Wann endet der Aufwärtstrend?

In einer Vorahnung, dass die gesamtwirtschaftlichen Missklänge nicht spurlos an den Unternehmensergebnissen vorüberziehen werden, haben die Analysten ihre Gewinnschätzungen vorab deutlich herabgestuft, um dann am Ende in dem ein oder anderen Fall doch noch angenehm überrascht zu werden. Nicht selten bricht schon Begeisterung aus, wenn das Minus geringer ausfällt als erwartet. Was hier etwas nach einer Anleitung zum Selbstbetrug aussieht, hat dem Dow Jones immerhin ein neues historisches Hoch eingebracht.

Der emotionale Absturz müsste eigentlich folgen, betrachtet man sich die bislang veröffentlichten Ergebnisse. Knapp 30% der im S&P Index gelisteten Unternehmen haben bislang ihre Zahlen offen gelegt. Im Durchschnitt sind die Gewinne dabei um 5,2% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im letzten Quartal waren die Zuwächse noch gut zweistellig. Ganz klar: Es geht nur darum, den Zustrom an Liquidität irgendwie halbwegs zu legitimieren. Deshalb ist die Tendenz aufwärts gerichtet, aber eben mit angezogener Handbremse, weil die nachlassende Gewinndynamik nicht zu übersehen ist. Für weiter steigende Kurse bleibt nur die Hoffnung auf bessere Zeiten in der US-Volkswirtschaft. Aber wo ist er, der Silberstreif am Horizont?

Traum mit bösem Erwachen?

Die Ölpreise sind für die Industrie zwar nicht mehr das Thema Nr. 1, solange sie sich in sicherer Entfernung der 80-Dollar-Marke halten. Dem US-Verbraucher machen sie aber zu schaffen. Zu viel Geld bleibt an der Tankstelle liegen und fehlt somit im Konsum. Unterdessen macht das Schwarze Gold einen stabilen Eindruck, eine Entwarnung ist nicht in Sicht. Mal ist es der Iran, mal ist es Nigeria, es scheint jedoch immer einen guten Grund für weiter steigende Preise zu geben.

Das zweite Sorgenkind des Verbrauchers sind die fallenden Immobilienpreise. Auch wenn damit keine direkte Gefahr für die Gesamtwirtschaft verbunden zu sein scheint, zieht es jetzt doch weite Kreise im Häuser- und Möbelmarkt. Auch die nicht ganz unwesentliche Konsumentenschicht an zweitklassigen Kreditnehmern wird den Gürtel nun enger schnallen müssen. Anzeichen für eine Erholung gibt es nicht, die Hausverkäufe sind rückläufig – der schlimmste Einbruch seit 18 Jahren. Das Verbrauchervertrauen geht daher neuerdings wieder auf Tauchstation, leicht abgefedert durch den nach wie vor robusten Arbeitsmarkt.

In Frankfurt läuft man nun wieder dem Dow Jones hinterher – die Welt ist also wieder in Ordnung. Die personellen Querelen bei der Telekom und Siemens hätten zwar noch vor 20 Jahren einen Erdrutsch an der Börse ausgelöst, heute sind bei den Global Players dagegen nur noch höchstens leichte Erschütterungen wahrzunehmen. Wirklich richtungweisend sind die Meldungen aus Übersee.

Die Situation erinnert wieder an die Stimmung vor dem kräftigen Kursrückgang im Februar, als man sehr deutlich erkennen konnte, wie schnell Meinungen und Stimmungen drehen, wie wertlos Analystenmeinungen dann sein können. Die Quartalszahlen fielen bislang gemischt aus und rechtfertigen in der Breite eigentlich keine höhere Kursbewertung. Selbst wenn man die problematischen Themen Ölpreis und Euro ausklammert, bleibt doch festzustellen, dass die US-Unternehmensergebnisse rückläufig sind, obwohl der Absatzmarkt China sagenhafte 11% Wachstum verzeichnet.

Es ist daher kaum nachvollziehbar, woher die Wende zum Besseren kommen soll – ganz einfach, weil es besser kaum mehr geht. Die Frage muss vielmehr sein: Wie sieht die ganze Geschichte denn aus, wenn China aus geldpolitischen Gründen die Zinsen anziehen wird und das Wachstum dann tatsächlich dämpft? Mit dem banalen Hinweis auf die Globalisierungsphantasie jedenfalls sind die Optimisten schon im Februar gescheitert. Und beim nächsten Mal werden sich die Bären nicht mehr so leicht verjagen lassen.

Die Aussichten

Bei 7300 Punkten im DAX bzw. 13.000 im Dow Jones haben beide Indices sichtbar Mühe. Die Berichtssaison nähert sich in der kommenden Woche ihrem Ende und da kann sich leicht die Erkenntnis breit machen, dass die Saison unter dem Strich eher enttäuschend verlaufen ist. Damit wird der Rückschlag nur aufgehoben. Erstes Zwischenziel bleibt dann 6800 Punkte im DAX. Stand vom 25. April (17.00 h): 7338 Punkte..

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