Pfizer setzt sich durch

(diz). Was Pfizer bereits in Deutschland versuchte, aber bisher am gemeinsamen Widerstand von Großhandel und Apotheken scheiterte, scheint dem Weltkonzern nun in Großbritannien – vorerst – gelungen zu sein: der exklusive Vertrieb von Pfizer-Produkten über nur einen Großhändler, hier Alliance Boots, als reinen Logistiker. Doch Widerstand gegen diesen Kontrakt formiert sich.
Hersteller liefert in Großbritannien nur noch über Alliance Boots aus

Im September vergangenen Jahres kündigte der Konzern an, den Vertrieb seiner verschreibungspflichtigen Arzneimittel in Großbritannien ausschließlich über den Großhändler Alliance Boots (früher Alliance Unichem) abwickeln zu wollen. Die Einführung dieser neuen Regelung werde die Übernahme der vollen Verantwortung für Medikamente ermöglichen vom Zeitpunkt des Verlassens der Ware aus den Pfizer-Produktionsstätten bis zum Verkauf an Apotheker. Für Alliance Boots könne dies bis zu 7000 Kunden mehr bedeuten, was die tägliche zweimalige Belieferung der Apotheken in Großbritannien in Frage stellen könnte, so Beobachter.

Nach dieser Ankündigung schlugen nicht nur Apotheker Alarm, sondern sogar britische Parlamentarier, die Bedenken gegen die Monopolisierung von Alliance anmeldeten. Mittlerweile hat sich auch die britische Wettbewerbsaufsicht (Office of Fair Trading) eingeschaltet und angekündigt, den Arzneimittelvertrieb in Großbritannien zu untersuchen.

Die Vereinbarung zwischen Pfizer und Alliance führte bereits zu zahlreichen Beschwerden von Ärzten und Großhändlern, die nun nicht mehr mit Pfizer im Geschäft sind. Sie verweisen auf die – ihrer Meinung nach – Wettbewerbswidrigkeit dieser Vereinbarung. Letztendlich fürchten sie dadurch eine Verringerung der Konkurrenz und eine Erhöhung der Kosten im Gesundheitssystem durch weniger Wettbewerb. Das Office of Fair Trading will seine Untersuchung bis zum Jahresende vorlegen.

Als weitere Entwicklung kommt hinzu, dass derzeit die Private-Equity-Gruppe KKR (Kohlberg Kravis und Roberts & Co.) an einem 10 Milliarden-Pfund-Gebot für Alliance Boots arbeitet.

Kein "Big Brother" in Deutschland

Bereits vor zwei Jahren machte Pfizer auch einen Vorstoß in Deutschland. Unter dem Vorwand, einen Weg zu suchen, den Patienten die Lieferung nicht gefälschter Arzneimittel zu sichern und die Lieferfähigkeit zu erhöhen, glaubte das Unternehmen die Lösung darin zu sehen, die Großhandelsstrukturen und damit auch die bewährten Distributionsstrukturen in Deutschland umzukrempeln. Man versuchte dem Markt ein System schmackhaft zu machen, in dem Pfizer bis zur Aushändigung des Arzneimittels Eigentümer der Ware bleibt und der Großhandel nur noch Logistiker-Funktionen vergleichbar mit DHL oder ups übernimmt.

Auf dem Weg zur gläsernen Apotheke

Um den Weg der Ware nachverfolgen zu können, hatte man sich bereits ein ausgeklügeltes Verfahren ausgedacht, bei dem Pfizer die vollständige Kontrolle behält. Und genau das dürfte der Hintergrund der Systemumstellung nach dem Geschmack von Pfizer sein: die absolute Kontrolle und Transparenz über alle Handelsstufen, die gläserne Apotheke und den gläsernen Patienten. Der Großhandelsverband Phagro sprach seinerzeit bereits vom "Big Brother". Pfizer könnte als Monopolist nicht nur die Konditionen diktieren, sondern auch die Arzneimittelabgabe kontrollieren und indirekt sogar das lokale Verordnungs- und Verbraucherverhalten. Der klassische Großhandel bliebe außen vor, die Beziehung des Großhandels zur Apotheke würde sich verändern, die Apotheke hätte mehr Arbeit und beide würden praktisch entmündigt. Bis jetzt konnten die Angriffe Pfizers erfolgreich abgewehrt werden. .

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