Kein einheitliches Rauchverbot in Gaststätten

BERLIN (ks). Ein deutschlandweites einheitliches Rauchverbot in Gaststätten wird es auch in Zukunft nicht geben. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer einigten sich am 22. März zwar darauf, in Behörden, Bildungs-, Kultur- und Gesundheitseinrichtungen, Verkehrsmitteln und Diskotheken das Rauchen ausnahmslos zu verbieten – bei der Gastronomie schieden sich jedoch die Geister.
Unions-Ministerpräsidenten wollen Ausnahmemöglichkeiten prüfen

"90 Prozent des Nichtraucherschutzes in Deutschland wird einheitlich sein", sagte Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) im Anschluss an das Treffen der Ministerpräsidenten. "Das ist der größte Schritt zum Passivrauchen, den es je in Deutschland gegeben hat." Die Mehrheit der Länder sprach sich für ein weitgehendes Rauchverbot aus, wonach lediglich in Gaststätten mit abgetrennten Räumen Ausnahmen möglich sind. Die Länderchefs schlossen sich damit einem entsprechenden Beschluss ihrer Gesundheitsminister vom 23. Februar an. In einer Protokollnotiz dieses Beschlusses ist jedoch vermerkt, dass Niedersachsen und Nordrhein prüfen wollen, ob einzelne gastronomische Betriebe die Möglichkeit erhalten sollen, sich zu Rauchergaststätten zu erklären. Diese Absicht haben die beiden Länder nach wie vor, Wulf zufolge sind es mittlerweile sogar noch mehr. So zeigten sich auch das Saarland und Sachsen-Anhalt offen für Ausnahmen, Bayern will das strikte Verbot nicht in Bierzelten gelten lassen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) stellte für die fünf SPD-regierten Länder klar, dass es aus deren Sicht der Protokollnotiz nicht bedurft hätte. Er betonte, dass "noch keine Entwarnung" gegeben werden könne. Je mehr Ausnahmen es gebe, desto mehr werde der Grundsatzbeschluss durchlöchert. Unklar blieb zudem, ob die abgetrennten Raucherbereiche in Gaststätten mit oder ohne Bedienung eingerichtet werden. Wulff hält es für denkbar, dass die Angestellten künftig ihre Einwilligung für eine Beschäftigung an einem Raucherarbeitsplatz geben müssten. Wowereit bezweifelte, dass sich dies in der Praxis durchsetzen lässt.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), die sich zuvor für eine gemeinsame Linie der Bundesländer stark gemacht hatte, hätte sich "mehr Zusammenhalt gewünscht". Sie appellierte an die Länder, dass am Ende ihrer Prüfung etwaiger Ausnahmen, ein bundeseinheitlicher Schutz und kein Flickenteppich an Regelungen stehen solle. Trotzdem räumte Bätzing ein, dass Deutschland mit dem Beschluss der Ministerpräsidenten einen "sehr großen Schritt weitergekommen" sei. Zumindest komme es zu einem Rauchverbot in allen öffentlichen Bereichen und Diskotheken. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte im Vorfeld des Treffens betont, dass eine einheitliche Lösung nicht das Maß aller Dinge sei: "Wenn man den Föderalismus will, muss man auch mit verschiedenen Regelungen in verschiedenen Bundesländern leben."

SPD-Abgeordnete üben Kritik

Die SPD-Abgeordneten Lothar Binding, Margrit Spielmann und Marlies Volkmer kritisierten den Beschluss: Die Ministerpräsidenten einzelner Bundesländer ignorierten den Willen von über 70 Prozent der Bevölkerung, wissenschaftliche Gutachten und die positiven Erfahrungen in anderen europäischen Ländern. Die drei SPD-Politiker setzen daher auf Eigeninitiative. Mit einem Gruppenantrag wollen sie den Bundestag dazu bringen, die Verantwortung zu übernehmen. Sie wollen über eine Änderung der Arbeitsstättenverordnung einen einheitlichen Schutz vor Passivrauchen erreichen. Martina Bunge, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und Mitglied der Linksfraktion erklärte, die Bundesregierung habe mit dem Beschluss "die Quittung für ihre Verzögerungstaktik erhalten".

Ärztepräsident appelliert an Arbeitsminister

Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe warf den Ländern "Versagen" vor. Es sei "ignorant, trotz der Gesundheitsgefahren des Passivrauchens nach immer neuen Ausnahmeregelungen zu fahnden, um uneinsichtige Raucher und Gastwirte zufrieden zu stellen". Wenn es um den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz geht, dürfe es keine "Scheinlösungen" geben, so Hoppe. Er forderte Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) auf, die Ausnahmeregelung für Gaststätten in der Arbeitsstättenverordnung zu streichen.

Die Arbeit an den verschiedenen Landesgesetzen wird nun beginnen. In Bayern zeigte man sich besonders fleißig: Dort beschäftigte sich das Kabinett bereits am vergangenen Freitag mit dem Thema. In den meisten anderen Ländern wird man noch etwas Zeit brauchen. Spätestens zum Jahresende sollen die Nichtraucherschutzgesetze aber flächendeckend in Kraft treten..

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