Kongress

Albert Hofmann im Gespräch: Der Naturwissenschaftler als Mystiker

In geistiger Frische und guter Laune beantwortete Albert Hofmann während des ihm zu Ehren veranstalteten LSD-Symposiums in Basel die Fragen von Journalisten aus aller Welt und unterschiedlichster Fachrichtungen. Die wesentlichen Fragen und Antworten sind hier Ų teilweise gekürzt Ų referiert:

DAZ:

Herr Dr. Hofmann, Sie haben LSD als eine Wunderdroge und als Ihr Sorgenkind bezeichnet. Welcher Aspekt überwiegt?

Hofmann:

Eindeutig der Aspekt der Wunderdroge. Ich hoffe, dass sich diese Bewertung auch bei den Gegnern und Skeptikern durchsetzen wird. Im Übrigen gilt auch hier: Sorgenkinder sind oft geniale Kinder.

DAZ:

Wie würden Sie LSD kurz charakterisieren?

Hofmann:

LSD ist ein Werkzeug der Bewusstseinsforschung und der Bewusstseinserweiterung.

DAZ:

Wie funktioniert das "Werkzeug" LSD?

Hofmann:

LSD stellt das Wissen und die Erfahrungen, die wir in unserem Hirn gespeichert haben, neu zusammen und verschafft uns dadurch neue Einsichten.

DAZ:

Sind die Versuche, durch LSD das Bewusstsein zu erweitern, nicht letztlich an der Realität gescheitert?

Hofmann:

Leider haben viele Menschen das LSD missbraucht. Richtig angewendet, führt LSD den Menschen zu der Erkenntnis, was er werden und sein sollte, nämlich eher ein geistiges als ein techni-sches Wesen. Noch nie in der Menschheitsgeschichte war eine Droge wie LSD so notwendig wie in der heutigen westlichen Zivilisation.

DAZ:

Dies klingt nach einem politischen Bekenntnis.

Hofmann:

Genau das ist es, es geht mir um Weltpolitik, um die Gestaltung der Zukunft der gesamten Menschheit. Wir müssen uns wieder darauf besinnen, was wir sind: ein Teil der Schöpfung und ein Teil alles Lebendigen. Und wir müssen lernen zu unterscheiden, was wichtig ist und was weniger wichtig ist.

DAZ:

Wie vereinbaren Sie diese Vision mit Ihrer Denkweise als Naturwissenschaftler?

Hofmann:

Bestens, für mich besteht da kein Widerspruch, sondern vielmehr ein inniger Zusammenhang. Wer die Natur wirklich erforscht, wird dabei zum Mystiker. Und wer dabei kein Mystiker wird, ist kein echter Naturwissenschaftler. Im Übrigen hat LSD auch manchem Forscher zu wichtigen Erkenntnissen verholfen: Der Nobelpreisträger Kary Mullis hat die Idee der Polymerase-Kettenreaktion unter der Wirkung von LSD entwickelt.

DAZ:

Zurück zu Ihrer politischen Vision: Wie könnte LSD als Werkzeug der Bewusstseinserweiterung in unserer Gesellschaft zum Einsatz kommen?

Hofmann:

LSD sollte auf eine ähnliche Art wie die Betäubungsmittel legalisiert, also mit strengen Vorsichtsmaßnahmen in die Gesellschaft integriert werden. Es sollte keinesfalls unkontrolliert freigegeben werden.

DAZ:

Halten Sie LSD für ein Arzneimittel, das der Arzt verschreiben sollte?

Hofmann:

Nein, sofern es nicht mit einer bestimmten therapeutischen Indikation zum Einsatz kommt – das wäre ein Thema für sich. LSD, angewendet mit der Indikation Bewusstseinserweiterung, ist eine sakrale Droge; ihre Anwendung bedarf entsprechender Räumlichkeiten unter der Anleitung und Aufsicht entsprechender Personen. Jeder reife, erwachsene Mensch sollte die Möglichkeit erhalten, in einer solchen Umgebung LSD zu nehmen und seine Erfahrung damit zu machen. Er wird dadurch ein anderer Mensch, zu seinem persönlichen Wohl und zum Wohl der gesamten Menschheit.

DAZ:

Herr Dr. Hofmann, ist LSD auch das Geheimnis Ihres langen Lebens?

Hofmann:

Nein! Dass ich noch lebe, verdanke ich wahrscheinlich meiner Gewohnheit, jeden Morgen zwei rohe Eier in mein Müsli zu rühren. Im Ei ist alles enthalten, was für die Entwicklung eines Lebewesens notwendig ist – und anscheinend auch das Wichtigste, was zu seiner Erhaltung dient.

DAZ:

Ist LSD auch im Ei?

Hofmann:

Nein, dann könnte es auch keine sakrale Droge sein. Aber LSD ist ein Naturstoff, und die Natur gibt uns, was wir brauchen. Dass damit auch die Möglichkeit des Missbrauchs gegeben ist, sagte ich schon.

DAZ:

Eine letzte Frage: Was ist das Schicksal eines Menschen nach seinem Tode?

Hofmann:

Ich bin davon überzeugt, dass sein Geist weiterlebt.

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