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Der Plätzchenprobierer (Glosse)

Endlich hat Josef Hecken, seines Zeichens Gesundheits-, Justiz- und Verbraucherschutzminister des Saarlands, kurz vor Weihnachten und vor Jahresschluss doch noch ein adäquates und sicher in höchstem Maße befriedigendes Betätigungsfeld gefunden. Er hat, so zwei aktuelle Pressemitteilungen aus seinem Haus, angeordnet, die Beprobung von Weihnachtsgebäck sowie von Weihnachtsgänsen, Lachs und Puten durchführen lassen.

Vielleicht könnte ihn doch endlich das von seinem Vorhaben ablenken, den Fremd- und Mehrbesitz bei Apotheken einführen zu wollen. In seinem Saarland ließ er also beim Weihnachtsgebäck vorsorglich über 35, bei Geflügelfleisch über 95 und beim Lachs 20 Proben ziehen, um die Qualität der Waren kritisch unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis ist weitgehend zufriedenstellend. Die Saarländer können dank ihres Ministers gelassen in die Festtage gehen, sie dürfen sich Weihnachtsplätzchen, Weihnachtsgans, Lachs und Puten aus ihrem Land guten Gewissens auf der Zunge zergehen lassen – der Minister hat vorgekostet und alles für gut befunden.

Warum hat sich der ehemalige Metro-Mann nicht schon früher intensiver mit dieser Materie befasst? Da hätte er auch seine früheren Erfahrungen viel besser unterbringen können. Stattdessen wühlte er in diesem Jahr im Europa- und Apothekenrecht herum, schmiss alles durcheinander und erlaubte einer ausländischen Kapitalgesellschaft widerrechtlich die Eröffnung einer Apotheke. Und dies alles mit unvorsehbaren Folgen für den Fortbestand der deutschen Apotheke. Hätte er sich und sein Ministerium seinerzeit schon mehr auf die Beprobung von Weihnachtsgebäck oder auch von österlichem Festbraten konzentriert, wären ihm vielleicht die umstürzlerischen Gedanken nicht gekommen (plenus venter non studet libenter, wie der Lateiner zu sagen pflegt).

Ich kann mir gut vorstellen, wie Apothekerschreck Hecken in seiner Amtsstube sitzt, vor einer leckeren Putenkeule oder einem knusprigen Gänsebeinchen, nachdem er zuvor vielleicht ein paar Scheibchen feinsten Lachses mit Meerrettich und Dill genossen hat. Danach legen ihm seine Staatsanwälte noch viele Tellerchen und Schüsselchen mit köstlichen Weihnachts-Gutsle vor, damit ihr Minister mal hier ein Spritzgebackenes oder einen Dominostein, vielleicht gar einen Zimtstern(!) und dort mal ein Vanillekipferl oder ein Lebküchlein kosten kann, um sie genüsslich zu erproben. Hoffen wir nur, dass ihm keiner von seinem Hofstaat diese billigen holländischen Butterkekse untergejubelt hat! Aber das würde der Herr Minister doch hoffentlich merken und nie zulassen!

Und als Abschluss der Beprobung hat der saarländische Minister für seine saarländischen hausfräulichen Untertanen noch einen Tipp parat: "Günstig ist es, Plätzchen und Weihnachtsgebäck nur wenig zu bräunen. Auch weisen weiches Gebäck und feuchtere Backwaren niedrigere Werte [von Acrylamid] auf als trockene flache Plätzchen", erklärt Hecken in seiner Pressemitteilung. Tja, wo er Recht hat, hat er Recht, vom Backen scheint er mehr zu verstehen als vom Apothekengesetz.

Peter Ditzel

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