Beratung

Literaturtipps: Ratgeber, wirklich Rat geben (P. Jungmayr)

Zur Zeit sind mehr als 50 Bücher zum Thema Brustkrebs im Buchhandel. Es handelt sich dabei um Ratgeber, Fachbücher und Erfahrungsberichte, wobei der Übergang zwischen Erfahrungsbericht und Ratgeber oft fließend ist. Weitere Informationsmöglichkeiten für Patienten und Angehörige finden sich in Firmenbroschüren, Ratgebern der Fachgesellschaften und im Internet. Im Folgenden werden zwei Patientenratgeber in Buchform vorgestellt.

Knapp zwei Kilo geballte Information Das Über-Lebensbuch Brustkrebs in seiner dritten Auflage beeindruckt bereits durch sein Äußeres: Ein Ringbuch im DIN-A-4-Format, 1738 g schwer, 336 Seiten Umfang. Die Autorinnen, Ursula Goldmann-Posch, Redakteurin, Verfasserin mehrerer Sachbücher und selbst Brustkrebspatientin, und die Ärztin Rita Rosa Martin, Medizinjournalistin und ebenfalls Betroffene, sind fundierte Kennerinnen der Materie und engagierte Vertreter von Patienteninitiativen und Patienteninteressen. Das persönliche Engagement und die hohe Patienten- und Fachkompetenz schlagen sich in jeder Seite des Ratgebers nieder, fordern aber auch Eigeninitiative und Mitverantwortung von Seiten des Lesers. Das Buch enthält acht Kapitel und diverse Anhänge. Schwerpunkte sind dabei die Diagnose, der operative Eingriff, Chemo- und Antikörpertherapie, Bestrahlungen, Hormontherapie, Nebenwirkungen und Nachsorge. Alle medizinischen Informationen wurden durch einen wissenschaftlichen Beirat (Onkologen, Gynäkologen, Radiologen, Pathologen, Chirurgen und weitere) geprüft und entsprechen den aktuellen Qualitätsstandards. Auch komplexe Inhalte sind anschaulich erklärt und teilweise mit Graphiken und Abbildungen versehen. Die Leserin wird immer wieder aufgefordert, mit ihrer Erkrankung eigenverantwortlich umzugehen und sich aktiv an den Therapieentscheidungen zu beteiligen. Zur Beurteilung von Diagnose und Therapie sind Checklisten und Notizzettel mit wichtigen Fragen zur gezielten Vor- und Nachbereitung der Arztgespräche vorbereitet. Das Schlusskapitel befasst sich mit der Nachsorge und allgemeinen Maßnahmen zur Stärkung der Psyche und des Immunsystems (vor allem mit orthomolekularer Medizin). Ein Adressenverzeichnis mit Angaben von Brustkrebszentren, von Patienten-Initiativen, Beratungsdiensten, medizinischen Ansprechpartnern und Fachgesellschaften sowie ein Glossar und Sachverzeichnis beschließen das Buch. Extra beigefügt ist ein persönliches Therapietagebuch zur Dokumentation der Behandlung und des Krankheitsverlaufs. Fazit: Vorliegender Ratgeber wird vor allem die jüngere, informierte kompetente Patientin ansprechen. Betroffene, die sich mit ihrer Erkrankung noch nicht befasst haben und die den Umgang mit Fachliteratur nicht gewohnt sind, werden vielleicht vor der Stofffülle und der anspruchsvollen Präsentation zurückschrecken.

Ursula Goldmann-Posch und Rita Rosa Martin Über-Lebensbuch Brustkrebs. Die Anleitung zur aktiven Patientin. In Ordner, 334 Seiten, 34,95 Euro 3. Auflage, Schattauer Verlag 2006). ISBN 3-7945-2393-8

Auf leisen Sohlen Bereits in seiner äußeren Gestaltung unterscheidet sich der Ratgeber Brustkrebs. Rat und Hilfe für Betroffene und Angehörige von Hermann Delbrück von dem obigen Patientenratgeber. Er ist kleiner, wirkt unspektakulär und stellt weniger Forderungen an den Leser. Was aber nicht bedeutet, dass er weniger Information enthält im Gegenteil: Sein Verfasser, der Internist, Hämatologe, Onkologe und Sozialmediziner Hermann Delbrück vermittelt kompetent und verständlich eine große Fülle an Wissen, das sich nicht nur auf die Erkrankung, sondern auch auf das private und soziale Umfeld der Patientin erstreckt. Der Inhalt der einzelnen Themenbereiche wird in Fragen und Antworten vermittelt, was Distanzen und Berührungsängste abbaut. Diese Art der Darstellung spiegelt die langjährige Erfahrung des Verfassers und einen sensiblen Umgang mit Patienteninnen und deren Angehörigen wider. Der Ratgeber ist in 13 Kapitel gegliedert und befasst sich mit der Krankheitsentstehung, den Therapiemöglichkeiten und Komplikationen, der Nachsorge und dem Krankheitsrückfall. Ein Schwerpunkt geht auf soziale, berufliche und finanzielle Aspekte der Erkrankung ein. Auch Fragen der äußeren Erscheinung (z. B. Schwimmen mit Prothese, Kleidung) und Verhalten der Angehörigen werden nicht ausgespart. Dasselbe gilt für Fragen zur Ernährung, zur Sexualität, zur Komplementärmedizin und zu Präventivmaßnahmen. Das alles sind häufige Fragen der Betroffenen, aber auch gleichzeitig Fragen, die den Ärzten ungern gestellt werden. Eine Erklärung der Fachausdrücke, nützliche Adressen (unter anderem auch von Rehakliniken), Internet–adressen mit Schwerpunkten, eine Literaturauswahl und ein Sachverzeichnis runden das Buch ab. Fazit: Auf den ersten Blick erscheint dieser Ratgeber eher unscheinbar, auf den zweiten Blick nimmt man seine Informationsfülle und seinen didaktisch gut aufbereiteten Inhalt wahr. Umfang und Gestaltung des Buches schrecken die Ratsuchenden nicht ab, und auch eine ältere Patientin, die sich nicht in der Rolle einer aktiven Patientin sieht, wird dieses Buch zur Hand nehmen und Nutzen daraus ziehen.

Hermann Delbrück Brustkrebs. Rat und Hilfe für Betroffene und Angehörige. 7. Auflage, Kartoniert, 311 Seiten, 18,00 Euro Kohlhammer Verlag (2006). ISBN 3-1701-9410-0

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