Kongress

Wie viel UVA-Schutz ist sinnvoll? (Pressekonferenz der Gesellschaft für Dermoph

HAMBURG (tmb). Der UVA-Schutz wird zunehmend als wichtige Komponente effektiver Sonnenschutzmittel erkannt. Doch wie umfangreich dieser Schutz sein sollte und wie er deklariert werden kann, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die einfache Devise "viel hilft viel" ist dabei offenbar keine sinnvolle Lösung und könnte sogar neue Probleme schaffen, wie bei einer Pressekonferenz der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) am 26. Januar in Hamburg deutlich wurde.

Inzwischen herrscht Konsens, dass alle lichtbedingten Schädigungen der Haut sowohl durch UVA- als auch durch UVB-Strahlung verursacht werden können, erläuterte Prof. Dr. Jean Krutmann, Düsseldorf. Die Mechanismen der Schädigung unterscheiden sich dabei nach der Wellenlänge des Lichts, dem Typ der bestrahlten Zellen und den jeweiligen Zielstrukturen in der Zelle. Während ein großer Teil der Schädigung im Zellkern über Cyclobutanpyrimidindimere vermittelt wird und in diesem Fall durch Photolyasen reparabel ist, treten davon unabhängig Effekte an den Zellmembranen auf. So kann die Umverteilung der Oberflächenrezeptoren durch UVB-Strahlung die Genregulation im Zellinnern verändern und damit Krebs auslösen, während UVA-Strahlung direkt an der Zelloberfläche wirkt. Deren Effekte hängen von der Fettzusammensetzung der Zellen ab, wobei ein hoher Cholesterinanteil der Haut oder die Zufuhr von Phytosterolen durch Sonnenschutzmittel zusätzlichen Schutz bieten dürften.

Crosstalk zwischen UVA und UVB

Die Effekte, die nach isolierter UVA- oder UVB-Bestrahlung gefunden wurden, unterscheiden sich zum Teil erheblich von den Wirkungen einer kombinierten Bestrahlung mit einem breiteren Lichtwellenspektrum, wie es der natürlichen Sonnenbestrahlung entspricht. Dies wurde anhand der Einflüsse auf verschiedene MAP (mitogen activated protein)-Kinasen ermittelt, die aufgrund ihrer Schlüsselstellung im Signaltransduktionsgeschehen ein biologisch relevantes Ziel darstellen. Offenbar existieren zwischen den Effekten der Strahlen verschiedener Wellenlängen vielfältige Wechselwirkungen. Diese werden als "crosstalk" bezeichnet und erst seit jüngster Zeit verstärkt erforscht. Demnach könnte ein gewisses Maß an UVA-Bestrahlung einen Schutz vor den Folgen der UVB-Strahlung bieten. Bevor daraus ein optimales Verhältnis zwischen den Strahlungsarten abgeleitet werden kann, liegt eine pragmatische Konsequenz nahe: Da im Verlauf der Evolution ein guter Schutz vor dem natürlichen Sonnenlicht entstanden sein dürfte, sollten Lichtschutzpräparate die Strahlungsintensität insgesamt vermindern, aber die spektrale Verteilung des auf die Haut gelangenden Lichts möglichst nicht stark verändern.

Etablierte Prüfmethoden

Die etablierte Deklaration von Sonnenschutzmitteln mit dem Lichtschutzfaktor (LSF oder SPF, sun protection factor) erlaubt jedoch nur eine Aussage über den Schutz vor UVB-Strahlung, wie der GD-Vorsitzende Dr. Joachim Kresken, Viersen, erläuterte. Der LSF gibt an, um wie viel länger - im Verhältnis zur Eigenschutzzeit ohne Sonnenschutzmittel - sich der Anwender nach der Anwendung des Präparates in der Sonne aufhalten kann, ohne dass erste Lichtreaktionen auftreten. Während dies mit einem In-vivo-Test an gesunden Probanden relativ zuverlässig zu ermitteln ist, existiert noch kein etabliertes Testverfahren für den UVA-Schutz. Das Erfüllen des australischen Standards, auf den viele Hersteller verweisen, bedeutet, dass mindestens 90% der UVA-Strahlung zurückgehalten werden. Oberhalb dieser Grenze wird nicht weiter differenziert.

So besteht die Gefahr, dass Verwender von Produkten mit sehr hohem LSF sich besonders gut geschützt wähnen und keinen UVB-bedingten Sonnenbrand verspüren, aber durch UVA-Strahlung langfristig geschädigt werden können, weil der UVA-Schutz nicht mit dem starken UVB-Schutz mithält.

Neue Prüfmethoden

Dieses Problem könnte mit einer differenzierten Deklaration des UVA-Schutzes gelöst werden, wie sie die Methode nach DIN 67502 bietet. Dabei wird die Transmission der UVA-Strahlung in vitro gemessen und die UVA-Filterwirkung ins Verhältnis zum UVB-Schutz gesetzt. Das Ergebnis wird als "UVA-Bilanz" oder "UVA-Index" bezeichnet. Diese einfache und gut reproduzierbare Methode wird aber bisher nur in Deutschland praktiziert und ist durchaus umstritten. Denn sie berücksichtigt weder die Dauer des Schutzeffektes noch wird dabei ein biologisch relevanter Endpunkt ermittelt. Außerdem bleibt offen, welcher Zielwert angestrebt werden sollte, weil die optimale Balance zwischen UVA- und UVB-Strahlung unbekannt ist. Angesichts des "crosstalks" zwischen den Effekten unterschiedlicher Lichtwellenlängen muss der stärkste UVA-Filter keineswegs den besten Effekt haben, sondern könnte natürliche Schutzmechanismen unterlaufen.

Daher warnten die in der GD organisierten Experten vor einem sich möglicherweise entwickelnden unkritischen Wettbewerb um den stärksten UVA-Schutz und die höchsten Werte bei der "UVA-Bilanz", die nur durch große Filtermengen zu erreichen wären. Abgesehen von der spektralen Verteilung der Filterwirkung gelte es die Filter selbst zu betrachten, die eine potenzielle Problemquelle für individuelle Unverträglichkeiten sein können. Die GD empfiehlt daher in Einklang mit einer Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung einen "adäquaten" UVA- und UVB-Schutz bei möglichst niedriger Filtermenge. Mittelfristig sollte ein praxistaugliches Verfahren angestrebt werden, das den UVA- und UVB-Schutz in einem gemeinsamen Schutzfaktor zum Ausdruck bringt.

Empfehlungen für die Praxis

Die bestehenden Unsicherheiten sollten aber nicht dazu führen, den Sonnenschutz zu vernachlässigen. Vielmehr sollte der deklarierte LSF möglichst nur zu etwa zwei Dritteln ausgenutzt werden, weil viele biochemische Effekte der Bestrahlung bereits auftreten, bevor ein Sonnenbrand sichtbar wird. Außerdem sollte sich die Wahl des Produktes und des LSF an den individuellen Hautbesonderheiten orientieren.

UV-Strahlung kann vielfältige akute und chronische Hautschädigungen auslösen. Als mögliche akute Folgen nannte Prof. Dr. Hans Christian Korting, München, den Sonnenbrand und die polymorphe Lichtdermatose, die in vielen Formen auftreten kann, bei einem bestimmten Patienten aber meist eine einheitliche Erscheinungsform zeigt. Als chronische Folge kann die UV-Exposition zur lichtbedingten Hautalterung (Dermatoheliosis) führen, die sich durch braune Flecken, Falten oder Komedonen äußern kann. Diese können sich zu verschiedenen Formen des Hautkrebses von der aktinischen Keratose bis zu Plattenepithelkarzinomen entwickeln. Daneben werden auch viele Formen des Melanoms mit der Lichteinwirkung assoziiert. Zur Früherkennung von aktinischen Keratosen sollte an lichtexponierten Körperstellen auf kleine raue Stellen geachtet werden, die oft eher zu fühlen als zu sehen sind. Wegen der Vielfalt der möglichen Schädigungen sollten sonnenbedingte Hautveränderungen frühzeitig einem Dermatologen vorgestellt werden.

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