DAZ Feuilleton

Fotoausstellung: Gletscher im Treibhaus

Das allmähliche Verschwinden der alpinen Gletscher ist für uns Mitteleuropäer ein unmittelbar sichtbares Phänomen der Klimaerwärmung, das im vergangenen Sommer durch Felsabbrüche am Eiger in Grindelwald noch eine Steigerung erfuhr. In einer Sonderausstellung "Gletscher im Treibhaus" dokumentiert das Schweizerische Alpine Museum in Bern den Gletscherschwund der letzten hundert Jahre mit historischen Ansichten und aktuellen Fotos.

Klimaveränderungen haben sich in historischer und prähistorischer Zeit ständig ereignet. Dass es bei uns Eiszeiten gab, in der große Landflächen mit Eis bedeckt waren und auf dem restlichen Land nur eine Tundravegetation wuchs, ist allgemein bekannt. Niemand wünscht sich diese Zeiten zurück, doch die aktuelle globale Erwärmung ist auch nicht willkommen, insbesondere weil sie so schnell erfolgt und u.a. mit qualitativen und quantitativen Änderungen der durchschnittlichen Niederschläge einhergeht. Viele Pflanzen- und Tierarten verlieren ihren Lebensraum, während die Land- und Forstwirtschaft und der Hochwasserschutz die negativen Auswirkungen der Klimaveränderung mit milliardenschweren Investitionen abzuwehren versuchen müssen.

Direkter Vergleich ... Das im Schweizerischen Alpinen Museum ausgestellte Bildmaterial, das nahezu den gesamten Alpenraum während der letzten hundert Jahre erfasst, stammt aus dem Gletscherarchiv der Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF) in München. Die Mitarbeiter des Gletscherarchivs sammeln einerseits historische Fotografien und Postkarten und erstellen andererseits eigene Fotografien von den jeweils gleichen Standorten und Blickpunkten aus, sodass ein direkter Vergleich der früheren Situation mit der Gegenwart möglich ist. Fast alle ausgestellten Aufnahmen sind im Sommer entstanden und zeigen im Laufe eines Jahrhunderts einen rasanten Wandel.

Der Rückzug der Geltscher vollzog sich nicht gleichmäßig und wurde mehrmals von kurzfristigen Vorstößen unterbrochen. In den letzten drei Jahrzehnten war die Tendenz jedoch eindeutig negativ. Allein im Rekordhitzesommer 2003 sollen die Alpengletscher fast unglaubliche fünf bis zehn Prozent ihres Volumens eingebüßt haben.

...von 1900 und 2000 Von den dargestellten Szenerien der Ausstellung seien hier einige Beispiele genannt:

  • Während das ganze Zugspitzplatt früher auch im Sommer von Firn bedeckt war, sind heute nur noch zwei Relikte davon vorhanden, der Südliche und der Nördliche Schneeferner, die nun im Sommer mit einer reflektierenden Folie vor den Sonnenstrahlen geschützt werden.
  • Im "Gletscherdorf" Grindelwald haben beide Gletscher stark abgenommen; der Untere Gletscher hat dabei einen kleinen See gebildet, sodass die Begehung der Gletscherschlucht aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich ist.

  • Der Rhonegletscher im Wallis reichte mit seiner langen Zunge früher bis zum Dorf Gletsch hinab. Heute ist die Zunge verschwunden.

    Durch das schnelle Abschmelzen der Gletscher wurden große Schuttflächen freigelegt, die instabil sind und ins Rutschen geraten können. Solche Murgänge können die darunter liegenden Täler verwüsten. Auch die sich neu bildenden Gletscherseen stellen wegen ihrer Instabilität ein enormes Gefahrenpotenzial dar.

    Während diese Gefahren lokal begrenzt sind, ändert sich von Holland bis Italien die Wasserführung der großen Ströme, denn wenn die Alpen gletscherfrei sind, fehlt ihnen im Sommer die derzeit noch erhebliche Schmelzwassermenge.

    Weitere Teile der Ausstellung befassen sich mit der Rolle der Gletscher im Leben der lokalen Einwohner. Auch Fundstücke aus dem Gletschereis, die immer zahlreicher werden und teilweise spektakulär sind, sind ausgestellt.

    Das 1905 gegründete Schweizerische Alpine Museum lohnt auch ohne Sonderausstellung einen Besuch. Fantastisch ist beispielsweise die reichhaltige Sammlung von Reliefmodellen bekannter Alpengipfel – oder auch Ferdinand Hodlers Monumentalfresko vom Aufstieg und Absturz in den Alpen.

    W. Caesar

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