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Jetzt geht's weiter mit den Protesten gegen die Gesundheitsreform – auf regionaler Ebene. Nachdem etwa 30.000 bis 40.000 Apothekerinnen, Apotheker, Pharmaziestudierende sowie PTA und PKA in Leipzig, München, Düsseldorf und Hamburg zu Protestkundgebungen auf die Straße gegangen sind, rufen nun alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen, Apotheker eingeschlossen, am 4. Dezember zum bundesweiten Aktionstag vor Ort auf, Motto: "Patient in Not – Diese Reform schadet allen!".

In einer Art konzertierten Aktion wollen an diesem Tag die Gesundheitsfachberufe und Krankenhäuser den Patienten zeigen, was es bedeuten kann, wenn diese Reform Realität wird. In den Mittelpunkt der Aktionen werden nicht die Folgen für die Leistungserbringer gestellt werden, sondern die Auswirkungen auf die Patienten: die bedrohte Patientenversorgung durch die Gesundheitsreform. Schlagworte sind hier die Schließung von Kliniken, Arztpraxen und Apotheken, lange Wartezeiten und weitere Anfahrtswege, die deutliche finanzielle Mehrbelastung für die Versicherten, die staatliche Einheitsversicherung, der Stellenabbau im Gesundheitswesen, eine Zuteilungs- und Rationierungsmedizin, die überbordende Bürokratie.

Auf einen Nenner gebracht bedeutet diese Reform für den Patienten: "Mit dieser Gesundheitsreform wird unsere Versorgung schlechter, teurer und unsicherer" – heißt es auf der Internetseite www.patient-in-not der Aktion. Hier kann man alles nachlesen, um sich auch argumentativ zu munitionieren. Besonders schön: Im Kapitel "Reform – die Wahrheit" haben die Verantwortlichen die "Wahrheit über das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz" zusammengetragen, zum einen die Behauptungen und Phrasen der Gesundheitspolitiker, mit denen sie der Bevölkerung dieses Gesetz verkaufen wollen, und die Gegenargumente der Leistungserbringer, die sehr schön die Worthülsen bloß legen.

Ausgegangen ist die Initiative von der Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Marburger Bund. Die übrigen Leistungserbringer, so auch die Apotheker, und die Fachberufe im Gesundheitswesen, haben sich der Aktion angeschlossen. So ruft auch die ABDA zur Teilnahme auf, ein Infopaket, das in diesen Tagen an alle Apotheken verschickt wird, informiert über alle Hintergründe und versorgt mit Basismaterial.

Dass ein Protest stattfinden muss, darüber dürften sich die meisten einig sein. Aber wie er stattfinden soll, darüber gehen schon auf Länderebene die Meinungen sichtlich auseinander. Während in Bayern noch abgestimmt wird, ob die Apotheken schließen sollen, fährt Hessen die klare Linie und hat eine Allgemeinverfügung zur Dienstbereitschaft erlassen, mit der die öffentlichen Apotheken dieses Bundeslandes von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft befreit werden. Nur wenige Apotheken werden von Kammerseite zum Notdienst verpflichtet, alle anderen dürfen, aber müssen nicht schließen. Die baden-württembergische Kammer schlägt dagegen vor, durch die Notdienstklappe zu bedienen oder nur an einem Beratungsplatz in der Apotheke zu bedienen – die übrigen Beratungsplätze sind "Außer Betrieb" – oder mit rot-weißem Absperrband die Offizin teilweise abzusperren und nur in einer kleinen Ecke des Raums zu bedienen. Das soll signalisieren, dass dieser Service- und Beratungsbereich wegfällt, wenn die Reform kommt.

Man kann über diese Aktionen natürlich geteilter Meinung sein, man kann auch darüber streiten, ob man seinen Patienten und Kunden die langen Warteschlangen, die Abfertigung durch die Klappe und die Baumarkt-Absperrbänder zumuten möchte. Man kann auch darüber sinnieren, ob das in manchen Straßen, in denen fünf, sechs oder mehr Apotheken dicht beieinander liegen, so glaubhaft überkommt. Und man kann auch darüber nachdenken, ob es überhaupt vertrauensvoll übergebracht werden kann, welche Auswirkungen die Reform auf die Apotheken hat, nachdem wir auch in der Vergangenheit mehrfach ein Apothekensterben heraufbeschworen haben, aber bisher die Apothekenzahl weiter gewachsen ist.

Aber andererseits: Welche Möglichkeiten haben wir überhaupt noch, unseren Protest, unsere Wut und unsere Verzweiflung über diese Reform, die ihren Namen nicht verdient, auszudrücken? Keine! Daher sollten auch die letzten Skeptiker, die den Aktionen und Streiks kritisch gegenüber stehen, sich einen Ruck geben und am Aktionstag mitmachen. Und auch die, die glauben, auf den Umsatz an diesem Tag nicht verzichten zu können. Eine gemeinsame Aktion, bei der die Öffentlichkeit merkt, dass die Gesundheitsversorgung nicht wie gewohnt reibungslos funktioniert, kann vielleicht auch den einen oder anderen Politiker zum Nachdenken bewegen. Jetzt muss ein großer Ruck folgen. Dazu müssten alle mitmachen.

Besser an einem Tag "Außer Betrieb" als für immer!

Peter Ditzel

Außer Betrieb

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