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Zum Nachdenken: AWA für alle Parlamentarier

BAIERBRUNN (wph). Das von der rot-schwarzen Koalition beschlossene GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) stößt seit Bekanntwerden des ersten Referentenentwurfs auf erbitterten Widerstand von allen Beteiligten im Gesundheitswesen. Durch das Gesetz mit am stärksten betroffen sind die Apotheker. Deshalb hat der Wort & Bild Verlag jetzt Ų in der entscheidenden Phase des Gesetzgebungsverfahrens Ų eine besondere Initiative gestartet.

Allen Bundestagsabgeordneten sowie den Gesundheitsministern der Länder wurde die jüngste Ausgabe des Aktuellen Wirtschaftsdienst für Apotheker – AWA – persönlich zugeschickt. Hintergrund: In diesem Heft werden die berechtigten Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben noch einmal detailliert dargelegt und kommentiert. So wird unter anderem auf verfassungsrechtliche Probleme hingewiesen und ein realitätsnahes Szenario entwickelt, das jedem der verantwortlichen Politiker klar machen sollte, welche verheerenden Wirkungen das Gesetz für Patienten, Versicherte und Apotheken haben wird, sollte es wie geplant in Kraft treten.

Im Editorial heißt es: "Nach monatelangem Tauziehen um die Gesundheitsreform hat sich die Große Koalition nun auf den Entwurf des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes geeinigt. Doch zunehmend werden Stimmen laut, die wesentliche Teile der Gesundheitsreform für verfassungswidrig halten. Diese kommen sowohl von Seiten der gesetzlichen als auch von Seiten der privaten Krankenversicherung. Gestützt werden die verfassungsrechtlichen Bedenken dabei u. a. auf ein entsprechendes Gutachten des Staatsrechtlers und früheren Verteidigungsministers Professor Dr. Rupert Scholz." Und weiter: "Die Folgen eines derartigen Eingriffs in unser Gesundheitssystem können nachträglich kaum korrigiert werden, sollte sich letztlich herausstellen, dass Teile der Gesundheitsreform tatsächlich verfassungswidrig sind. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Abgeordneten im Bundestag ihrer Verantwortung bewusst sind und nicht sehenden Auges einem möglichen Verfassungsbruch Vorschub leisten."

Die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, Monika Koch, zeichnet bei der Beantwortung von drei Fragen ein recht pessimistisches Bild, indem sie beispielsweise auf die Frage "Wie kann vor dem Hintergrund der im GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen die flächendeckende Arzneimittelversorgung in ländlichen Gebieten auch zukünftig gewahrt werden?" diese Antwort gibt:

"Es tut mir leid, ich kann hier keinen Optimismus verbreiten. Wenn das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) das besser als Apothekenvernichtungsgesetz bezeichnet werden sollte - so wie von der Bundesregierung geplant in Kraft treten sollte, dann kann die flächendeckende Arzneimittelversorgung in ländlichen Gebieten gerade nicht mehr sichergestellt werden. Wir sehen es doch in allen Bereichen: Erst verschwindet die Post (man kann doch alles mailen), dann die Sparkasse (Profit, Profit) und dann muss die Apotheke schließen. Die Leidtragenden werden die kranken Menschen sein, vor allem die, die nicht nur krank, sondern auch alt sind."

Eine treffende Beschreibung der zu erwartenden negativen Auswirkungen liefert Lutz Tisch, Geschäftsführer Apotheken- und Arzneimittelrecht, Berufsrecht der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, indem er feststellt, "dass das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – wenn es denn ohne weitere Korrekturen in Kraft treten sollte – den Berufsstand der Apothekerinnen und Apotheker in seiner jetzigen Ausprägung grundsätzlich in Frage stellt." Als besonders bedenklich prangert Tisch folgenden Umstand an: "Das verkürzte Gesetzgebungsverfahren durch die gleichzeitige Einbringung eines Kabinettsentwurfs, der unmittelbar dem Bundesrat zugeleitet wird und eines Fraktionsentwurfs im Bundestag, wird einen weiteren Beitrag dazu leisten, dass die das Apothekenwesen betreffenden Regelungen und ihre Konsequenzen öffentlich kaum wahrgenommen werden."

Und genau das ist die Crux des Berufsstandes. In der öffentlichen Wahrnehmung gehen die akuten Probleme der Apothekerinnen und Apotheker vor lauter Diskussionen um Gesundheitsfonds und Finanzierbarkeit der Reform weitgehend unter.

Vielleicht findet der eine oder andere Parlamentarier ja die Zeit zur Lektüre des AWA und denkt noch einmal darüber nach, ob denn wirklich alles an dem Gesetz so gut ist, wie unsere Gesundheitsministerin behauptet.

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