DAZ Feuilleton

Museumsapotheke in Bad Mergentheim

Seit letztem Jahr stellt das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim eine Museumsapotheke aus. Sie besteht im Wesentlichen aus dem Inventar der ehemaligen Engel-Apotheke, deren Einrichtung schon lange unter Denkmalschutz stand. Der barocke Rezepturtisch mit dem schmiedeeisernen Waagenhalter ist ein Glanzstück der pharmazeutischen Kulturgeschichte.

Von 1670 bis 1844 besaßen Angehörige der Familie Rhodius in sechs Generationen die Mergent–heimer Engel-Apotheke. Seit 1703 führten sie den Titel "Hof–apotheker", und 1747 wurde Eustachius Theophil Rhodius gar zum kurfürstlichen Kammerdiener ernannt. Seiner hohen gesellschaftlichen Stellung bewusst ließ er die Offizin seiner Apotheke nach der zeitgenössischen Mode neu einrichten, wovon heute noch der mächtige Rezepturtisch aus Eichenholz zeugt.

Die Größe dieses Möbels, das zugleich als Schrank diente, ergibt sich daraus, dass der Apotheker und seine Gehilfen hier die Arzneien gemäß den ärztlichen Rezepten herstellten.

Barocker Schwung Mit typisch barocken Kunstgriffen ist es dem Tischler gelungen, dem klobigen Rezepturtisch etwas Eleganz, ja sogar einen Anflug von Leichtigkeit zu geben. Die Tischplatte schwingt in der Mitte der Längsseite und an den Ecken etwas vor, und die leicht schräg gestellte und durch zwei profilierte Füllungen geschmackvoll gegliederte vordere Wand schwingt entsprechend mit. Die Tischbeine an den Ecke werden durch ein bogenförmiges Element gleichsam unterbrochen und wirken verspielt, sodass ihre stützende Funktion weniger offensichtlich ist.

Etwas über Kopfhöhe schwebt über dem Rezepturtisch ein elegant geschwungener, vergoldeter schmiedeeiserner Gegenstand. Es ist ein Waagenhalter, der früher in den besseren Apotheken zum Rezepturtisch dazugehörte. In diesem Fall hängt er von der Zimmerdecke herab, bei den meisten historischen Apotheken war er jedoch auf dem Rezepturtisch montiert. Unter einem Kreuz trägt er die Inschrift:

"Teutonicae sacrata cruci fert pignus amoris – hocque sub –auspicio tuta vivere cupit", was bedeutet: "Dem deutschen Kreuz geweiht, trägt sie das Pfand der Liebe, und unter diesem Zeichen wünscht sie beschützt zu leben." Wer ist sie? Vermutlich die Apotheke, die in der lateinischen Sprache auch weiblich ist.

Der Spruch ist zugleich ein Chronogramm, das auf das Entstehungsjahr verweist: Man kann nämlich bestimmte Buchstaben als römische Zahlen lesen und addieren:

  • achtmal i = 8
  • zehnmal u und v = 50
  • siebenmal c = 700
  • einmal m = 1000
  • zusammen: 1758.

Somit dürfte der Waagenhalter demnächst ein Alter von 250 Jahren erreichen. Angefertigt hat ihn wahrscheinlich Johann Georg Oegg (1703–1782), seit 1733 fürstbischöflicher Hofschlosser in Würzburg, der im Jahr 1762 den nicht minder beeindruckenden Waagenhalter in der Apotheke des Juliusspitals geschaffen hat – sein Meisterwerk sind übrigens die Torgitter der Würzburger Residenz.

Pharmazie von gestern Wie einst hängen auch heute mehrere Handwaagen an dem Waagenhalter; dort oben waren sie immer griffbereit und auch vor versehentlichen Beschädigungen geschützt. Auf dem Rezepturtisch selbst liegen allerlei Gerätschaften, die ebenfalls für die Rezeptur benötigt wurden: Mörser und große Reibschalen mit Pistillen, Hornlöffel, Spatel, Salbenschlitten, Pulverschiffchen zum Füllen von Pulverkapseln und auch eine Pillenmaschine. Trotz der hochtraben–den Bezeichnung "Maschine" ist sie eigentlich nur ein Brett, auf dem der Pillenstrang gleichmäßig portioniert wurde und aus den Portionen anschließend die Pillen rolliert wurden – mechanisch, aber in Handarbeit.

Eine Klistierspritze auf dem Rezepturtisch erinnert daran, dass der Apotheker Klistiere nicht nur herstellte, sondern sie den Patienten auch in der Apotheke applizierte. All diese Geräte sind zwar jünger als der Rezepturtisch, sie geben aber eine gute Vorstellung von den früheren Arbeiten in der Offizin.

Zum Inventar einer Apotheke des 19. Jahrhundert gehörten meistens auch Steinzeugflaschen. Sie enthielten das von bestimmten Heilquellen, das teilweise über sehr große Entfernungen transportiert wurde; Heilwässer waren nicht nur apothekentypische Waren, sondern stellten auch vom Umsatz her wichtige Markenartikel dar. Nachdem in Mergentheim 1826 ein Heilquelle entdeckt worden war, wurde auch deren Wasser versendet, und zwar in Steinzeugflaschen aus dem Westerwald.

Renovierung im Jahr 1925 Apotheker Oskar Hammer ließ die Engel-Apotheke 1925 mit neuen Schränken und Regalen ausstatten, die auch Stilelemente des Barock aufweisen und im Farbton an den Rezepturtisch angepasst sind. Sie bilden heute den Hintergrund der Mergentheimer Museumsapotheke. Zahlreiche Leihgaben aus anderen Sammlungen vervollständigen das historische Ensemble.

Als die Engel-Apotheke im Jahr 2002 für immer geschlossen wurde, erwarb der Verein Deutschordensmuseum den größten Teil ihrer Einrichtung. In das Gebäude der Engel-Apotheke, einen Fachwerkbau von 1511, zog ein gastronomischer Betrieb ein.

Museum

Deutschordensmuseum im Schloss, 97980 Bad Mergentheim Tel. 0 79 31/5 22 12 www.deutschordensmuseum.de Geöffnet: Dienstag bis Samstag 14.00 bis 17.00 Uhr, Sonntag 10.30 bis 17.00 Uhr, 24., 25. und 31. 12. geschlossen, 1. 1. geöffnet

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