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Medikamentenabhängigkeit – weit verbreitet, aber wenig beachtet

BERLIN (ks). Medikamentenabhängigkeit ist in Deutschland mittlerweile ähnlich weit verbreitet wie Alkoholabhängigkeit. Nach einer aktuellen Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) sind schätzungsweise 1,4 bis 1,9 Millionen Bundesbürger betroffen. Rund eine Million von ihnen ist abhängig von Benzodiazepinen. Für die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), sind dies alarmierende Zahlen: "Es muss mehr dafür getan werden, um die Betroffenen zu erreichen und ein öffentliches Bewusstsein für die Problematik zu schaffen", forderte sie anlässlich einer DHS-Tagung am 13. November in Dresden.

Auch wenn die Medikamentenabhängigkeit ein Massenphänomen ist: In der breiten Öffentlichkeit wird diese Krankheit, die vor allem unter Frauen und älteren Menschen verbreitet ist, nur wenig wahrgenommen. Die meisten Betroffenen wissen nicht, an wen sie sich mit ihren Problemen wenden können; die Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe erreichten sie kaum. Eine große Bedeutung kommt bei der Aufklärung Ärzten und Apothekern zu, da sie die Verschreibung bzw. den Vertrieb der Medikamente kontrollieren. Apotheken sind vor allem im Bereich der Selbstmedikation gefordert. Aufmerksamkeit sollte etwa jenen Kunden geschenkt werden, die häufig rezeptfreie Schmerzmittel kaufen. Doch die Erfahrungen zeigen, dass beim Apothekenpersonal oft Unsicherheit und Bedenken bestehen, einen offensichtlichen Medikamentenmissbrauch anzusprechen. Gezielte Fortbildungen könnten hier Abhilfe schaffen, heißt es in der DHS-Studie. Erwähnung findet hier auch das Konzept der Pharmazeutischen Betreuung von Kopfschmerzpatienten: Dieses könne helfen, dem Schmerzmittelmissbrauch vorzubeugen und abhängige Patienten motivieren, sich behandeln zu lassen.

Neuer Leitfaden für Ärzte Die Bundesärztekammer will in Kürze den Leitfaden "Schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit von Medikamenten" veröffentlichen. Dieser soll Ärzten umfangreiche Hinweise zur Verschreibung von Medikamenten mit Missbrauchspotenzial an die Hand geben. Bätzing kündigte an, diese laufenden Aktivitäten aktiv zu unterstützen. Gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände will sie Anfang 2007 Gespräche führen, um weitere Schritte zur optimalen Umsetzung des ärztlichen Leitfadens zu besprechen.

Weitere Informationen zum Thema Arzneimittelmissbrauch finden Sie im Internet unter www.dhs.de und www.drogenbeauftragte.de

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