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Bojunga: Deutschland hinkt bei Korruptionsbekämpfung hinterher

BERLIN (ks). Am 10. und 11. Oktober tagte in Madrid das europäische Netzwerk gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (EHFCN). Unter den 195 Vertretern aus 28 Ländern fanden sich vier Deutsche: Drei von der Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) sowie der Leiter der Geschäftsstelle der AG Abrechnungsmanipulationen der GKV-Spitzenverbände. Dr. Gabriele Bojunga, ehemalige Präsidentin der hessischen Apothekerkammer, nunmehr Vorsitzende der TI-Arbeitsgruppe "Korruption im Gesundheitswesen", forderte die Bundesregierung auf, sich an der Arbeit des Netzwerkes zu beteiligen.

Bojunga zeigte sich irritiert über das geringe Interesse Deutschlands an dem Treffen: "Da macht die Bundesregierung angeblich eine in die Zukunft weisende Reform des Gesundheitswesens und lässt sich die wichtigste Zusammenkunft entgehen, auf der sich lernen lässt, wie andere Länder kostensparend und effizient ihr Gesundheitswesen risikofest machen!". Die Apothekerin verwies auf die Anstrengungen anderer Länder zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen – etwa in Neuseeland, den USA und Großbritannien. Selbst in Polen, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung das Gesundheitswesen für korrupt hält, seien energische Maßnahmen ergriffen worden. Für Großbritannien habe man inzwischen ermittelt, dass jede investierte Million britischer Pfund, die in die Betrugsbekämpfungsstelle fließt, das Dreizehnfache an Kostenersparnis herausholt.

Bojunga forderte die Spitzenverbände im Gesundheitswesen und die Bundesregierung auf, sich am EHFCN zu beteiligen. Auf diese Weise ließe sich an den Forschungsergebnissen anderer europäischer Länder partizipieren, ebenso an statistischen Daten, einer elektronischen Bibliothek, sowie der Entwicklung neuer Methoden zur Bekämpfung von Betrug und Korruption. Dies wäre gerade für das deutsche Gesundheitssystem, das das drittteuerste der Welt ist, besonders wichtig. Unbestreitbar lande Jahr für Jahr ein beachtlicher Teil der Versicherungsbeiträge in den falschen Taschen, heißt es bei TI. Doch während die zuständigen Ministerien sowie Krankenversicherungsorganisationen einer Reihe anderer Länder an dem Netzwerk beteiligt sind, hält sich Deutschland zurück. Hierzulande haben sich lediglich die gesetzlichen Krankenkassen bemüht, indem sie sich in den vergangenen zwei Jahren aktiv an der Entwicklung des Netzes beteiligten. Zudem ist TI Deutschland Mitglied des Netzwerkes – und umgekehrt. Die Bundesregierung scheint hingegen ihr Interesse verloren zu haben: Bei den vorangegangenen EHFCN-Jahrestreffen in London und Bratislava war sie zumindest noch beobachtend dabei.

Infos im Web

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: wwww.transparency.de und www.ehfcn.org/de

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